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Ein Blick in die neue Betriebsleitstelle der Berliner U-Bahn in Lichtenberg.

© Fabiana Zander Repetto

Besuch in der BVG-Leitstelle in Lichtenberg: Sie steuern Berlins U-Bahn auf Zuruf

Die zentrale Leitstelle für die U-Bahn ist das Herzstück der BVG. In einem Neubau in Lichtenberg werden von nun an alle Linien der Stadt gesteuert. Ein Ortstermin.

Kommt die U-Bahn pünktlich oder muss man mal wieder warten? Die Antwort bestimmen Petra Ahrens und ihre 18 Kollegen in der Leitstelle der U-Bahn. In der Hauptverkehrszeit überwachen sie 151 Züge, die im Netz unterwegs sind. Etwa 4800 Zugfahrten gibt es am Tag. Aus der Leitstelle können die Mitarbeiter zudem 760 Weichen und 3500 Signale steuern. Dafür ist jetzt in Lichtenberg ein Neubau entstanden, den die BVG am Donnerstag vorgestellt hat. Rund 8,9 Millionen Euro hat er gekostet – so viel wie geplant. Die BVG hat ihr 146 Kilometer langes U-Bahn-Netz mit neun Linien und 173 Bahnhöfen in mehrere Bereiche aufgeteilt: Getrennte Arbeitsplätze gibt es für die Linien U 1 bis U 4, für die U 6 und die U 7 sowie für die U 5, U 8 und U 9.

Große Bildschirme zeigen, wo sich die Fahrzeuge befinden

Bisher waren sie noch im früheren BVG-Hauptgebäude an der Potsdamer Straße in Schöneberg untergebracht – verteilt auf mehrere Stockwerke. Die Kommunikation bei Störungen war nur per Telefon möglich. Jetzt sind die Arbeitsplätze in einem Raum vereint, das Verständigen ist per Zuruf möglich. Und Petra Ahrens oder ihre Kollegen haben als Schichtleiter alles im Blick. Die drei Großbildschirme, die jeweils zeigen, wo sich die Züge befinden. Und die Arbeitsplätze vor den Großbildschirmen, wo die Weichensteller und Stellwerksmeister, die Fahrzeugmanager, die den Einsatz der Züge steuern, und die Betriebsdisponenten, die den Verkehr überwachen, sitzen. Flankiert wird der Schichtleiterplatz vom Netzmanager, der den Betrieb koordiniert, sowie vom Kommunikationsassistenten, der für die Fahrgastinformation zuständig ist.

Wenn alles wie geplant läuft, ist es ruhig in der Leitstelle. Halten Züge den Fahrplan aber nicht ein, werden sie farblich markiert – Rot bedeutet dann zum Beispiel, dass sich der Zug um mehr als drei Minuten verspätet hat. Und dann müssen die Mitarbeiter entscheiden, wie die Verspätung aufgeholt werden kann. Einfach mehr Tempo machen kann der Fahrer nicht. Die jeweiligen Höchstgeschwindigkeiten sind vorgeben – und werden automatisch überwacht. Ist der Zug zu schnell, wird der Fahrer gewarnt, und wenn er nicht reagieren sollte, wird der Zug gebremst. Der verspätete Zug kann aber zum Beispiel seine Fahrt schon vor dem Zielbahnhof beenden und dann – wieder pünktlich – zur Rückfahrt starten.

Hier geht alles elektronisch; mechanische Stellwerke sind längst verschwunden

So bleibt der Verkehr wenigstens auf einem Teil der Strecke im Fahrplan-Soll. Am anderen Ende müssen die Fahrgäste dann allerdings länger warten. Endet die Fahrt außerplanmäßig, müssen von der Leitstelle aus die Weichen und Signale am Arbeitsplatz gestellt werden; per Tastatur und Maus. Hier geht alles elektronisch; mechanische Stellwerke sind bei der U-Bahn längst verschwunden. Normalerweise läuft der Betrieb automatisch. An der Potsdamer Straße musste die BVG die Leitstellen, auch jene für den Bus war dort untergebracht, in das vorhandene Gebäude integrieren.

In Lichtenberg habe man erst das Konzept für den Betrieb entwickelt, sagte Frank Schäfer, der für die Planung zuständig war, und dann einen Architekten gesucht, der das gewünschte Konzept in ein Gebäude einpasst. Entworfen hat es das Hamburger Büro Trapez Architektur, das sich nach seinen Angaben schon seit Jahren mit der Planung und dem Bau von Leitzentralen beschäftigt. Trapez Architektur hat in Lichtenberg ein Funktionsgebäude für 170 Mitarbeiter entworfen, die dort in drei Schichten rund um die Uhr arbeiten. Glas dominiert, die Mitarbeiter sitzen nicht wie sonst oft in solchen Kommandozentralen in düsteren Räumen. Nur wenn die Sonne kräftig scheint, müssten die Jalousien herabgelassen werden, sagte Ahrens, übrigens die einzige Frau auf dem Schichtleiter-Sessel in der Leitstelle. Herzstück des Gebäudes, dessen Bau vor zwei Jahren begonnen hatte, ist der 400 Quadratmeter große Leitstellenraum mit insgesamt 21 Arbeitsplätzen; von Schäfer „Nest“ genannt. Zwei davon sind nur bei Großveranstaltungen besetzt.

Das Fundbüro bleibt an der Potsdamer Straße

Die gesamte Technik ist unter dem Leitstellenraum untergebracht, so dass sie dort nicht stört. Und auch Reparaturen seien einfacher zu organisieren, weil man sich nicht in die Quere komme, sagte Schäfer. Um den Betrieb auf die neue Leitstelle umstellen zu können, hatten die Planer nur wenig Zeit. Vier Durchgänge, jeweils in der Nacht, mit eineinhalb Stunden Zeit mussten reichen, um das neue System jedes Mal zum Laufen zu bringen. Ende August war der Kurz-Umzug komplett abgeschlossen. „Und der Betrieb hat jeweils funktioniert,“ sagte Schäfer zufrieden. Mit dem Auszug der Leitstellen aus dem Altbau an der Potsdamer Straße ist die BVG dort nur noch mit dem Fundbüro vertreten. Doch auch hier sucht die BVG neue Räume. Auch die Leitstelle für den Bus hat die Potsdamer Straße verlassen und neue Räume ebenfalls in Lichtenberg bezogen. Dort hat die BVG die Leitstellen für den Bus- und die Straßenbahn zusammengeführt; dadurch kann auch der gesamte „Oberflächenverkehr“ zentral geregelt werden.

Ihre Hauptverwaltung hatte die BVG schon 2008 in das Trias-Gebäude mit seinen drei Bürotürmen an der Holzmarktstraße in Mitte verlegt. Den Altbau hat die BVG verkauft. Dies sei günstiger gewesen, als das Gebäude zu sanieren, was ansonsten erforderlich gewesen wäre, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Die neue Leitstelle der U-Bahn ist nach Schäfers Angaben auch für die Zukunft gerüstet. Sollte es eines Tages auch bei der BVG einen fahrerlosen automatischen Betrieb geben, könnte die Technik angepasst werden. Der erforderliche zusätzliche Platz sei vorhanden. Doch in den nächsten Jahren fährt die U-Bahn weiter wie bisher – gesteuert von Petra Ahrens und ihren Kollegen.

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