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Berlin-Kreuzberg: Flüchtlingscamp wird zur provisorischen Dauerlösung

Noch immer besteht das Zeltlager am Oranienplatz - seit eineinhalb Jahren schon. Und kein Ende ist in Sicht. Die Politiker schieben sich die Verantwortlichkeiten zu.

Von Fatina Keilani

usm

Zwischen den Zelten und Holzbuden wird gefegt, gesägt, geschraubt. Passanten am Oranienplatz in Kreuzberg werden neugierig und informieren sich, was gerade so ansteht im Protestcamp. Auch eine Schulklasse ist da, ein Flüchtling führt sie durch die Zeltstadt, von der eigentlich nur noch ein Infozelt stehen dürfte. Aber die Tatsachen sind andere. Schon seit eineinhalb Jahren ist der O-Platz Anlaufstelle und Zentrum des Berliner Flüchtlingsprotests. Die Forderungen nach Bleiberecht, Abschaffung der Residenzpflicht und Arbeitserlaubnis sind bisher nicht erfüllt worden. Dennoch hat Ausman C., der seit über einem Jahr hier lebt, die Hoffnung auf ein Entgegenkommen der deutschen Behörden noch nicht aufgegeben. „Das hier ist zwar eine Zwischenlösung aber wir sind froh darüber, dass wir bis jetzt auf dem Platz bleiben können“, sagt er. Den Senat sieht C. nicht als Hauptschuldigen für ihre Situation. „Wir leben hier wie Gefangene, aber mit dem Senat sind wenigstens Diskussionen möglich.“ Von ihren Forderungen werden die Flüchtlinge nicht abrücken und bis zu deren Umsetzung auf dem Platz bleiben, sagt Elektroingenieur Ahmed aus Nigeria. „Dieses Camp gehört uns und nicht der Stadt.“ Das Gefühl, in einer Zwischenlösung zu leben, hat er trotzdem. „Wir hoffen auf positive Veränderungen.“

Kreuzberg, Oranienplatz, im Februar 2014. Aus den Zelten auf dem Platz sind Holzhütten geworden.
Kreuzberg, Oranienplatz, im Februar 2014. Aus den Zelten auf dem Platz sind Holzhütten geworden.

© Imago

Woher die kommen könnten, ist unklar. Von der Senatsverwaltung für Integration heißt es seit Wochen, Senatorin Dilek Kolat (SPD) verhandele weiter mit den Menschen im Camp. Das Ziel sei, „Lösungen zu finden für die Flüchtlinge“, sagt Kolats Sprecher Mathias Gille. Ganz klar scheint niemandem zu sein, was Kolat überhaupt bewirken könnte. Was die Flüchtlinge sich wünschen, kann sie ihnen nicht geben: die Aufenthaltserlaubnis. Das könnte die Ausländerbehörde, die der Innenverwaltung untersteht. Doch die Innenverwaltung verweist auf die Integrationsverwaltung, und die wiederum sagt nichts.

Auch Kreuzbergs grüne Bezirksbürgermeisterin, Monika Herrmann, wartet darauf, dass Kolat mal anruft. „Mir wird ständig zugesichert, dass die Senatorin sich meldet, aber da kommt bisher nichts.“ Worüber mit den Flüchtlingen verhandelt werde, wisse sie nicht. „Falls es um den Abbau der Zelte geht, müsste Frau Kolat mit dem Bezirk reden.“ Falls es um das Aufenthaltsrecht gehe, muss die Ausländerbehörde ran. „Wozu Verhandlungen? Man muss einfach nur entscheiden – so oder so“, sagt Herrmann. Die Integrationsbeauftragte Monika Lüke wird offenbar langsam ungeduldig. Sie mahnte die Regierungskoalition, dass in der Asyl- und Flüchtlingspolitik „dringender Handlungsbedarf“ bestehe. Die Flüchtlinge sind derzeit in einem Caritas-Heim in Wedding und in einem zweiten Heim in Marienfelde untergebracht. Ende März müssen sie wieder ausziehen. Genau wie die früheren Bewohner der Eisfabrik. Die wohnen derzeit in der Heilig-Kreuz-Kirche. Auch sie vagabundieren von einem Provisorium zum nächsten. Was der Senat wohl ohne die Kirchen machen würde?

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