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Berlin: Besser Spitzenkandidaten offen oder versteckt oder Braunbären mit Gänseblümchen?

Peter Radunski, Kultursenator und erfahrener CDU-Wahlkämpfer, gibt vor, die SPD nicht mehr zu verstehen. Nun hätten die Wahlkämpfe der letzten Jahre zur Genüge bewiesen, dass sich die Bindung des Wählers an die Parteien stetig abschwäche und der Spitzenkandidat als Hauptdarsteller in den Vordergrund rückt.

Peter Radunski, Kultursenator und erfahrener CDU-Wahlkämpfer, gibt vor, die SPD nicht mehr zu verstehen. Nun hätten die Wahlkämpfe der letzten Jahre zur Genüge bewiesen, dass sich die Bindung des Wählers an die Parteien stetig abschwäche und der Spitzenkandidat als Hauptdarsteller in den Vordergrund rückt. "Und was macht die SPD? Sie klebt die Plakate ihres Spitzenkandidaten Walter Momper kurz vor der Entscheidung über und wirbt nur noch als Partei." SPD-Parteichef Strieder sei "den Wahltheorien der sechziger Jahre aufgesessen", sagt Radunski. Und nicht nur das. Da die SPD Momper aus dem Stadtbild nehme, verhalte sie sich wie kleinere Parteien, wie die FDP zum Beispiel. "Die SPD hat es wohl aufgegeben, eine Volkspartei zu sein", sagt Radunski. Die CDU sei da ganz anders.

Sie wird im letzten Wahlkampfdrittel, der sogenannten "Phase III", voll und ganz auf Eberhard Diepgen setzen. Bisher tauchte der Senats- und CDU-Parteichef auf den Plakaten nicht auf. Damit ist es nun vorbei. Das Foto, übrigens "ungestellt und aus dem Leben gegriffen" (Diepgens Image-Berater Axel Wallrabenstein), ziert große Wände und kleinere Aufsteller. Dem Spitzenkandidaten zu Ehren haben die Werbeexperten das bekannte Logo "CDU - 100 % Berlin" geteilt und in die obere linke sowie die untere rechte Ecke gestellt. CDU-Generalsekretär Volker Liepelt versucht sich an einer Erklärung für das Layout-Detail: die CDU sei bekanntlich einhundert Prozent Berlin, ebenso Diepgen und umgekehrt auch. Jedenfalls rechne man mit etwa 38 Prozent. Den Verzicht auf den Namenszug Diepgens begründet Liepelt damit, dass "Eberhard Diepgen so bekannt ist und so ein hohes Ansehen genießt, dass man nicht zeigen muss, wer er ist". Ähnlich war auch die SPD zu Anfang des Wahlkampfes vorgegangen. Sie hatte einen Momper-Kopf unter die Zeile "Willkommen Zukunft" platziert, ohne den Kandidaten-Namen zu nennen. Die Wiedererkennung war groß, die Reaktion eher negativ.

Mit dem ihm eigenen Humor bemerkte Liepelt gestern bei der Vorstellung des Diepgens-Plakats, die CDU erwäge, die abgehängten Momper-Poster aufzukaufen und wieder aufzustellen. Der Wähler müsse schließlich wissen, zwischen welchen Personen er sich zu entscheiden habe. SPD-Sprecher Frank Zimmermann dazu: "Die CDU soll sich mal lieber um ihre eigene Kampagne kümmern."

Die SPD will in der kommenden Woche ihr blaues Mobilisierungsplakat "Für Berlin. Wir kämpfen!" (Idee: Momper/Text: Strieder) in der Stadt kleben. In der SPD heißt es, Momper aus dem Stadtbild zu nehmen, wäre nur ein Nebeneffekt und nicht eigentliches Ziel der neuen Plakatstaffel gewesen. Momper hatte noch Anfang der Woche gesagt, er hätte "nie im Traum daran gedacht", sein Konterfei bis zum Ende zu plakatieren. Parteichef Strieder begründete die Aktion damit, dass es nach allen Erfahrungen nicht gut sei, bis zum Wahltag überall den Spitzenkandidaten zu zeigen. "Alles völliger Blödsinn!" werden die Momper/Strieder-Äußerungen in SPD-Führungskreisen kommentiert. Der SPD sei es zunächst um eine Mobilisierung ihrer Stammklientel gegangen, um die Niederlage am 10. Oktober so erträglich wie nur eben möglich zu halten - und vor allen Dingen, um zweitstärkste Kraft in der Stadt zu bleiben. Dass die Momper-Plakate der Werbe-Offensive zum Opfer fallen, sei aber "nicht unbedingt ein Verlust", heißt es intern. Mobilisieren will die CDU auch. Sie klebt einen Braunbären mit Gänseblümchen in der Schnauze und dem Spruch: "Berlin - ich gehe wählen". Liepelt will damit eine möglichst hohe Wahlbeteiligung erreichen: "Unser Bärchen ist sooo wichtig!"

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