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Der Räumungsbescheid für die Liebigstraße 14 in Friedrichshain gilt ab dem 2. Februar.

© Tsp

Bevorstehende Räumung: Liebigstraße: Ruhe macht Polizei misstrauisch

Die linke Szene ruft zu Demos gegen die Räumung der Liebigstraße 14 in Friedrichshain auf – es könnte ein Scheinmanöver sein.

Berlin - Die linke Szene will mit einer Großdemonstration und „dezentralen Aktionen“ gegen die bevorstehende Räumung des Hauses Liebigstraße 14 protestieren. Der Friedrichshainer Altbau ist eines der bekanntesten Symbole der linken Szene, entsprechend groß wird nach Einschätzung von Polizei und Beobachtern der Widerstand gegen die Räumung sein. Wie berichtet, wird einer der größten Polizeieinsätze der letzten Jahre erwartet.

Die Demonstration soll am 29. Januar stattfinden, heißt es im Internet, ein Treffpunkt wird nicht genannt. Bei der Versammlungsbehörde der Polizei ist noch keine Anmeldung eingegangen. Mehr ist über die geplanten Aktionen bekannt: Am vermutlichen Räumungstag, dem 2. Februar, soll morgens ab 8 Uhr die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Wilmersdorf blockiert und eventuell besetzt werden. Die Aktivisten gehen davon aus, dass die Polizei Friedrichshain rigoros absperren wird und deshalb Sympathisanten nicht einmal in die Nähe der Liebigstraße gelangen. „Kommt reichlich, um den Preis für die Räumung in ganz Berlin so hoch wie möglich zu treiben“, heißt es in dem Aufruf.

Experten bezweifeln, dass tatsächlich viele Demonstranten zum Fehrbelliner Platz ziehen werden, in der Regel suchen gewaltbereite Autonome eher die Auseinandersetzung im eigenen Kiez. An anderer Stelle wird bereits vor einer Desinformationskampagne des politischen Gegners gewarnt. Den Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass im Karree Liebig- und Rigaer Straße mehrere linke Hausprojekte über die Höfe miteinander verbunden sind. Deshalb sei es entscheidend, wie viele Gewaltbereite sich möglicherweise schon Tage vorher in diesen Häusern verschanzen. „Gegen die nutzen keine Absperrungen am Räumungstag“, sagte ein Beamter.

An anderer Stelle heißt es auf einer linken Internetseite: „Die L14 wird ihr Haus nicht freiwillig räumen! Am Tag der Räumung wird jedoch das Haus für Unterstützer nicht offen stehen. Es wird davon ausgegangen, dass das Haus mit aller Gewalt geräumt wird. Es gibt keinen Aufruf, sich vor dem Haus zu versammeln. Viel mehr mache es Sinn, dezentral in Kleingruppen zu agieren, hauptsächlich wegen der hohen Polizeipräsenz vor Ort.“

Fachleute der Polizei sind irritiert über diese sich teilweise widersprechenden Verlautbarungen. Auffallend sei vor allem, dass sich die offizielle Seite der L14 merkwürdig verschwiegen präsentiere. Die anderen, überwiegend bei „indymedia“, dem Internet-Zentralorgan der Linken, geposteten Beiträge werden als „Einzelmeinungen“ eingestuft. Nach Einschätzung der Polizeiführung ist es der Szene bislang nicht gelungen, größere Kreise zu mobilisieren. „In der nächsten Woche wissen wir mehr“, sagte ein leitender Beamter. Am heutigen Dienstag berät die Führung der Polizeidirektion 5 über die Lage, die Autonomen wollen am Abend ebenfalls diskutieren.

Auch Bezirksbürgermeister Franz Schulz wundert sich über die Ruhe: „Es wirkt, als wenn nichts geplant ist.“ Wie berichtet, hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Donnerstag im Abgeordnetenhaus die Räumung als „unvermeidbar“ bezeichnet: „Der Rechtsstaat wird sich von Linksterroristen nicht erpressen lassen.“

Der Altbau in der Liebigstraße war 1990 besetzt worden, 1992 schlossen die Bewohner Mietverträge mit der Wohnungsbaugesellschaft des Bezirks. Vor zwölf Jahren kauften zwei Privatinvestoren das Haus und kündigten die Mietverträge. 2009 hatten die 28 Bewohner den letzten Prozess um die Gültigkeit ihrer Mietverträge verloren – am 10. Januar wurde der Räumungstermin bekannt.

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