zum Hauptinhalt
Kein Gas zum Heizen – Eine Feuerstelle als Wärmequelle im Flüchtlingscamp am Oranienplatz.

© dpa

Flüchtlingscamp am Oranienplatz in Berlin: Streit um verschwundene Spendengelder

Unter den Aktivisten vom Oranienplatz und den Unterstützern gibt es Streit um Hilfszahlungen in Höhe von 34.000 Euro. Der Verbleib ist bis dato ungeklärt. Den Flüchtlingen fehlt das Geld aber für essentielle Dinge, wie Gas und Wasser. Nun ermittelt sogar die Polizei.

Bei Geld hört die politische Sympathie auf. Zwischen den Flüchtlingen auf dem Oranienplatz in Kreuzberg und der Antirassistischen Initiative Berlin (ARI), die sich eigentlich um deren Spendengelder kümmern sollte, gibt es seit Monaten nur noch gegenseitige Schuldzuweisungen und Vorwürfe. Der brisanteste: Spendengelder sollen veruntreut worden sein. Die Lage scheint so undurchsichtig, dass seit Mitte Januar deshalb sogar ein Fachkommissariat beim Landeskriminalamt ermittelt. Dies bestätigte eine Polizeisprecherin. Details werden nicht genannt. Fest steht: Auf dem Oranienplatz fehlt es an allem. Die Flüchtlinge haben weder Gas zum Heizen und Kochen noch Wasser. Es ist kalt in den Zelten. Das Toilettenhäuschen war vor zwei Wochen abgebrannt und ist bis heute nicht benutzbar.

Im Sommer 2013 hat die ARI ein Spendenkonto „Refugee Strike Berlin“ bei der Bank für Sozialwirtschaft eingerichtet. Mehr als 40.000 Euro sollen seitdem an Barmitteln eingegangen sein. Im Oktober gab es plötzlich keinen Strom mehr im Camp, „weil keinerlei Rechnungen von dem Konto bezahlt worden waren“, erzählt die Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeld. Sie engagiert sich für die Flüchtlinge. Die fälligen 1.300 Euro für Strom habe die Politikerin aus eigener Tasche gezahlt und versucht nachzuforschen, was mit dem Geld auf dem Konto passiert ist.

„Das Geld kam nie an”

Laut Kahlefeld sei es einigen Flüchtlingen nach langem Hin und Her gelungen, Kontoauszüge von Mitgliedern der ARI zu bekommen. Diese lägen Kahlefeld lückenlos vor. „Zwischen Oktober und November sind von dem Konto täglich 500 Euro abgebucht worden. Teilweise sogar in Cottbus“, sagt Kahlefeld. Viel ist von dem Geld nicht mehr übrig: 5.604 Euro stehen als Summe auf dem letzten Kontoauszug. Doch wer besitzt die Karte für das Spendenkonto? Wer hat die Abbuchungen vorgenommen? Fragen, die sich auch Kahlefeld stellt. „Ich bin ratlos und habe so etwas noch nie erlebt“, sagt sie.

Die Flüchtlinge am Oranienplatz sind vor allem wütend. Sie wussten zwar, dass die ARI ein Konto eingerichtet hatte, von der Höhe der Spendengelder erfuhren sie aber erst im Oktober, erklärt Ousmanne Cisse. Doch wohin das ganze Geld gegangen sei, können die Bewohner nur vermuten. „Wir wollen selber über unser Geld entscheiden können“, sagt er. Es hatte sich eigens eine Finanzgruppe gebildet, um die Bedürfnisse der Flüchtlinge zu bündeln.

Die Idee: Die Flüchtlinge dokumentieren, was sie brauchen, wenden sich an die ARI, die das Geld wiederum an ein Privatkonto eines Unterstützers überweist, der es den Flüchtlingen aushändigt. Doch hier scheint es zu haken. „Wir haben notwendige Anschaffungen nicht bezahlt bekommen. Das Geld kam nie an“, sagt Sunday aus der Finanzgruppe. „Als wir mitbekamen, dass Geld verschwindet, wollten wir das Konto sperren lassen. Die ARI hat dabei jede Kooperation verweigert“, erklärt er.

Nicht alle teilen Vorwürfe gegen die Antirassistische Initiative

Die ARI weist in einer Pressemitteilung alle Vorwürfe entschieden zurück. Zu sprechen ist niemand von der Initiative. Laut ARI sei die Karte für das Spendenkonto an ein Mitglied der Finanzgruppe der Flüchtlinge ausgehändigt worden. „Zu keinem Zeitpunkt hat die Antirassistische Initiative selbständig Finanzentscheidungen über die Vergabe von Mitteln von diesem Konto getroffen“, heißt es.

Streitigkeit um den Umgang mit Spendengeldern sind nicht neu am Oranienplatz. Immer wieder waren sich die Flüchtlinge uneins über die Verwendung der Mittel, berichtet die Grünen-Abgeordnete Canam Bayram. „Es ging um die Frage, ob die Spendengelder eher für politische Aktionen oder die Grundversorgung der Flüchtlinge auf dem Platz eingesetzt werden“, berichtet sie. Die Uneinigkeit unter den Flüchtlingen wird auch bei den Vorwürfen gegen die ARI deutlich: „Es gibt Flüchtlinge, die die Vorwürfe nicht teilen“, sagt Bayram.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false