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Mittendrin. Auf Transparente haben die bis vor kurzem noch hungerstreikenden Flüchtlinge am Oranienplatz ihre Forderungen geschrieben. Drumherum wird gefeiert.

© Mike Wolff

Der Oranienplatz am 1. Mai: Großes Fest, kleiner Protest

Die Flüchtlinge vom Oranienplatz haben ihren Hungerstreik unterbrochen. Für ihre Botschaft interessierte sich am 1. Mai aber kaum jemand, obwohl sogar eine kleine Ausstellung aufgebaut wurde.

Da sind sie wieder, die bekannten Bilder vom Oranienplatz. Ein Flüchtling sitzt in einer aus Sperrholz gezimmerten Hütte. Eine Frau klammert sich an einen Ast, sie hockt auf dem großen Baum in der Mitte des Platzes. Überall sind Transparente ausgebreitet: „Kein Mensch ist illegal“, „Bleiberecht für alle“, „Das Camp bleibt“. Doch das sind nur Fotos. Die Flüchtlinge vom Oranienplatz haben mithilfe von Wäscheleinen eine kleine Ausstellung aufgebaut. Im Hintergrund dröhnt Rockmusik.

Zäh sind sie zwar, jene, die hier noch immer ausharren. Doch das Fest ist groß und der Protest deshalb erst recht ziemlich klein. Die Flüchtlinge haben erreicht, dass die große Festbühne auf die gegenüberliegende Seite des Platzes umziehen musste. Heute aber kommen zehntausende Berliner vorbei – und nur einige wenige bleiben stehen und kommen mit den Protestierenden ins Gespräch.

"Welcher Protest?"

„Warum dürfen Flüchtlinge in Deutschland nicht arbeiten?“, fragt ein Student aus den USA. Die meisten Besucher nutzen den Oranienplatz aber als Ruhezone und legen sich auf den weichen, frischen Rasen. Vor der Rockbühne schütteln Fans die Haare zu den Klängen der E-Gitarre. „Welcher Protest?“, antwortet einer von ihnen auf Nachfrage.

„Ich hatte auf mehr Interesse gehofft“, sagt Turgay. Er ist einer derjenigen, die in den Hungerstreik getreten sind – bis Mittwoch. Dann kam Aydan Özoguz, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Sie brachte den Flüchtlingen ein Blatt Papier. Sie wünsche sich, dass der Hungerstreik beendet werde, stand dort, und dass sie in der kommenden Woche mit den Flüchtlingen über Lösungen spreche wolle. Das wirkte. Nun essen Turgay und seine Mitstreiter wieder – vorerst.

Schach im Nieselregen

Der Regen nieselt am frühen Abend auf die Männer herunter. Als die Sonne untergeht, beginnt der Wind zu pfeifen. Turgay zieht seine Mütze über das Gesicht. Er spielt Schach mit einem Unterstützer. Der braucht aber Ewigkeiten, bevor er den nächsten Zug wagt. Er habe heute Kartoffelpüree und Kartoffelsuppe gegessen, sagt Turgay. Alles andere würde sein Magen noch nicht mitmachen. Dann schaut er wieder vertieft auf das Schachbrett. Turgay ist am Zug.

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