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Berlin: Bezirke wollen Alkoholwerbung nicht verbieten

Bürgermeister lehnen Auflagen wie in Friedrichshain-Kreuzberg ab. Senat sieht keine Chance für stadtweites Reklameverbot

Von Sabine Beikler

Jetzt ist es amtlich: Ein stadtweites Werbeverbot für Tabak oder Alkohol wird es nicht geben. Es gebe laut einer Prüfung „massive juristische Probleme“, das Straßengesetz dahingehend zu ändern, sagte Manuela Damianakis, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Man könne nicht für „legale Güter“ wie Alkohol ein Werbeverbot verhängen. Nur Friedrichshain-Kreuzberg wird nach einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung Alkohol- und Tabakreklame von bezirkseigenen Gebäuden, auf Plakattafeln an Gehwegen und Mittelstreifen verbannen. Ein Vorstoß, dies auch auf andere Bezirke auszudehnen, scheiterte jedoch im Rat der Bürgermeister.

Der Konsum von Alkohol und Tabak sei ein gesellschaftliches Problem, das sich nicht durch Verbote lösen ließe, argumentieren Verbotsgegner wie Marc Schulte (SPD), der Charlottenburg-Wilmersdorfer Stadtrat für Wirtschaft und Ordnungsangelegenheiten. Außerdem würde die Kommune durch ein Werbeverbot die Preise für Werbung auf Privatflächen erhöhen und „indirekt subventionieren“. Und die vielen Gaststätten, die mit Brauereien Verträge haben, um kostenlos Straßenmöbel mit Werbeaufdruck aufzustellen, seien dann ebenfalls in ihrer Existenz bedroht.

Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) erinnerte an das bestehende Jugendschutzgesetz. Nach seinen Worten sollten diejenigen, die Alkohol an Kinder oder Jugendliche verkaufen, lieber kräftig Bußgelder zahlen.

Der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) begrüßte die Entscheidung der Bürgermeister. „Legale Produkte dürfen beworben werden“, sagte ZAW-Hauptgeschäftsführer Manfred Parteina. Werbung für Tabak oder Alkohol führe nicht zu mehr Konsum, es gehe um „Wettbewerb und Marktanteile“. Niemand werde wegen eines Plakats zum Raucher oder Trinker.

Für Tabak gilt seit 2007 ein EU-weites Werbeverbot in Medien und Internet. Ein bundesweites Verbot der Außenwerbung gibt es nicht. Der ZAW betont die Selbstverpflichtung der Hersteller, keine Plakatwerbung in der Nähe von Schulen oder Jugendzentren zu schalten. Und die Gesundheitsminister haben kürzlich an die Alkoholwerbewirtschaft appelliert, Imagewerbung zu unterlassen.

Dass vor allem Jugendliche und Kinder durch Werbung zum Rauch- und Alkoholkonsum verführt werden, ist für Johannes Spatz von der Initiative „Forum Rauchfrei“ eindeutig. Er befürwortet ein umfassendes Werbeverbot. Und auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg beruft sich in seiner Beschlussvorlage auf Studien des Bundesministeriums für Gesundheit und der Universität von Massachusetts. Laut dieser US-Studie könnte ein Werbeverbot den Alkoholkonsum bei Jugendlichen um mehr als 16 Prozent minimieren, beim Rauschtrinken – auch „Binge-Drinking“ genannt – sogar um 40 Prozent. Das „Binge-Drinking“ wird bei Kindern und Jugendlichen immer beliebter: Im Jahr 2006 mussten in Berlin 69 Kinder und 227 Jugendliche (bis 20 Jahre) in einer Klinik ihren Rausch ausschlafen. Zahlen für 2007 liegen noch nicht vor.

Der Friedrichshain-Kreuzberger Gesundheitsstadtrat Knut Mildner-Spindler (Linke) bedauert, dass der Rat der Bürgermeister sich gegen ein Werbeverbot ausgesprochen hat. Man wolle nach der Sommerpause erneut darüber sprechen.

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