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Der Absender auf dem Briefumschlag des Kulturamtes.

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Spandau: Heimatkundler verweist auf Nazi-Bezug: Zitadellen-Posse wird peinlich

Karl-Heinz Bannasch wirft den Initiatoren der Umbenennung mangelndes Geschichtsbewusstsein vor. "Zitadelle Berlin" wurde einst der Verteidigungsabschnitt um den Führerbunker genannt.

In der Debatte um die Zuordnung der Zitadelle hat sich jetzt auch der Vorsitzende der Heimatkundlichen Vereinigung Spandau, Karl-Heinz Bannasch, zu Wort gemeldet. Er verwies darauf, dass in der Endphase des Zweiten Weltkrieges der zentrale Verteidigungsabschnitt rund um den sogenannten Führerbunker von den damaligen Machthabern aus Durchhaltegründen als "Zitadelle Berlin" bezeichnet wurde. "Diejenigen, die aus Marketing- und Profitinteresse diese Umbenennung betreiben, haben also sein Eigentor geschossen", zitiert Bannasch in seiner Erklärung den Berliner Historiker Prof. Dr. Felix Escher. "Was weitläufig erscheinen will, ist doch nur geschichtsvergessen."

Bannasch sieht die Umbenennung von Zitadelle Spandau in Zitadelle Berlin in einem größeren Zusammenhang. Bereits vor einigen Jahren sei der heutige Spandauer See umbenannt worden. Die noch bei Theodor Fontane üblichen, historischen Gewässernamen Krienicke und Malche seien getilgt worden, um die Anrainergrundstücke besser vermarkten zu können. "So ist dass mit der eignenen Geschichte, wenn sie stört wird sie einfach entsorgt", so Bannasch. Es sei "ein Trauerspiel, wie die eigene, Jahrhunderte alte Geschichte mit den Füßen getreten wird". Als Konsequenz müsste der Bezirk auf seinen Schriftstücken auch den Marketingslogan "Zitadellenstadt Spandau" ablegen.

Zuvor hatte der für den Kulturbereich zuständige Stadtrat Gerhard Hanke (CDU) erklärt: "Die Zitadelle ist das Spandauer Wahrzeichen und wird es auch bleiben. Sie wird wie gewohnt unter dem Begriff Zitadelle in Spandau zu finden, zu entdecken und zu erleben sein." Die Einladung zur Eröffnung der nächsten Ausstellung auf der historischen Festung am 9. Februar trägt allerdings das Logo "Zitadelle Berlin". Und so lautet auch der Absender auf dem Briefumschlag. "Da hat sich etwas verselbstständigt", sagte Hanke gestern dem Tagesspiegel. Eigentlich sei es nur um die Website der Zitadelle gegangen. Er habe jetzt die Anweisung erteilt, alles so schnell wie möglich wieder zu bereinigen, auch wenn die Diskussion um den Namen eine "tolle Werbung" für die Zitadelle gewesen sei.

Man darf die Vergangenheit nicht vergessen aber auch nicht jedes Wort oder jeden Satz daraufhin prüfen, ob er schon mal von einem Nazi gesagt wurde.

schreibt NutzerIn steglitzer1

Auch die Spandauer CDU begrüßte die Rückbesinnung. „Spandau ist stolz auf seine Zitadelle", sagte der Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Kai Wegner. „Die leidenschaftliche Diskussion um den Vorschlag der Tourismusexperten zeigt, dass manchmal Expertenvorschläge am Bewusstsein der Spandauerinnen und Spandauer vorbeigehen. Ich gehe davon aus, dass die Internetseite und alle anderen Werbematerialien der Zitadelle nun schnellstmöglich wieder umgestaltet werden. Die Zitadelle ist, war und bleibt die Zitadelle Spandau.“

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