zum Hauptinhalt
Schauspieler Günter Pfitzmann im Rachen von Flußpferd Knautschke in einer Revue 1952. Der Spaß wurde in der Kleinkunst-Bar „Greifi“ an der Joachimsthaler Straße gespielt.

© Repro: Tsp

Fotoausstellung über West-Berlin: Knautschke, fass!

Nicht nur das Nilpferd war Wahrzeichen der Stadt: Eine neue Schau zeigt die Bilder West-Berlins.

Das war gemein. Knautschke als menschenfressendes Ungeheuer. Fast den gesamten Günter Pfitzmann schien das Nilpferd verschluckt zu haben. Nur der Kopf guckte noch zwischen den Hauern heraus. Dabei war Knautschke ja der Liebling der Berliner, hatte als eines von 91 Zootieren den Krieg überlebt und galt als äußerst friedfertig. Doch Günter Neumann vom Rias-Kabarett „Die Insulaner“ hatte in den 50er Jahren für die West-Berliner Kleinkunst-Bar „Greifi“ Sketche geschrieben, in denen Knautsche mal kein Sympathieträger war. Aus Pappmaché nachgebaut schnappte er sich den Schauspieler.

Blitzschnell hielt das damals ein Pressefotograf fest: Harry Croner, der Bildjournalist für alle Fälle, von dem die West-Berliner schon zu seinen Lebzeiten sagten: Kein Event ohne Harry.

Seit Freitag zeigt die Stiftung Stadtmuseum im Märkischen Museum eine Ausstellung mit 250 Fotografien von Harry Croner aus den Jahren 1946 bis 1988. Bis zum Mauerbau war er in der ganzen Stadt unterwegs, danach in West-Berlin. Er begleitete das Leben seiner Heimatstadt für den „Abend“, den Tagesspiegel und andere Blätter in allen Facetten: Kaum ein Ereignis, kein populärer Besucher oder Berliner entging ihm. Aber er flanierte auch durch die Straßen mit einem Gespür für Szenen, die typisch sind für den jeweiligen Zeitgeist.

Vom Seifenkistenrennen bis zum Kellnerinnen-Derby

Croner fotografierte Dieter Hallervorden, Ilja Richter, Edith Hancke oder Brigitte Grothum, als sie noch Theater-Frischlinge waren. Er beobachtete das Kreuzberger Seifenkistenrennen, das Kellnerinnen-Derby am Ku’damm. Er war dabei, als Clown Charlie Rivel 1957 in Tempelhof landete. Als Jugendliche 1957 nach einem Jazz-Konzert von Lionel Hampton vor lauter Begeisterung die Bestuhlung des Sportpalastes zerlegten.

Rund 100 000 Abzüge und 1,3 Millionen Negative aus dem Nachlass des 1992 gestorbenen Fotografen hat die Stiftung aufgearbeitet. Eine Auswahl ist nun im Märkischen Museum als Hommage an die Insel West-Berlin zu sehen.

Dazu gehören auch zwei Höhepunkte: Eine Fahrt mit der S-Bahn zwischen Bahnhof Zoo und Jannowitzbrücke 1947 und ein Spaziergang durch die Friedrichstraße 1957. Harry Croner hat bei diesen Ausflügen ununterbrochen fotografiert, so dass seine Bilder wie Filmdokumente wirken: der Flak-Bunker am Zoo, die Schrebergärten im zerstörten Tiergarten, der Zirkus Barlay am Platz des heutigen Friedrichstadtpalastes.

Ausstellung „Bühne West-Berlin“, Märkisches Museum, Am Köllnischen Park 5, vom 28. Februar bis 28. Juni, Di.-So. 10-18 Uhr. Das Buch zur Ausstellung: Bühne West-Berlin, Verlag M, 29,90 Euro.

Lesen Sie mehr im Tagesspiegel: Eine Schau im Ephraim-Palais zeigt derzeit das Leben in West-Berlin, von der Misswahl im New Eden Club bis zum Hotel Bogota. Unser Ost-Berliner Autor hat sich das angesehen - und hat da mal eine Idee.

Zur Startseite