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Die Kapazität in der ehemaligen Zigarettenfabrik könnte auf 2000 Plätze verdoppelt werden.

© Schatz

Senator will Flüchtlingsquartiere gerechter Verteilen: Spandau lehnt Sporthallen-Nutzung formal ab

Eine Sprecherin von Sozialsenator Czaja will die Beschlagnahme Spandauer Sporthallen auch künftig nicht ausschließen. Der Bezirk lehnt dies jetzt auch formal ab.

Zu früh gefreut haben sich Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank und die Spandauer SPD möglicherweise über Berichte, wonach Sozialsenator Mario Czaja (CDU) auf die Beschlagnahme weiterer Sporthallen zur Unterbringung von Flüchtlingen verzichten will. Eine Sprecherin des Senators relativierte am Dienstag die Aussage, die „verkürzt“ wiedergegeben worden sei. Selbstverständlich sei man auch weiterhin auf die Inanspruchnahme von Turnhallen angewiesen. Czaja habe sich lediglich dafür ausgesprochen, dass „nach Möglichkeit“ verstärkt auf „eine gerechte Verteilung im Stadtgebiet“ geachtet wird. Dies werde aber nicht immer eingehalten werden können, hieß es. Unter anderem sei es möglich, dass sich einzelne ins Auge gefasste Hallen aus baulichen Gründen als ungeeignet erweisen. So könnte es dann doch wieder Spandau treffen.

SPD spricht von Erfolg

Bürgermeister Kleebank hatte aufgrund des Presseberichtes erklärt, dass Czaja seinen Argumenten gefolgt sei. Auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung, Christian Haß, sprach von einem „erfolgreichen“ Druck seiner Partei. Er erklärte fälschlich, dass Spandau bereits heute mehr als 8000 Flüchtlinge beherbergt. Tatsächlich würde dies erst zutreffen, wenn sich deren Zahl nach Nutzung aller noch ins Auge gefassten, zusätzlichen Quartiere nahezu verdoppeln würde.
Wie berichtet, hatte der mit der Koordinierung der Flüchtlingsunterbringung beauftragte Staatssekretär Dieter Glietsch dem Bürgermeister mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, zwei von insgesamt fünf für geeignet befundene Sporthallen in Spandau als Quartiere zu nutzen. Das lehnt der Bezirk wegen der daraus resultierenden Beschränkungen für den Schul- und Vereinssport entschieden ab. „Eine schriftliche Mitteilung von Senator Czaja oder Staatssekretär Glietsch über die Rücknahme der Belegungsabsicht liegt dem Bezirksamt derzeit nicht vor“, erklärte Kleebank.

Flüchtlingszahl bald verdoppelt?

Derzeit sind in Spandau rund 4500 Flüchtlinge untergebracht, dazu werden laut Kleebank weitere Standorte geprüft, wodurch kurzfristig 3000 bis 4000 weitere Plätze geschaffen werden könnten. Das entspreche dem Volumen von 15 bis 20 Sporthallen. So ließe sich die Belegungskapazität in der ehemaligen Zigarettenfabrik in Hakenfelde auf 2000 Personen verdoppeln, weitere 1000 Asylbewerber könnten in der neuen Eventhalle an der Paulsternstraße in Siemensstadt untergebracht werden, die der Eigentümer dem LaGeSo angeboten habe. 350 Plätze entstehen derzeit durch den Umbau von zwei zusätzlichen Gebäuden der ehemaligen Kaserne an der Schmidt-Knobelsdorf-Straße, ferner sind an verschiedenen Standorten Traglufthallen für insgesamt 600 bis 700 Flüchtlinge geplant. Damit würde Spandau als einwohnermäßig kleinster Bezirk Berlins die mit großem Abstand höchste Zahl an Asylbewerberplätzen, nämlich 8000 bis 9000, beherbergen.

CDU bewirkt Bezirksamtsbeschluss

In Spandau ist man sich parteiübergreifend einig. Am Dienstagmittag hat das Bezirksamt einstimmig eine Vorlage des für Schule, Bildung und Sport zuständigen Stadtrates Gerhard Hanke (CDU) beschlossen, in der Spandau als erster Berliner Bezirk auch formal die Nutzung von Sporthallen zur Unterbringung von Flüchtlingen ablehnt. „Die Belegung von Turnhallen kann nur das allerletzte Mittel sein, wenn alle anderen Kapazitäten ausgeschöpft sind“, sagte CDU-Fraktionschef Arndt Meißner. Die Spandauer Sportvereine würden einen wichtigen Beitrag zur Integration, zur Bildung der Schüler und zur Gesunderhaltung der Bevölkerung leisten, Sport sei außerdem ein abiturrelevantes Unterrichtsfach. „Geflüchtete Menschen sind in Spandau selbstverständlich nach wie vor willkommen, aber die Beschlagnahme von Sporthallen ist der falsche Weg“, so auch sein SPD-Kollege Christian Haß.

Rainer W. During

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