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Berlin: Bescheid fürs Finanzamt: Personal einsparen

Senat übt Kahlschlag – Behörde muss 720 Stellen abbauen. Dann werden Steuererklärungen noch langsamer bearbeitet

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Finanzämter müssen so viel Personal abbauen, dass selbst der sparsame Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) schluckt. Bis 2007 scheiden 960 Beamte altersbedingt aus, doch nur 240 Stellen dürfen neu besetzt werden. Das will der Senat heute beschließen. „Eine mittlere Katastrophe“, sagt der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats, Klaus Wilzer. Die Folgen seien offensichtlich: Die Bürger müssten länger auf ihren Steuerbescheid warten; Steuererklärungen würden schlechter bearbeitet und es werde weniger Betriebsprüfungen geben.

Er jammere nicht auf hohem Niveau; darauf legt Wilzer Wert. Seit 1996 seien bei den Berliner Finanzämtern schon 3300 Stellen gestrichen worden, sagt er. Jetzt gebe es noch 6518 Finanzbeamte. Nach der offiziellen Bedarfsberechnung, die für alle Bundesländer gilt, müssten es 6937 sein. Wenn der Senat weiter beim Nachwuchs spare, sei der Personalbedarf der Finanzämter 2007 nur noch zu 80 Prozent gedeckt.

In der Senatsklausur vor einer Woche hatten sich die SPD und die PDS darauf geeinigt, im öffentlichen Dienst weniger Nachwuchskräfte einzustellen als geplant. Das trifft auch die Polizei und die Justiz, aber lange nicht so hart wie die Finanzämter. Statt 600 Neueinstellungen bis 2007 wird es nur 240 geben. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hatte sich dem Vernehmen nach dafür eingesetzt, dass vor allem die Justiz geschont wird – zu Lasten der Steuerverwaltung.

Die möglichen Nachteile für die Steuerzahler und den Landeshaushalt, die sich aus dem beschleunigten Stellenabbau ergeben, kann der Gesamtpersonalrat nicht in Euro und Cent angeben. Wie sehen die aktuellen Daten aus? Um die Steuererklärung für 2002 zu bearbeiten, vergingen – je nach Finanzamt – 42 bis 88 Tage. „Die Steuerbescheide werden von Menschen gemacht, und wenn die nicht da sind…“ Genauer will sich der Sprecher der Oberfinanzdirektion, Konrad Werpuschinski, aber nicht zu den Folgen von Stellenstreichungen äußern. In den letzten Jahren sei es gelungen, durch bessere Technik und Organisation den Personalabbau auszugleichen. „Und wir bieten ständig Schulungen für unsere Mitarbeiter an, um die Ergebnisse zu halten.“

Große Betriebe in Berlin werden alle vier Jahre von Steuerprüfern besucht; mittlere Betriebe alle elf Jahre und Kleinbetriebe alle 21 Jahre. Das sind die neuesten Daten. Damit hat Berlin die bundesweit geltenden Zeitvorgaben fast überschritten. Dass die Finanzämter auch bei den Steuererklärungen am Rand ihrer Kapazitäten arbeiten, gibt ein internes Rundschreiben zu erkennen. Es weist die Finanzbeamten an, nur noch fünf Prozent der Anträge mehr als oberflächlich zu prüfen.

Wer Angst hat, auf die Steuerrückerstattung künftig nun länger warten zu müssen, dem gibt Werpuschinski einen Tipp: Wenn man die Steuererklärung elektronisch (per Internet) abgibt, erhält man nach spätestens fünf Wochen den Bescheid. Versprochen.

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