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Bewährungsstrafe: Mutter hielt Kinder zum Schwänzen an

Fast sieben Monate lang hatten die Kinder mit Erlaubnis der Mutter geschwänzt. Dafür gab es eine Bewährungsstrafe für die 27-Jährige aus Marzahn.

Als der erste Schultag begann, lagen Ron und Vivien im Bett. Auch ihre Mutter drehte sich noch einmal um. Das Blaumachen ging auf ihr Konto. Cindy K. hatte den Kindern, sieben und elf Jahre alt, erklärt: „Ihr seid freigestellt.“ Sie fand es lästig, sie zur Schule zu bringen. „Ron ging sowieso nicht gern hin“, sagte sie am Mittwoch vor Gericht. Fast sieben Monate lang hatten die Kinder mit Erlaubnis der Mutter geschwänzt. Genervt war die 27-Jährige nun und antwortete patzig.

„Sie verbauen den Kindern ihre Chancen“, hielt ihr der Richter vor. Cindy K. saß mit sorgfältig geschminkten Augen, Pferdeschwanz und in Röhrenjeans vor ihm. Ihre eigene Schulkarriere endete ohne Abschluss. Sie war zuletzt arbeitslos. „Ich hatte kein Fahrgeld, um die Kinder jeden Tag nach Tempelhof in die Schule zu bringen“, konterte sie. Es folgten weitere Ausreden. Sie schob es auf ihren damaligen Umzug von Tempelhof nach Marzahn. „Jemand hatte mich mit Mietschulden sitzen lassen.“ Sie hatte sich angeblich zum Jugendamt begeben. „Aber da habe ich keinen erreicht.“

Vom 15. August 2011 bis zum 2. März ließen sich Ron und Vivien (Namen der Kinder geändert) in keinem Klassenzimmer blicken, bevor sie aus der Wohnung geholt wurden. Ihr Zimmer war vermüllt, das der Mutter aber sei picobello gewesen. Vivien erzählte damals, dass sie vom Bruder auch dazu angestiftet wurde, im Supermarkt Süßigkeiten zu klauen. Und mittags habe es Tütensuppe, Hamburger oder Döner gegeben. „Was haben Sie den ganzen Tag gemacht mit den Kindern?“ frage der Richter. Die Mutter: „Wenn gutes Wetter war, waren sie draußen.“ Sie wollte den Kindern „natürlich“ keine Chancen verbauen. „Die haben doch auch was gelernt!“ Lesen und Mathe angeblich. Der Richter zeigte sich skeptisch. „Meine Kinder sind aber in Schuss“, rief die Mutter.

Ron wird mit fast acht Jahren ab August noch einmal als Erstklässler anfangen. Vivien kommt noch einmal in die Vierte. Beide leben in einer Einrichtung in Brandenburg. Der Richter hielt Cindy K. vor: „Sie bringen Ihre Kinder um ihre Zukunft – aus egoistischen Gründen. Unmöglicher kann man sich als Mutter nicht verhalten.“ Weil sie keine Vorstrafen hat, bekam sie noch eine Chance: acht Monate Haft auf Bewährung wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Sie soll außerdem 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Kerstin Gehrke

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