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Sie sind wohl mit die größten Stars im Tierpark: die Tiger.

© Thilo Rückeis

Berlins neuer Zoochef Andreas Knieriem: „Zoos müssen sich finanzieren“

Als Andreas Knieriem das letzte Mal im Tierpark war, hat er die Hirsche vor lauter Rhododendren nicht gefunden. Im Interview spricht Berlins künftiger Zoochef über seine Zukunftspläne – und Ärger als Ressource.

So voll war es bei einem Pressetermin im Zoo seit Eisbär Knut nur selten. Im Flusspferdhaus stellt Aufsichtsratschef Frank Bruckmann den neuen Zoo- und Tierparkdirektor Andreas Knieriem vor, der spätestens im zweiten Quartal 2014 nach Berlin wechseln soll. Zu Beginn ist aber erst einmal der scheidende Chef, der umstrittene Bernhard Blaszkiewitz, Thema. Bruckmann lobt ihn für seine vier Jahrzehnte Arbeit im Zoo. Dann geht’s um den Neuen. Der trägt Schlips mit Affe und Krokodil, mag Orang-Utans und ist schon mal vor Elefanten weggerannt. Neben ihm hinter der Scheibe rollen die Nilpferde unter Wasser vorbei – und brüllen. Knieriem lacht und sagt: „Die Zeit muss man ihnen geben.“ Dann stellt er sich den Fragen zu seinen Plänen.

Herr Knieriem, was bedeuten Ihnen solche Erlebnisse?
Tiere live kann man nur in freier Natur und im Zoo erleben. Da gibt es nicht nur visuell etwas zu erfassen, sondern auch die anderen Sinne werden angeregt, durch Geräusche und vor allem Gerüche.

Berlins neuer Zoo- und Tierparkchef Andreas Knieriem hat schon viele Ideen, was er hier alles verändern könnte. Beispielsweise wieder ein Panda, aber nur bei artgerechter Haltung. Aus Respekt vor dem amtierenden Zoochef Bernhard Blaszkiewitz hält er sich aber noch zurück. Der Wasserbock-Herde im Hintergrund soll’s recht sein.
Berlins neuer Zoo- und Tierparkchef Andreas Knieriem hat schon viele Ideen, was er hier alles verändern könnte. Beispielsweise wieder ein Panda, aber nur bei artgerechter Haltung. Aus Respekt vor dem amtierenden Zoochef Bernhard Blaszkiewitz hält er sich aber noch zurück. Der Wasserbock-Herde im Hintergrund soll’s recht sein.

© Kitty Kleist-Heinrich

Sie waren in Hannover Tierarzt, in München Zoodirektor. Angefangen haben Sie aber im Zoo Duisburg – als Maskottchen.
Ja, so habe ich mich mal selbst genannt, als ich mit 13 Jahren in Duisburg angefangen habe. Damals waren das einfachste Tätigkeiten. Ich habe Fische für Delfine geschnitten oder die Praxis vom Tierarzt geputzt. Aber wenn Sie jedes freie Wochenende und die Ferien im Zoo verbringen, dann sind Sie irgendwann richtig notwendig. Auch als kleiner Junge.

Heutzutage wird versucht, Tiere in Zoos vor allem mit sich selbst zu beschäftigen, ,behavioural enrichment‘, nennt sich das. In Berlin findet man das bislang selten.
Das sehe ich aber als Verpflichtung an, und da bin ich auch ein Freund der Natur. Wenn sich auf einer Anlage ein Ameisennest bildet oder mal eine Wespe herumschwirrt, haben die Tiere was zu tun. Der Tagesablauf muss spannender werden – Kinder schicken Sie ja auch zur Beschäftigung auf den Spielplatz. Ich möchte die Pfleger einbinden und so schnell wie möglich einen internationalen Workshop dazu machen. Im Übrigen liebe ich bei der Besucherinformation die Möglichkeiten der modernen Technik, da soll man alles machen, was möglich ist.

Am Tierpark-Eingang fragen die Besucher aber vergeblich nach kommentierten Schaufütterungen.
Das möchte ich auch ändern, denn über den emotionalen Zugang zu dem Tier und Hintergrundinformationen können Sie die Menschen auch für wichtige gesellschaftliche Themen wie Artenschutzprogramme begeistern. Wer weiß schon, dass Orang-Utans in Regenwäldern nicht nur wegen der Abholzung für Palmölplantagen in ihrem Lebensraum bedroht sind, sondern auch durch das Abholzen der Bäume zur Papierherstellung? Mir liegt auch die energetische Sanierung am Herzen.

Auch um Kosten zu sparen?
Zoos sind keine Wirtschaftsunternehmen, aber sie werden nach wirtschaftlichen Kriterien geführt. Die Mitarbeiter müssen ihr Gehalt bekommen, und wir müssen zusehen, wie wir das finanzieren.

Welche Einnahmequellen wollen Sie noch erschließen? Könnten Sie sich vorstellen, dass einzelne Tierhäuser nach Sponsoren benannt werden?
Ich kann mir vieles vorstellen. Wichtig ist, dass man authentisch ist und eine gute Außenwirkung hat. Es geht zuerst darum, wie gut die Tierhaltung ist. Wenn sie von den Besuchern als gut bewertet wird, werden Sponsoren keine Schwierigkeit sein.

In München haben sie etwa die Zahl der gehaltenen Hirsche gesenkt. Mit mehr als einem Dutzend verschiedener Arten ist das aber eine der Spezialitäten des Berliner Tierparks. Wollen Sie auch hier Tierarten abgeben?
Ich diskutiere ungern über die Reduktion von Tierarten, wenn es dazu keinen Anlass gibt. In München war es auch ein Platzproblem, das sehe ich im Tierpark nicht. Aber über die Präsentation sollten wir uns Gedanken machen. Als ich letztes Mal da war, habe ich nämlich vor lauter Rhododendronbüschen keinen Hirsch gesehen.

Abgesehen von Zoo und Tierpark – wie gut kennen Sie Berlin?
Ich habe hier in den neunziger Jahren studiert. Viele Kneipen habe ich damals nicht kennengelernt, dafür hatte ich kaum Zeit, ich bin aber auch kein großer Kneipengänger. Vor einem Jahr habe ich mir nicht träumen lassen, dass ich noch mal zurück nach Berlin gehen würde. Meine Frau ist ja Berlinerin, und wir werden mit unserer Tochter und den zwei Katzen in die Dienstwohnung im Zoo ziehen.

Sie wurden mit reichlich Vorschusslorbeeren in Berlin empfangen. Empfinden Sie deshalb Druck?
Ich glaube, wenn man gelobt wird, macht das keinen Druck. Ich weiß aber, dass auch andere Zeiten kommen werden. Aber ich sage immer: Ärger ist eine nachwachsende Ressource, aus der man Energie gewinnen muss.

Noch scheint der Ärger weit entfernt. Die Stammgäste im Zoo empfangen Andreas Knieriem euphorisch. Zwischen Fototerminen und Interviews ruft ihm eine ältere Dame zu: „Wir freuen uns schon auf Sie.“ Ihre Begleiterin fügt hinzu: „Kommen Sie besser heute als morgen!“ Knieriem senkt lächelnd den Kopf.

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