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Berlin: Bewährung für Windhorst

Einstiger Vorzeigeunternehmer wurde wegen Untreue in 27 Fällen verurteilt Der 33-Jährige ist wieder im Geschäft – als Chef einer Investmentfirma

Einmal konnte sich Lars Windhorst als Angeklagter quasi freikaufen. Doch nicht alles lässt sich mit Geld regeln. Mit ernster Miene stand der einstige Vorzeigeunternehmer am Donnerstag erneut vor Gericht. So weiß wie das Einstecktuch in der Brusttasche seines dunklen Anzugs aber wird seine juristische Weste künftig nicht mehr sein: Wegen Untreue in 27 Fällen wurde der geständige Windhorst zu einem Jahr Haft auf Bewährung sowie 108 000 Euro Geldstrafe verurteilt.

Es ging um rund 930 000 Euro, die er zwischen 2002 und 2004 als Vorstand der Windhorst AG aus Firmenvermögen unberechtigt abgezweigt hatte. Damals war es vorbei mit dem kometenhaften Aufstieg, den er bereits als Teenager hingelegt hatte. Windhorst verschleierte, dass er pleite war. „Mir ist klar, dass ich damals in einer Mischung aus Unbedarftheit und Unerfahrenheit Fehler gemacht habe“, erklärte er nun. Er sei 26 bis 28 Jahre jung und die Zeiten turbulent gewesen. Durch das Ende der „Blase am Neuen Markt“ habe sich sein Schicksal gewendet, sagt der heute 33-Jährige.

Bereits als 15-Jähriger hatte er mit Computerteilen gehandelt und eine Firma mit hunderten Beschäftigten aufgebaut. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl nahm ihn als Wirtschaftswunderkind mit auf Asien-Reisen. Selbst Gegner bescheinigten dem Mann aus Westfalen ein enormes Verkaufstalent und Charisma. Windhorst baute ein Geflecht aus Firmen auf, handelte mit Beteiligungen, wollte einen gigantischen „Windhorst- Tower“ in Vietnam bauen, jonglierte mit Millioneninvestitionen von Geschäftspartnern.

2003 brach alles zusammen. Er habe das nicht hinnehmen und sein Unternehmen retten wollen, erklärte Windhorst vor Gericht. Mehr als acht Millionen aus privaten Mitteln seien in seine Firmen geflossen und für ihn persönlich Schulden in Höhe von fast 80 Millionen Euro aufgelaufen. Da nahm er Gelder von Firmenkonten. „Aber ich habe keine Boote, Autos oder Häuser gekauft“, warf er ein. Es sei vor allem darum gegangen, Löcher im Unternehmen zu stopfen. Nur einen geringen Teil der laut Anklage „ungerechtfertigten Zahlungen“ habe er für „dringendste persönliche Bedürfnisse“ genutzt. In den „schwierigen Zeiten“ hatte er auch von Klinikbetreiber Ulrich Marseille ein Darlehen in Höhe von zehn Millionen Euro erhalten – durch falsche Angaben und damit betrügerisch, stand später für die Ermittler fest. 2004 liefen Ermittlungen an, die zur Anklage wegen Betrugs, Insolvenzverschleppung und Untreue führten. Im Dezember 2009 kam es zum Prozess, Windhorst kam unbestraft davon: Gegen Zahlung einer Buße von einer Million Euro an die Justizkasse sowie 2,5 Millionen Euro an Marseille wurde das Verfahren eingestellt.

Die Untreue blieb als Rest. Aus Vorgesprächen der Juristen wusste Windhorst, dass bei einem Geständnis mit Bewährungs- und Geldstrafe zu rechnen war. Er legte dem Gericht eine Gehaltsbescheinigung vor. Demnach bekommt er als Geschäftsführer einer Investmentfirma mit Sitz in London mehr als 10 000 Euro netto im Monat. Kaum war das Urteil gesprochen, griff er zum Handy. Windhorst ist wieder im Geschäft.

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