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Berlin: Berlins Laternen wird bald das Gas abgedreht

Zu teuer und zu umweltschädlich: 44000 Leuchten sollen auf Strombetrieb umgerüstet werden

Seit 1826 gehören die Gaslaternen zum Berliner Stadtbild – jetzt droht ihnen ein schnelles Ende. Innerhalb von zwei Jahren sollen alle 44000 Gaslaternen auf Strombeleuchtung umgestellt werden. Dieser Schritt sei „überfällig“, sagt Joachim Zeller (CDU), Bezirksbürgermeister von Mitte. Zeller bezeichnet die Gaslaternen als „völlig überteuerte Auslaufmodelle“, keine andere europäische Großstadt leiste sich noch „einen solchen Luxus“. In der Frage der Straßenbeleuchtung hat Zellers Wort großes Gewicht, sein Bezirksamt ist für die Laternen der ganzen Stadt zuständig. Aber auch die Senatsverwaltungen für Finanzen und Stadtentwicklung hätten ihm bereits Unterstützung signalisiert: „Wir sind uns einig, dass jetzt zügig gehandelt werden muss.“

Zustimmung bekommt Zeller auch von Seiten der Stadtlicht GmbH, die im Auftrag Berlins alle gasbetriebenen sowie die 190000 elektrischen Laternen wartet. Geschäftsführer Jürgen Zenke nennt den Einsatz von Gaslaternen „ökonomisch unsinnig“: Die Laternen hätten einen fünfmal höheren Wartungsaufwand, die Energiekosten überstiegen die von strombetriebenen Laternen sogar um das Zehnfache. Berlin spare nach einer Umstellung acht Millionen Euro pro Jahr ein, sagt Zenke. Zudem leuchteten Gaslaternen in der Regel weniger hell und belasteten die Umwelt mit 43000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr – das entspreche dem „Gesamtverbrauch einer mittelgroßen Stadt“.

Einziges Problem: Die Umstellung auf Strom erfordert einmalige Investitionen in Höhe von weit mehr als 50 Millionen Euro. Genaue Zahlen wollen weder die Stadtlicht noch das Bezirksamt Mitte nennen. „Wir gehen aber davon aus, dass die Kosten nach etwa elf Jahren wieder drin wären“, sagt Stadtlicht-Chef Zenke.

Bestärkt in seiner Haltung sieht sich Bürgermeister Zeller dadurch, dass der Stadt die so genannten Glühstrümpfe ausgehen. Die 2,5 Zentimeter kleinen Keramik-Stücke sind für den Betrieb von Gaslaternen unverzichtbar, müssen einmal im Jahr ausgetauscht werden. Jahrzehntelang wurden sie von der Berliner Firma Auer hergestellt; im September 2004 verkaufte das Unternehmen seine Fertigungsanlagen und Patente an eine indische Firma. Seitdem werden die Glühstrümpfe in Asien produziert – und nicht mehr ins Land gelassen: Der neue Betreiber hat für Deutschland bisher keine Einfuhrgenehmigung. Warum das so ist, weiß in Berlin niemand. Eventuell deshalb, weil die Glühstrümpfe den schwach radioaktiven Stoff Thoriumoxid enthielten, meint Barbara Grothkopp von der „Arbeitsgruppe Öffentliche Beleuchtung“ im Bezirksamt Mitte. Die ganze Angelegenheit sei jedenfalls ein „zu großes Risiko“, findet Zeller.

Eine gute Nachricht hat die Stadtlicht für alle Liebhaber der Gaslaternen: Das Unternehmen will auf Strom umstellen, ohne dabei die Masten oder Leuchten der Gaslaternen austauschen zu müssen: „Dann könnten die Berliner zumindest optisch ihre Gaslaternen behalten.“

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