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© Doris Spiekermann-Klaas

Berlins Sozialsenator Czaja erneut in der Kritik: Flüchtlingsheimbetreiber lehnen Vertragsentwurf ab

Freie Träger und Wohlfahrtsverbände wenden sich gegen Sozialsenator Czaja und drohen mit Rückzug: Die geplanten Verträge für ihre Heime empfinden sie als nicht annehmbar.

In einem Offenen Brief hat der Verband der Berliner Flüchtlingsheim-Betreiber (VBFHB) den Senat aufgefordert, den vorliegenden Entwurf für einen Mustervertrag nicht weiter zu verfolgen. Bisher hätten die freien Träger dem Land geholfen, zehntausende von Flüchtlingen zu versorgen, „in Treu und Glauben auf eine zeitnahe vertragliche Lösung“. Bis heute fehle für ihre Leistungen eine Vertragsbasis. Einige Betreiber habe die Unsicherheit „in den Ruin getrieben“. Der aktuelle Entwurf schreibe das fort. Den Betreibern würden Risiken und Teilhaftungen aufgebürdet, während das Land in alle Vertragsteile eingreifen könne. Vorgeschlagene Qualitätskriterien der Betreiber seien großteils abgelehnt worden. Ihnen werde sogar verboten, sich gegenüber den Medien frei zu äußern.

Zu diesem Vorwurf ließ die Sozialverwaltung am Abend wissen, die Öffentlichkeitsarbeit der Träger sei von den künftigen Verträgen unberührt. Doch die scharfe Kritik des VBFHB geht darüber hinaus. So ein Vertrag führe dazu, dass sich kaum genügend „mündige, engagierte, sozial agierende Unternehmen“ finden ließen, die die zentrale Aufgabe des Masterplans, die Integration der Geflüchteten in die Berliner Zivilgesellschaft ... wirtschaftlich verantwortungsvoll umsetzen“. Soliden Anbietern werde es unmöglich gemacht, sich zu bewerben. Deshalb fordere man den Senat auf, „ ein konstruktives ... Gespräch mit den Betreibern wieder aufzunehmen.“

Für das Land seien keine Pflichten vorgesehen

In einem weiteren, zwölfseitigen Dokument, das dem Tagesspiegel vorlegt, setzt sich die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin noch detaillierter mit dem Vertragsentwurf auseinander. Dem Land werde durch so eine Regelung ein Vielfaches an Kosten entstehen, weil Bewerber, die sich auf dieses Konstrukt einlassen, sich durch höhere Tagessätze absichern müssten. Die Betreiber behandele man da nicht als Partner, sondern als Erfüllungsgehilfen. Für das Land als Auftraggeber seien dagegen keinerlei Pflichten vorgesehen.

Viele Anforderungen seien „schwammig und unpräzise“ formuliert. Die Forderung, Personen nach „nationalen, ethnischen, kulturellen und religiösen Besonderheiten“ unterzubringen, werde durch den Zusatz „nach Möglichkeit“ relativiert und habe so nur noch, wie vieles in diesem Papier, „deklaratorischen Charakter“, ohne erkennbaren Zweck.

Einerseits sehe der Vertrag vor, dass Hausverbote an Ehrenamtliche nur mit Zustimmung des Landes verfügt werden dürfen. Andererseits sei zum Beispiel „Anzeigepflicht“ bei Spenden für Hygieneartikel vorgesehen, die dann verrechnet werden müssten: ein unververhältnismäßiger buchhalterischer Aufwand. Diese „Mischung zwischen Zuwendungs- und Entgeltlogik“ präge den ganzen Vertrag. „Wie soll der Wert von Spenden berechnet werden? Müssen Spender Quittungen einreichen?“

Zur Beauftragung von Sicherheits- und Reinigungskräften sei außerdem festzustellen: „Wenn Berlin einen derartigen starken Einfluss auf die Auswahl ... von Externen wünscht“, solle der Senat doch deren Beauftragung gleich selbst übernehmen.

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