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Berlin: Berlins Straßen für ältere Menschen besonders gefährlich

Die Zahl der Verkehrstoten wird in diesem Jahr vermutlich auf ein Rekordtief sinken. Bis gestern starben 65 Menschen auf den Straßen: 31 Fußgänger, 10 Radler, 6 Kradfahrer und 18 Autofahrer.

Die Zahl der Verkehrstoten wird in diesem Jahr vermutlich auf ein Rekordtief sinken. Bis gestern starben 65 Menschen auf den Straßen: 31 Fußgänger, 10 Radler, 6 Kradfahrer und 18 Autofahrer. Im Vorjahr wurden 89 Menschen getötet, 1999 waren es 103. Über die Gründe für diesen auffallenden Rückgang will die Polizei nicht spekulieren; Berlin liegt aber im bundesweiten Trend. Getrübt wird die positive Bilanz durch den starken Anstieg getöteter Rentner: Nach 19 im Vorjahr starben in diesem Jahr bislang 28 Senioren.

Schon der erste Verkehrstote in diesem Jahr war ein 95-jähriger Fußgänger, und auch eine der beiden am 11. Dezember getöteten Fußgängerinnen war eine 81-Jährige. Beide Rentner starben durch eigenes Fehlverhalten, beide wurden in der Dunkelheit beim Überqueren stark befahrener Straßen von Fahrzeugen erfasst und erlagen kurz nach dem Unfall ihren schweren Kopfverletzungen. Der Mann war auf dem Malchower Weg in Hohenschönhausen von einem Lkw angefahren worden; die Frau wollte die Schillstraße in Tiergarten bei Stau überqueren - und wurde dann von einem auf der Busspur fahrenden Doppeldecker erfasst.

Auch das einzige Kind, das in diesem Jahr - bisher - ums Leben kam, hatte den stark gestiegenen Straßenverkehr unterschätzt. Die Sechsjährige hatte am 24. Juli die Karl-Marx-Straße in Höhe Mainzer Straße überqueren wollen. Vom Mittelstreifen rannte das Kind direkt vor den Wagen eines 21-Jährigen, der nicht mehr bremsen konnte.

Seit dem 11. Dezember vermerkt der Polizeibericht in diesem Jahr keinen Verkehrstoten mehr - eine überraschend lange Zeit; auch gestern wurde kein schwerer Unfall bekannt. Noch 1981 war statistisch an jedem Tag des Jahres ein Mensch getötet worden; damals starben in Berlin 344 Menschen. Seitdem geht die Zahl der Verkehrstoten nahezu kontinuierlich zurück.

Im Bundesvergleich ist die Gefahr, im Verkehr tödlich zu verunglücken, in Berlin und Hamburg am geringsten. Pro eine Million Einwohner gibt es 2001 in Berlin 20 Unfalltote - in Mecklenburg-Vorpommern waren es im Vorjahr zehn Mal so viel: 204. Denn auf leeren Landstraßen wird gerne gerast, der Verkehr in Berlin jedoch ist mittlerweile für das Schnellfahren viel zu dicht. "Immer mehr Autos bringen immer weniger Verkehrstote", sagte ein Polizist.

Auffallend ist, dass die Schwächsten am stärksten gefährdet sind: Neben Kindern und Rentnern also Radler, Motorradfahrer und Fußgänger. Die Zahl der getöteten Fußgänger sank in diesem Jahr kaum, von 33 auf 31. Demgegenüber starben 18 Autofahrer (2000: 24), prozentual entspricht das einem Bruchteil ihres Anteils am Straßenverkehr. Wird doch ein Autofahrer getötet, ist oft Raserei die Ursache: Wie bei der 21-Jährigen, die im Februar auf dem Eichborndamm gegen einen Mast schleuderte. Die Polizei hat nach den erschreckenden Ergebnissen ihrer Sonderkontrolle auf der Stadtautobahn weitere Aktionen gegen Raser angekündigt. Anfang Dezember war eine Woche lang mit einem Videowagen intensiv kontrolliert worden: Tempo 200 war keine Seltenheit.

Nicht jeder Tote zählt als "Verkehrsopfer"

Ein Autofahrer starb gestern am Steuer seines Autos - und zählt dennoch nicht als Verkehrstoter. Der 83-Jährige hatte gegen 12 Uhr auf der Paul-Schneider-Straße in Lankwitz einen Herzinfarkt erlitten und war dann mit zwei Fahrzeugen und der Mauer vor der Dreifaltigkeitskirche kollidiert. Zeugen sagten eindeutig aus, dass der Rentner am Steuer bewusstlos geworden war. Für die Polizei ist der Rentner deshalb kein Verkehrstoter. Wie viele Unfälle durch derartige Herzattacken verursacht werden, ist unklar - denn meist fehlen Zeugen. Experten sehen in der amtlichen Unfallstatistik ohnehin eine große Dunkelziffer. Die Senatsverkehrsverwaltung hält 50 Prozent für möglich. So würden Krankenhäuser nicht immer Verstorbene korrekt als Verkehrsopfer melden. In die Statistik gehen Tote zudem nur ein, wenn sie innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall an ihren Verletzungen sterben. Und die moderne Medizintechnik kann Schwerstverletzte heutzutage immer länger künstlich am Leben halten.

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