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Berlin: Besuch zum Abschied

Lichtenberger Bürgermeisterin bei Imbissbetreiber, der nach mehreren Angriffen von Neonazis aufgibt

„Jetzt redet auch noch die Frau Bürgermeisterin mit der Presse“, schimpfte gestern eine Anwohnerin der Weitlingstraße in Lichtenberg, als sie wieder einmal eine Schar der Journalisten vor dem Imbiss von Resit Ö. sah – diesmal gemeinsam mit Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (Linke). Die Straße im Stadtteil von Lichtenberg gilt als Hochburg der Neonazis und ist nun wieder in Verruf gekommen. Wiederholt war der Gastronom Resit Ö. seit der Eröffnung seines Ladens vor zwei Jahren von Rechtsextremisten angegriffen geworden. Wie berichtet, beschloss er deshalb in der vergangenen Woche, das Geschäft aufzugeben.

„Dass der Imbiss geschlossen wurde, trifft uns schwer“, sagte die Bürgermeisterin. So etwas habe es in ihrem Bezirk noch nie gegeben. Zusammen mit der Türkisch-Deutschen Unternehmervereinigung (TDU) besuchte sie den noch nicht ganz leergeräumten Laden, um ihre Anteilnahme an den Geschehnissen zu zeigen und Resit Ö. zu einem Gespräch über seine Zukunft ins Rathaus einzuladen.

„Wir solidarisieren uns mit den von rechtsextremen Übergriffen Betroffenen und verurteilen die Geschehnisse aufs Schärfste“, sagte der TDU-Vorsitzende Dursun Sahin. Durch die gezielten Angriffe von Neonazis habe Resit Ö. materiellen Schaden erlitten, der ihm ersetzt werden müsse. Und auch Resit Ö. verlangt Hilfe. Wegen der Überfälle seien die Kunden weggeblieben, deshalb sei er jetzt ein Sozialfall. Mit Anwälten will er um Schadensersatz kämpfen. „Ich möchte, dass die Stadt mir hilft, damit ich woanders in Ruhe arbeiten kann“, sagte er. Seine deutsche Frau und der neunjährige Sohn hätten die Wohnung im Kiez aus Sicherheitsgründen bereits verlassen und seien bei Freunden untergekommen.

Vier Mal sei er von Rechtsradikalen in seinem Imbiss überfallen worden. Dabei habe er Prellungen, Abschürfungen, Schlagwunden erlitten, außerdem Morddrohungen bekommen. In einem Fall musste er die Täter mit einer Axt vertreiben, damit sie von ihm und seinem Bruder abließen. Einmal schüchterte ein Mann aus der rechten Szene eine vietnamesische Kundin ein und griff dann auf der Straße einen Fahrradfahrer aus der Ukraine an. Gestern war auch die Polizei in der Weitlingstraße – und hielt sich im Hintergrund. Suzan Gülfirat

Suzan Gülfirat

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