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Verkehr auf der Schönhauser Allee in Berlin-Pankow.

© imago images/Jürgen Ritter

Berliner Bezirk bleibt Tempo-50-Zone: Senat hält Tempo-30-Beschluss in Pankow für „nicht umsetzbar“

Pankows Bezirksverordnete wollen Tempo 30 im ganzen Bezirk anordnen lassen. Nun äußert sich die Senatsverkehrsverwaltung: Das Anliegen sei „wichtig“, aber rechtlich unmöglich.

Von Christian Hönicke

Tempo 30 in ganz Pankow, das hat heftige Reaktionen verursacht. Nun hat sich auch die Senatsverkehrsverwaltung offiziell zum umstrittenen BVV-Beschluss geäußert. „Die Bezirksverordneten in Pankow verfolgen mit dem Tempo-30-Beschluss auch aus Sicht der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ein wichtiges Anliegen“, sagt Sprecher Jan Thomsen. „Doch wir sind an den Bundesrechtsrahmen gebunden: Die StVO erlaubt derzeit auf Hauptstraßen nur sehr restriktiv Tempo 30.“

Pauschale Anordnung rechtlich nicht möglich

Tempo 30 könne „nur ausnahms- und abschnittsweise mit Begründung“ angeordnet werden, „nicht aber pauschal“, sagt Thomsen. Das verhindere die Straßenverkehrsordnung (StVO). Damit kassiert der Senat de facto den Beschluss, den Pankows Bezirksverordnetenversammlung vergangene Woche gefasst hatte. Er sah vor, dass auf allen Straßen in Berlins größtem Bezirk von Kategorie II abwärts Tempo 30 angeordnet werden solle. Ausgenommen wären nur die beiden Straßenzüge Prenzlauer Allee und Greiswalder Straße jeweils bis zur Autobahn. Mit der Umsetzung hatte die BVV das Bezirksamt beauftragt.

Das wiederum fand den Vorschlag zwar interessant und unterstützenswert, wie der zuständige Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) befand. Doch in puncto Umsetzung verwies er weiter auf die Senatsverkehrsverwaltung. Die sei schließlich für alle Berliner Hauptstraßen zuständig – auch in Pankow.

Nun winkt auch die Verkehrsverwaltung ab. „Die Bezirksverordnetenversammlung hat einen Beschluss gefasst, der sich so nicht umsetzen lässt, auch wenn wir das Anliegen teilen“, sagt Sprecher Thomsen. Zwar könnten die Bezirke für Nebenstraßen von sich aus Tempo 30 anordnen – und hätten dies auch meist schon getan: „Auf Berlins Nebenstraßen, das sind etwa 75 Prozent des Straßennetzes insgesamt, gilt bereits Tempo 30.“

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Und auch auf rund 325 der 1500 Kilometer Hauptstraßen in Berlin habe die Senatsverkehrsverwaltung Tempo 30 angeordnet, wenn auch teils nur zu bestimmten Uhrzeiten. Man ordne Tempo 30 an, wenn es die StVO zulasse: aus Luftreinhaltungsgründen, aus Lärmschutzgründen, aus Verkehrssicherheitsgründen, zudem vor Kitas, Schulen, Kliniken, sozialen Einrichtungen. „Berlin hat damit deutschlandweit die meisten Tempo-30- Anordnungen an Hauptverkehrsstraßen und ist Vorreiter bei diesem Thema“, sagt Thomsen. Doch so pauschal wie von der Pankower BVV gefordert gehe das eben nicht. Dafür sei eine Änderung der Gesetzeslage und insbesondere der StVO nötig.

Berlin will StVO ändern lassen

Das Land Berlin habe auf Initiative der Verkehrsverwaltung bereits mehrere Anträge im Bundesrat gestellt hat, um mehr Tempo 30 in der Stadt zu ermöglichen, sagt  Thomsen. „Etwa zur erleichterten Anordnung im Umfeld von Schulen und Kitas an Hauptstraßen, zur flächenhaften Einführung von Tempo 30 als Zone auch auf Hauptstraßen und zur Prüfung, wie Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in der StVO festgelegt werden kann.“ Allerdings habe es dafür bisher keine Mehrheiten unter den restlichen Bundesländern gegeben. Berlin setze sich dennoch weiter für eine Änderung der StVO ein.

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Mit dem Verweis auf die StVO lehnte die Verkehrsverwaltung im Oktober auch die durchgehende Einrichtung von Tempo 30 auf der Hermannstraße ab. Das hatten Neuköllns Bezirksverordnete per Beschluss gefordert. Damals erklärte die Verwaltung sogar, sie teile „die Überzeugung, dass die grundsätzliche Reduzierung auf Tempo 30 im Stadtgebiet die Wahrscheinlichkeit schwerer Unfälle senkt“. Doch: „Den Kommunen wird durch die aktuelle StVO die Umsetzung einer zeitgemäßen, umwelt- und stadtverträglichen sowie die Sicherheit fördernden Verkehrsgestaltung zum Teil stark erschwert.“

Pankow bleibt also Tempo-50-Zone – wie die restlichen Städte und Dörfer Deutschlands grundsätzlich auch.

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