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Bewegend: "Ich schweige nicht!" – Gedenken an Jürgen Fuchs

Zwei Stunden dauert die Gedenkveranstaltung für den Schriftsteller und Regimekritiker Jürgen Fuchs, und während der gesamten Zeit läuft an der Stirnseite im Festsaal des Abgeordnetenhauses ein Film mit dem bewegten, lebendigen Porträt des Oppositionellen, aufgenommen bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Mauerfall am 1. Dezember 1989.

Jürgen Fuchs ist also im Saale anwesend, als Parlamentspräsident Walter Momper in seiner Begrüßung an den Anlass dieser Begegnung erinnert: Vor zehn Jahren, am 9. Mai 1999, war der Autor der „Gedächtnisprotokolle“ im Alter von 48 Jahren gestorben. Auf seinem Grabstein auf dem Heidefriedhof Mariendorf stehen drei Worte, die das Leben von Jürgen Fuchs, diese authentische Stimme des Widerstands gegen Diktatur und Willkür, trefflich beschreiben: „Ich schweige nicht!“ steht da, „bis zu seinem frühen Tod hat Jürgen Fuchs für die Aufklärung über das Unrecht, das in der DDR geschah, gekämpft“, sagt Walter Momper, und der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk beschreibt den Mut zur Tat und den „Versuch, in der Wahrheit zu leben“, wie Vaclav Havel das Motiv seines Widerstands nannte.

Jürgen Fuchs ist 21 Jahre alt, als er 1971 beginnt, Gedichte und Geschichten zu veröffentlichen. Die ungeschminkte Darstellung des DDR-Alltags ruft den Staat auf den Plan: Kurz vor Ende seines Psychologiestudiums fliegt er von der Jenaer Universität, erhält als „Staatsverleumder“ Publikationsverbot, findet Unterschlupf bei Robert Havemann in Grünheide und wird am 19. November 1976 aus dem Auto des Regimekritikers heraus verhaftet und nach 281 zermürbenden Tagen im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen im August 1977 nach West-Berlin abgeschoben, wo er schonungslos mit der Unmenschlichkeit des Systems von Lüge, Terror und „Zersetzung“ abrechnet. Nun, 32 Jahre danach, liest Fuchs’ Witwe Lilo Stücke aus dieser Zeit, Wolf Biermann singt Lieder gegen die Angst, und Beifall begleitet den Vorschlag, einen Ort für den Mut und die Kraft von Opposition und Widerstand in der jüngsten deutschen Geschichte einzurichten: „Jürgen-Fuchs-Zentrum“ sollte es heißen. Lo.

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