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Schwarz auf Weiß: das Colorblind-Atelier in der Antwerpener Straße in Berlin-Wedding.

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Besondere Muster aus dem Wedding: Der Schwarz-Weiß-Typ

Der Weddinger Designer Daniel Arab verzichtet ganz auf bunte Farben. Seine Muster sind alle schwarz-weiß. Warum nur? Ein Atelier-Besuch bei "Colorblind Patterns".

Die Welt ist bunt und voll greller Farben, und alles wird immer bunter und greller. Die globale Farbschleuder dreht sich schneller und schneller, die Töne fliegen durcheinander, Blau, Gelb, Grün, Pink, gerade ist ja Neon mal wieder schwer angesagt, in allen Varianten.

Das kann dir leicht zu viel werden. Da kannst du zu dem Punkt kommen, wo du sagst: Da mach ich nicht mehr mit. Ich bin raus.

Da machst du dann also einen Laden auf, der sich „Colorblind Patterns“ nennt, quasi: farbenblinde Muster, nur Schwarz-Weiß also, schwarz-weiße Zacken und Wellen und Quadrate und alles, und damit setzt du einen feinen Kontrapunkt gegen die ganze Mainstream-Palette.

So könnte man die Geschichte erzählen. Den Gründungsmythos.

Aber Daniel Arab winkt ab. „Viel banaler“, sagt er. Und dann sagt er, dass ganz am Anfang, vor vier Jahren, als er die allerersten Muster zum Copyshop brachte, Schwarz-Weiß nun mal einfach deutlich billiger war als Farbe. Was nicht heißen soll, dass es nicht mittlerweile viele andere gute Gründe gibt, warum er dem Schwarz-Weißen treu bleibt. Die Bedeutung kann ja auch mit der Aufgabe wachsen.

Arab ist zum Beispiel aufgefallen: dass er noch nie so der „Färben-Typ“ war (schon in der Schule ging ihm das auf den Geist); dass selbst Grautöne schon irgendwie inkosequent sind; dass Farben parteiisch sind, und sogar politisch; dass Schwarz-Weiß für etwas steht: Deutlichkeit. Klarheit.

„Was gibt es Klareres als Schwarz auf Weiß?“, sagt Daniel Arab. Er sitzt in seinem Atelier in der Antwerpener Straße, an den Wänden, in den Auslagen liegt seine Kollektion, Taschen, Beutel, Kissen, Lampen, Tischmöbel. Eine kleine Welt in unbunten Farben, eröffnet im Juli 2013. Längst ist Arab in der Weddinger Kunstszene allen bekannt. „Wenn ich hier irgendwo hin komme, zu einem Markt oder einer Ausstellung“, sagt er, „dann wissen alle: Ah, das ist der Schwarz-Weiß-Typ.“

Designer Daniel Arab mit einem typischen "Colorblind"-Muster.
Designer Daniel Arab mit einem typischen "Colorblind"-Muster.

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Auch einen persönlichen Bezug hat Arab, Sohn eines Libanesen und einer Deutschen, geboren in München, aufgewachsen im Libanon. Auf seinem Bildschirm zeigt er ein typisches libanesisches Bodenfliesenmuster, schwarz-weiße Quader, in einer Art 3D-Stil, mit Außenrahmen, ein Terrassenboden. Klassisch. Zeitlos.

Man begreift die Möglichkeiten der Beschränkung, die eigentlich eine Ausweitung ist. „Jeder sieht etwas anderes“, sagt Daniel Arab, „der eine etwas afrikanisches, der andere etwas südamerikanisches.“ Kein Problem, findet er, beziehungsweise, im Gegenteil, eher eine schöne Sache.

Seit 2008 ist er im Wedding, hier will er auch erst mal bleiben, auch wenn es im Brüsseler Kiez sicher nicht die Laufkundschaft gibt wie, sagen wir, an der Torstraße oder in Neukölln. Warum soll ich nach Neukölln, sagt Arab, wenn es hier viel besser ist?

„Ich bin kein Wedding-Patriot“

Seine Produkte bietet er auch anderswo an, zum Beispiel in einem Standort an der Brunnenstraße, Mitte-Seite, aber wichtiger sei etwas anderes: „Meine Erfahrung ist: Wenn die Leute etwas wirklich wollen, dann kommen sie auch.“ Da kommt dann jemand extra mit dem Taxi aus Charlottenburg, ist schon vorgekommen. Und die erste Bestellung kam eh aus Australien. Im Wedding, mit seiner noch vergleichsweise kleinen Kreativszene, werde das Besondere eben auch schneller wahrgenommen, sagt Arab. Und angenehm ist das Leben hier außerdem. „Ich bin kein Wedding-Patriot“, sagt er, „aber ich find's supersympathisch hier.“

Zwei Jahre hat er sich erstmal gegeben, um zu „machen, machen, machen“, ohne sich unter zu viel finanziellen Druck zu setzen, und dann will er schauen, was geht. Und ob sich „Colorblind Patterns“ als „Familienbetrieb“ etabliert hat, wie er es sich wünscht. Er macht die Entwürfe, die Mutter schneidert, irgendwann sollen beide davon leben können, das ist das Ziel.

Den Krieg im Libanon, dessen Auswirkungen ihn 2006 wieder in sein Geburtsland führten, nennt Daniel Arab heute ein „Glück im Unglück“. Weil er ihm persönlich den Sprung in ein neues Leben ermöglichte, ein Leben, das die Familientradition nun auf ganz neue Art und Weise fortführt, beide Großväter waren Schneider, der Vater Bekleidungstechniker, Schuhverkäufer und Kleiderhersteller im Libanon, wo Arab viele Jahre verbracht hat, an die er sich gerne erinnert: „Eine Bilderbuchkindheit, mit allem, Schnee, Sonne, Strand, nette Leute, alle Kulturen, 1000 Sprachen.“

Ein bisschen also wie im Wedding – den Strand mal ausgenommen.

"Colorblind Patterns"
Antwerpener Straße 46
geöffnet: Mo. - Fr. 11:00 - 19:00 // Sa. 14:00 - 19:00

Dieser Artikel erscheint im Wedding-Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

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