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Jong-Ha Kim (r.) füllt den alten Bunker am Hohenzollerndamm mit Kultur. Vor Kurzem stellte hier Changje Hong seine Fotos aus.

© Thilo Rückeis

Berlin-Schmargendorf: Der Kulturbunker vom Roseneck

Jahrzehntelang war das Bauwerk am Hohenzollerndamm unzugänglich und vergessen. Nun belebt der Jazzgitarrist Jong-Ha Kim den Ort mit Konzerten und Ausstellungen.

Umgebauter Bunker nahe dem Roseneck zu vermieten, geeignet als Diskothek – ungefähr so stand es in der Immobilienanzeige, die die Ehefrau des Musikers Jong-Ha Kim vor fast zwei Jahren entdeckte. Damit begann die Geschichte eines ungewöhnlichen Kulturprojekts in Schmargendorf. Denn die Eheleute waren sofort begeistert von dem Standort, wollten aber keine Disko. Stattdessen gründeten sie den Kunstraum „Artist Homes“, in dem es bisher schon mehr als 100 Konzerte und Ausstellungen gab.

Jahrzehntelang wusste fast niemand, dass sich am Hohenzollerndamm 120, etwa 50 Meter von der Straße entfernt, ein unterirdischer Kontrollbunker der Luftabwehr aus dem Zweiten Weltkrieg verbirgt. Die 800 Quadratmeter große Anlage war in der Nachkriegszeit nicht mehr zugänglich. Erst der heutige Eigentümer, ein Rechtsanwalt, ließ einen Eingang aus Beton und Glas bauen, den Boden erneuern und die Wände streichen.

„Ich habe mir einen Traum erfüllt“

Jong-Ha Kim eröffnete „Artist Homes“ mit einem Konzert im November 2015. Seitdem „machen wir, was wir wollen und sind offen für alles“, sagt der 36-Jährige. Er ist Jazzgitarrist, stammt aus der südkoreanischen Hauptstadt Seoul und kam 2007 nach Deutschland. Kim studierte Musik in Freiburg und zog vor fünf Jahren nach Berlin um. Mit dem Kunst-Bunker „habe ich mir einen Traum erfüllt“. Noch verdient er damit kaum Geld, sieht dies aber gelassen und will erst jetzt richtig durchstarten.

Die wechselnden Ausstellungen stehen jeden Monat unter einem bestimmten Motto, im Februar geht es um „Verwandlungen“. Auch die Geschichte des unter dem Tarnnamen „Projekt Trafo“ erbauten Bunkers war schon das Thema einer Schau. Außerdem gibt es einen Saal mit 200 Plätzen für Konzerte, Theateraufführungen und Vortragsabende, Probenräume für Musiker und ein hauseigenes Café. Wenn es mal laut wird, stört dies dank der dicken Mauern niemanden in der Nachbarschaft. Künstler mieten kleinere Räume für Workshops mit Laien und Profis. Auch Firmenfeiern und private Partys sind möglich.

Überbleibsel. Zeichnungen aus der Nazi- Zeit sind noch erhalten.
Überbleibsel. Zeichnungen aus der Nazi- Zeit sind noch erhalten.

© Thilo Rückeis

Bei den Konzerten sollen Jazz- und Klassikmusiker ab diesem Jahr verstärkt zusammenarbeiten. An jedem letzten Dienstag im Monat finden Jam-Sessions mit dem Pianisten Andreas Schmidt und befreundeten Musikern statt. Der Bunker macht nicht nur bei Veranstaltungen auf, sondern öffnet mindestens montags bis sonnabends von 11 bis 21 Uhr. „Jeder kann zu einem beliebigen Zeitpunkt vorbeischauen“, sagt Jong-Ha Kim. Er bietet auch Führungen an.

Auf dem Weg zum Kiez-Treffpunkt

Die Musikerin und Kulturmanagerin Annette Spitzlay unterstützt ihn dabei, den Bunker als „Treffpunkt für Schmargendorf“ zu etablieren. Spitzlay ist gut vernetzt in der Berliner Musikszene. Auch bei den Ausstellungen mit Malereien, Fotos oder Skulpturen sieht sie noch ein großes Potenzial, bisher sei Schmargendorf nahe dem Roseneck kein Zentrum des Berliner Kulturlebens. „Es gibt keine Galerien rundum.“

Auch das Café wollen Kim und Spitzlay zum Kieztreff entwickeln. Dank der hohen Decken im Bunker und der neuen hellen Einrichtung wirkt es einladender, als man es in einem verlassenen Militärbunker erwarten würde. Wenn der Winter vorbei ist, sollen Tische und Stühle auch oben im Garten stehen – mit Rücksicht auf die Nachbarn aber nur ein paar wenige.

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