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Das Dienstgebäude am Hohenzollerndamm in Wilmersdorf ist als Bürgeramt bekannt. Hier residiert auch das Bauamt.

© Cay Dobberke

Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf: Büros der Bauaufsicht wegen Schadstoffbelastung geräumt

Am Hohenzollerndamm strömt die giftige und krebsverdächtige Chemikalie Naphthalin aus dem Dach des Bezirksamtsgebäudes. Mitarbeiter beklagten gesundheitliche Probleme, nun startet die Sanierung.

„Sprechstunde entfällt“, steht auf verschlossenen Türen der Bauaufsicht im Wilmersdorfer Dienstgebäude am Hohenzollerndamm 174-177. Fünf Büros in der sechsten Etage wurden evakuiert, nachdem Mitarbeiter über einen an Mottenpulver erinnernden Geruch und gesundheitliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit und einen trockenen Mund geklagt hatten. Mehrere Betroffene meldeten sich krank.

Schadstoffmessungen in der Luft zeigten eine „erhebliche“ Überschreitung der Grenzwerte für die gesundheitsschädliche Chemikalie Naphthalin. Diese kann auch die Haut schädigen und gilt als vermutlich krebserregend. Der Schadstoff steckt in isolierenden Bitumenbahnen im Dach. Das sechste Geschoss des ursprünglich fünfstöckigen Gebäudes ist ein Anbau aus den 1970er Jahren.

Zwei Monate lang wird nun saniert

Das Bezirksamt habe in seiner Sitzung am Dienstag die „Maßnahmen abgestimmt“, sagte Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) dem Tagesspiegel. Die Sanierungsarbeiten hätten bereits begonnen und dürften zwei Monate lang dauern. Acht betroffene Beschäftigte der Bauaufsicht seien bis dahin in anderen Büros im Gebäude untergebracht worden, die verfügbar seien, weil die eigentlichen Nutzer verreist oder aus anderen Gründen abwesend seien.

Vorübergehend gesperrt sind auch zwei Seminarräume der Volkshochschule (VHS) City West in der sechsten Etage.

Schon 2015 wurde Naphthalin entdeckt

Das Problem ist nicht neu. Bereits im Sommer vorigen Jahres hatten Mitarbeiter der Bauaufsicht gesundheitliche Probleme gemeldet. Damals sei Naphthalin in den Büroräumen nachgewiesen worden, sagt Naumann. Man habe die Zimmer saniert – nicht aber den Flur, WC-Räume und ein Lager. Anscheinend gehe die neuerliche Schadstoffbelastung von dort aus.

Die erste Sanierung hatte etwa 450.000 Euro gekostet, nun kommen schätzungsweise 250.000 Euro hinzu.

Am 3. Juni gab es erste Beschwerden, die am 8. Juni zur Kontrolle der Raumluft führten. Acht Tage später ging das Ergebnis dem Arbeitsschutz-Koordinator des Bezirksamts zu. „Am selben Tag wurde die Decke versiegelt“, sagt Naumann. Vor gut einer Woche seien die Büros dann geräumt worden, ergänzt Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne), der den verreisten Baustadtrat Marc Schulte (SPD) vertritt.

Sprechstunden sollen nicht lange ausfallen

Laut Schruoffeneger ist nur eine Gruppe der Bauaufsicht betroffen, die für bestimmte Teile des Bezirks zuständig sei. Bis Anfang kommender Woche wolle man durch Vertretungsregelungen wieder alle Sprechstunden anbieten, die wichtig für Architekten und Bauherren sind.

Bürgermeister verspricht Transparenz

Das Bezirksamt informierte seine Beschäftigten per Rundschreiben über die Probleme. Bürgermeister Naumann kündigt noch mehr „Transparenz“ an, die Messergebnisse würden dem gesamten Personal im Intranet des Bezirksamts elektronisch zugänglich gemacht.

Einen ähnlichen Fall hatte es 2013 im Finanzamt Lichtenberg gegeben, das ein früheres Stasi-Gebäude an der Straße Alt-Friedrichsfelde nutzt. Auch Spielzeug ist mitunter mit Naphthalin belastet. Erst im vorigen Mai hatte Tchibo deshalb die aufblasbare Minion-Figur „Kevin“ zurückgerufen.

Die Schadstoffsanierung hat begonnen, Entlüftungsrohre verlaufen durch den Flur im sechsten Stock.
Die Schadstoffsanierung hat begonnen, Entlüftungsrohre verlaufen durch den Flur im sechsten Stock.

© Cay Dobberke

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