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Wohnraum ist knapp und begehrt.

© dpa

Bevölkerungswachstum und Wohnraum: Berlin braucht 50.000 neue Wohnungen

Wegen des hohen Zuzugs müssten dieses Jahr 50.000 neue Wohnungen entstehen, sagt eine Studie – ein Vielfaches der realen Zahl. Es fehlt vor allem an günstigen Angeboten für Rentner, Mini-Jobber, Studenten und Flüchtlinge.

50 000 neue Wohnungen müssen in Berlin in diesem Jahr fertiggestellt werden, damit Wohnungssuchende – darunter viele Flüchtlinge – ein festes Dach über dem Kopf bekommen. Doch nur etwa 10 000 werden voraussichtlich neu gebaut. Und das ist eine optimistische Schätzung: Im vergangenen Jahr übergaben Bauträger nur gut 6700 Wohnungen an ihre Nutzer. Gemessen daran müssten in diesem Jahr sogar sieben Mal mehr Wohnungen entstehen. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Pestel-Instituts hervor, deren Verfasser vor einer „handfesten Wohnungskrise“ in Berlin warnen.

Die Rechnung der Forscher geht so: Rund 50 000 Flüchtlinge kommen in diesem Jahr nach Berlin, so sieht es der „Königsteiner Schlüssel“ zur Verteilung der in Deutschland insgesamt erwarteten eine Million Migranten vor. Bei einer Haushaltsgröße von statistisch etwas mehr als zwei Personen pro Haushalt (40 Wohnungen je 100 Flüchtlinge) müssten 20 200 Wohnungen zu deren Unterbringungen bereitgestellt werden. Weil aber außerdem noch jährlich Zehntausende aus anderen Bundes- und EU-Ländern in die Stadt kommen, brauche es für diese weitere rund 30 000 Wohnungen.

Viele können es sich nicht leisten

Deshalb hält es der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther, für „zwingend notwendig, die bisherige Neubaurate enorm zu steigern“ und sich auch „in den kommenden Jahren auf einen hohen Wohnraumbedarf einzustellen“. Insbesondere fehle es an „bezahlbaren Wohnungen, vor allem aber an Sozialwohnungen“.

Denn Rentner, Alleinerziehende, junge Menschen in der Ausbildung, einkommensschwache Haushalte und eben auch Flüchtlinge könnten sich die in Berlin üblichen Mieten nicht leisten. Bereits vor einigen Wochen hatten Mitarbeiter des Sozialverbandes Awo vor einem „Konkurrenzkampf der sozialen Problemgruppen“ um den knappen günstigen Wohnraum in der Stadt gewarnt.

15 000 Wohnungen jährlich neu

Die vom Bund bereits auf eine Milliarde Euro verdoppelten Fördermittel für den Sozialen Wohnungsbau werden nach Ansicht der Forscher nicht auch nur annähernd ausreichen, um den Bedarf nach günstigem Wohnraum zu decken. Um Anreize für private Investoren zu schaffen, müsse der Bund den Wohnungsneubau stärker steuerlich fördern.

Die Studie erstellte das Pestel-Institut im Auftrag der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, des Bundesverbandes Baustoff-Fachhandel und des Bundes deutscher Baumeister. Gemeinsam fordern die Vertreter der Baubranche, den Wohnungsneubau anzukurbeln und eine Offensive bei der Sanierung leer stehender Wohnungen zu starten.

Vor zu wenig neuen Wohnungen, gemessen an der wachsenden Bevölkerungszahl Berlins, warnt auch das Forschungsinstitut empirica: „Ohne Flüchtlinge müssten in Berlin 15 000 Wohnungen jährlich neu entstehen, um die Nachfrage zu decken“, sagt Instituts-Chef Reiner Braun, also etwa doppelt so viel wie im vergangenen Jahr entstanden. Weitere bis zu 7000 Wohnungen müssten errichtet werden, um die dauerhaft bleibenden Kriegsflüchtlinge unterbringen zu können. Im Unterschied zum Pestel-Institut rechnet empirica damit, dass die Behörden die Hälfte der Asylanträge ablehnt.

10 000 bis 12 000 neuen Wohnungen dieses Jahr

Auch beim sonstigen Wohnungsbedarf gehen die empirica-Forscher von geringeren Zahlen aus als das Pestel-Institut. Nach Auffassung des Stadtsoziologen Andrej Holm hilft die Steigerung des Neubaus allein nicht zur Dämpfung der Wohnungsnot in der Stadt. Das Angebot an Luxuslofts und teuren Wohnungen sei völlig ausreichend, es bestehe aber ein Mangel an günstigem Wohnraum.

Der Neubau von Sozialwohnungen allein reiche nicht aus, um Flüchtlinge und die bisher am Wohnungsmarkt leer ausgehenden Haushalte mit geringen Einkünften zu versorgen. Berlin müsse verstärkt über „Belegungsbindungen“ diskutieren bei den Wohnungen, die öffentliche Gesellschaften besitzen. Eine weitere Möglichkeit sei der Ankauf von Belegungsrechten bei privaten Hauseigentümern durch das Land, das diese Wohnungen dann günstig an Haushalte mit dringendem Bedarf vergeben könne.

Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg gab es zum Jahresende 2014 in Berlin 1,89 Millionen Wohnungen in der Stadt, das waren 8637 Wohnungen mehr als Ende des Vorjahres. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung rechnet in diesem Jahr mit der Fertigstellung von 10 000 bis 12 000 neuen Wohnungen.

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