zum Hauptinhalt
Ur-Berliner. Günter Adam mit einer Schneiderpuppe aus alten Zeiten.

© Thilo Rückeis

Schneideratelier Adam in Berlin: Er zieht die Promis an

Seit 50 Jahren schneidert Günter Adam an der Meinekestraße – auch für viele Musiker und Schauspieler.

Als Günter Adam am 1. April 1965 sein „Atelier Adam“ eröffnete, gab es im damaligen West-Berlin mehr als 700 Maßschneider – heute ist der Laden im Wilmersdorfer Teil der Meinekestraße südlich des Ku’damms einer der letzten seiner Art. Das Handwerk sei „schon nicht mehr im Niedergang, sondern tot“, sagt der Schneidermeister. Er finde auch kaum noch Lieferanten für wirklich gute Stoffe. Andererseits will er sich gar nicht beklagen: Adam freut sich über sein 50. Firmenjubiläum und die teils prominenten Kunden, die ihm die Treue halten.

Ans Aufhören denkt der 79-Jährige noch nicht

„Bis zum Jahresende mache ich auf jeden Fall weiter, dann wird neu überlegt“, sagt er. Am 13. Mai feiert Günter Adam seinen 80. Geburtstag. Er wirkt jünger, sagt aber, das Bücken falle ihm schwer und das Kreuz schmerze. Adam stammt aus Weißensee, 1955 war er in den Westen „geflitzt“, wie er sagt. Einst hatte der Meister bis zu vier Mitarbeiter, aber seit vielen Jahren macht er fast alles selbst. Nur wenn besonders viel zu tun ist, hilft ihm eine Schneiderin.

Prominente Kunden von Max Raabe bis Harvey Keitel

Erst am Montag holte Max Raabe wieder zwei Frackhosen ab, der Sänger ist längst Stammkunde. 2014 wurde die Schauspielerin und Sängerin Meret Becker zur neuen Kundin. Auch Bariton Thomas Quasthoff, Trompeter Till Brönner und Rocksänger Udo Lindenberg kommen öfters zur Anprobe.

Den Ruf als „Promi-Schneider“ trugen Adam viele frühere Kunden ein, darunter Harald Juhnke, Günter Pfitzmann, Wolfgang Völz, Mario Adorf, Nina Ruge, Judy Winter oder Hollywoodstar Harvey Keitel, der den Schneider sogar zwei Mal für Dreharbeiten nach Rom einfliegen ließ.

Star-Allüren sind ihm fremd, Adam sieht sich als Handwerker und sagt auch: „Von Prominenten allein kann man nicht leben.“ Er hat kein Auto, wohnt in Halensee und fährt mit dem Bus zur Arbeit. Nur einmal gab er viel Geld aus, um die Atelierräume zu kaufen. So blieb ihm das Schicksal mancher Traditionsbetriebe rund um den Ku’damm erspart, die Modeketten weichen mussten.

1600 Euro für einen Maßanzug: Qualität hat ihren Preis

Früher fertigte Adam Kostüme für einige Theater wie die Schaubühne, die Ku’damm-Bühnen und das Theater des Westens. Das wurde den Häusern aber zu teuer. Ein Maßanzug kostet um 1600 Euro. Für den Trend zu Konfektionsware sieht Adam weitere Gründe. Dank technischer Fortschritte sei Kleidung von der Stange heute oft besser als früher. „Und es ist einfacher, als vier Mal zum Schneider zu rennen.“

Mehrmals hat der Schneidermeister erwogen, aufzuhören, doch Stammkunden stimmten ihn um. Das Jubiläum feiert er diesmal nicht und fliegt lieber mit Frau und Tochter übers Wochenende nach Wien.

Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false