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Sie hält und hält und hält. Aber warum eigentlich an jeder S-Bahn-Station?

© dpa

Vorschlag für neue S-Bahn-Linie: Per Express von Berlin nach Falkensee

Seit Jahren wird über eine bessere Anbindung von Falkensee an Berlin diskutiert - ohne Ergebnis. Jetzt hat die S-Bahn einen Lösungsvorschlag präsentiert.

Angesichts des Wohnungsmangels in Berlin dürfte dem Speckgürtel um Berlin ein zweiter Boom bevorstehen. Damit wird auch die Frage der Verkehrsverbindungen ins Umland noch dringlicher. Exemplarisch zeigt sich das bereits an Falkensee im Westen, dessen Einwohnerzahl sich seit der Wende fast verdoppelt hat. Für das daraus resultierende Verkehrsproblem – unregelmäßige, überfüllte Züge – hat die S-Bahn jetzt eine Lösung vorgeschlagen. Sie lautet: „Express-S-Bahn“. Züge, die nicht an allen Stationen halten, sollen der Ausweg aus dem Dilemma sein, das aus relativ langsamen „klassischen“ und schnellen, aber mangels Kapazität nicht realistischen Regionalzügen in noch dichterem Takt als bisher besteht.

Auf Einladung von Landrat Burkhard Schröder (SPD) war S-Bahn-Chef Peter Buchner am Montagabend nach Falkensee gekommen, um vor mehreren Dutzend Bürgern sowie Politikern und Vertretern lokaler Initiativen sein Konzept zu präsentieren. Es sieht die Verlängerung der S-Bahn-Trasse über Spandau hinaus nach Falkensee und weiter über Brieselang und Finkenkrug nach Nauen vor.

Während zwischen diesen Orten in Brandenburg zusätzliche Bahnhöfe geplant sind, würden die rot-gelben Züge zwischen Spandau und Westkreuz ohne Halt durchfahren, sodass sie auf Berliner Gebiet deutlich schneller unterwegs wären als die heutige S 5. Als Beispiele für die machbaren Fahrzeiten mit der „S 5 X“ nannte Buchner (jeweils ab Falkensee): zehn Minuten nach Spandau, 22 nach Charlottenburg, 26 zum Zoo und 33 zum Hauptbahnhof. Das sind zwar jeweils ein paar Minuten mehr als mit den RB- und RE-Zügen, aber die verlieren ihren Zeitvorteil, sobald man umsteigen muss, um beispielsweise nach Charlottenburg oder zum Savignyplatz zu kommen. Außerdem hätte die X-Bahn einen leicht zu merkenden 20-Minuten-Takt.

Strecke ist völlig ausgereizt

Die Rahmenbedingungen sind nach Auskunft der Bahn ohnehin ungeeignet für kühne Träume: Ein halbwegs regelmäßiger Abfahrtsplan der aktuell vier Regionalzuglinien (RB 10, RB 14 sowie RE 2 und RE 6) sei nicht zu machen, „denn die Strecke ist völlig ausgereizt“.

Das zeigt sich an den Abfahrtszeiten: So folgen einerseits zwei Regionalzüge Richtung Berlin mit nur sieben Minuten Abstand. Andererseits klafft selbst im morgendlichen Berufsverkehr in jeder Stunde eine 32-Minuten-Lücke, in der lediglich Fernzüge ohne Halt durch Falkensee rauschen.

Und da im Netz der Bahn der Fernverkehr den Regionalverkehr sticht, könnte sich das Taktproblem mit jedem neuen Fernzug weiter verschärfen. Hinzu kommt: Der Bahnhof Spandau, dessen vier Fernbahngleise sich schon jetzt allzu oft als Nadelöhr erweisen, würde dann noch stauträchtiger. Der Bahnhof wurde in den 1990ern neu gebaut, als Berlin und Hamburg nicht mit ICEs, sondern mit dem Transrapid verbunden werden sollten. Deshalb geriet der Bahnhof aus heutiger Sicht zu klein.

Auf der S-Bahn-Trasse zwischen Westkreuz und Spandau ist nach Auskunft der Bahn dagegen noch Luft für eine S 5 X. Wobei es später auch eine S 3 X oder S 9 X sein kann – je nachdem, welches Routenkonzept dann aktuell ist. S 3 (ab Erkner) und S 9 (ab Schönefeld) fuhren jahrelang nach Spandau, was zurzeit wegen der Arbeiten am Ostkreuz nicht möglich ist.

Möglichst viele zweigleisige Abschnitte

Aus dem Landratsamt des Havellandes war auf Nachfrage keine Stellungnahme zu bekommen. Für den Fahrgastverband Igeb sprach der Vizevorsitzende Jens Wieseke von einer „grundsätzlich guten Idee“, die allenfalls noch bei den Stopps in Berlin feinjustiert werden sollte. „Den Falkenseern muss man klipp und klar sagen: Sie können weiter vom Regionalexpress träumen“ – oder sich mit der S-Bahn als realistischer Alternative anfreunden.
Für die Express-S-Bahn empfiehlt Wieseke zugunsten der Pünktlichkeit möglichst viele zweigleisige Abschnitte. „Außerdem gehört ein Abzweig Falkenhagener Feld in das Gesamtpaket.“ Die sporadisch diskutierte Verlängerung der U-Bahn sei auf absehbare Zeit illusorisch.

Langfristig würde der Fahrgastverband das Express-Konzept auch für andere Strecken zwischen Stadtrand und City prüfen. Denn aus vielen Randbezirken kommen Pendler mit der S-Bahn nur relativ langsam ins Zentrum, während parallel Regionalzüge ohne Halt durchfahren.

Von den Achsen der Bahn ins Berliner Umland ist die ins Havelland die einzige ohne S-Bahn. Für entsprechend groß hält die Bahn das Potenzial der Fahrgäste, die sie gewinnen könnte. Entscheidende Unwägbarkeit für den Bau der neuen Trasse ist die Finanzierung: Sowohl Bahn als auch Landkreis verweisen auf die Brandenburger Landesregierung.

Nach Auskunft des Potsdamer Infrastrukturministeriums laufen zurzeit „Korridor-Untersuchungen“ des Verkehrsverbundes VBB im Auftrag der beiden Landesregierungen. „Da wird der gesamte öffentliche Nahverkehr in Berlin und Brandenburg in den Blick genommen“ – also die Fahrgastpotenziale und Umsetzungsmöglichkeiten auch für andere Strecken, die seit Jahren diskutiert werden, etwa die Verlängerung der S-Bahn nach Velten, Kleinmachnow und Stahnsdorf sowie der Wiederaufbau der Stammbahn nach Potsdam.

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