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Immer wieder Alarm in der Großsiedlung.

© pa/dpa

Update

„Wir installieren jetzt Videokameras“: Wird der Brandstifter aus der Berliner Großsiedlung endlich erwischt?

Immer wieder brennt es in einem Spandauer Kiez. Die Anwohner sind dauergestresst. Die Polizei fahndet. Die Gewobag trifft nun eine Entscheidung.

In der Berliner Großsiedlung Heerstraße Nord werden jetzt Videokameras installiert. So wollen das Wohnungsunternehmen Gewobag und die Berliner Polizei den kriminellen Feuerteufel finden, der die 20.000-Leute-Siedlung am Berliner Stadtrat seit Monaten terrorisiert. Stecken womöglich sogar mehrere Täter dahinter?

"Wir werden jetzt Videokameras in der Siedlung einsetzen. Das halten wir für wirksamer als den Einsatz des Wachdienstes", sagte Gewobag-Sprecherin Anne Grubert auf Anfrage dem Tagesspiegel-Newsletter für Spandau.

"Die Entscheidung für die Videokameras ist gerade eben gefallen und wird von der Polizei begrüßt. Gemeinsam besprechen wir jetzt die Standorte. Es wird natürlich Schilder geben, dass der Bereich videoüberwacht wird..“ Am Donnerstag gab es erneut eine Krisenrunde vor Ort.

Erst in der Nacht hatte es wieder gebrannt: Schon wieder loderten Flammen im Keller, diesmal am Blasewitzer Ring – diesmal sogar zeitgleich in mehreren Kellern. Verletzte gab es zum Glück nicht, aber die Nerven liegen blank im Westen Berlins.

"Wir überlegen jeden Tag, wie wir die Sicherheit erhöhen können. Es geht aus unserer Sicht aber nur gemeinsam mit der Polizei. Wir sind eine Wohnungsbaugesellschaft, und da brennen unsere Häuser. Wir haben daher selbst größtes Interesse, dass das endlich vorbei ist. Wir haben die Reinigung jetzt im Viertel massiv aufgestockt und sind jetzt drei Tage pro Woche im Dauereinsatz. Wir sammeln dort Tonnen Müll ein", sagte die Sprecherin der Gewobag dem Tagesspiegel.

Kernproblem bleibt der Zugang zu den Häusern: Oft seien Türen nicht geschlossen, kämen Menschen viel zu leicht ins Haus. Wenn Schlösser zu Müllräumen aufgebrochen seien, erneue man die Schließanlage - aber die sei oft schnell erneut kaputt.

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Die Gewobag hat den Einsatz eines Wachdienstes geprüft, glaubt aber weiterhin nicht, dass der effektiv genug sein kann - dafür sind es einfach viel zu viele Türen, Keller, Flure. Außerdem ist die Großsiedlung sehr verwinkelt. Es sei enorm viel Personal nötig, wenn zwischen 23-6 Uhr quasi alle Türen bewacht werden müssten - zumal es auch tagsüber brennt.

Nach Tagesspiegel-Informationen soll es um mehr als 50 Kameras gehen, die beantragt werden. Der Fall hat auch das Abgeordnetenhaus erreicht und ist dort bekannt. Die Kameras werden aber natürlich nicht auf öffentlichen Straßen hängen, sondern an den Hauseingängen.

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20.000 Menschen wohnen in den Mietshäusern am westlichen Berliner Stadtrand. 75 Brandstiftungen wurden neulich gezählt - mittlerweile müssen es 80 sein. Die Kriminellen bringen andere Familien immer wieder in Lebensgefahr und um den Schlaf. Technik, Internet und Fahrstühle fallen aus – bei Häusern mit 17 Stockwerken eine besonders üble Folge.

Polizei vermutet offenbar ganze Jugendgruppe hinter den Taten

Die Polizei ist bereits seit Monaten engagiert und ermittelt mit verdeckten Fahndern und mit sichtbaren Polizisten. Alle bisher bekannt gewordenen Feuerteufel, die dort in der Siedlung leben, wurden von der Polizei besucht („Gefährderansprache“). Es gab Festnahmen von Jugendlichen, doch die Feuer loderten weiter. Das Info-Mobil der Polizei ist oft vor Ort, es kleben Zettel an den Hauseingängen, doch bitte, bitte die Türen abzuschließen. Und für Hinweise, die zur Ermittlung des oder der Täter führen, wurde eine Belohnung in Höhe von bis zu 1000 Euro ausgelobt. Bislang ohne Erfolg.

Wie die "B.Z." am Donnerstag berichtete, geht die Polizei inzwischen nicht mehr unbedingt von einem Einzeltäter aus. Demnach fahnde die eigens eingesetzte Ermittlungsgruppe „Quartier“ nach einer Jugendgruppe aus mehr als 20 möglichen Tätern im Alter von 13 bis 20 Jahren. Das Landeskriminalamt verfüge demnach über "sichere Erkenntnisse über die Tätergruppe", nur seien die Ergreifung und der Nachweis der Taten schwierig.

Der Zeitung zufolge bittet die Ermittlungsgruppe um Zeugenhinweise unter der Telefonnummer 030/4664-912112, per E-Mail an lka12egquartier@polizei.berlin.de oder an die Internetwache der Berliner Polizei.

Bürgermeisterin berichtet von Bürgerwehr

"Ich hoffe, dass die Polizei hier bald erfolgreich sein wird und den beziehungsweise die weiteren Täter zu fassen bekommt", sagte Spandaus Bürgermeisterin Carola Brückner am Donnerstag im SPD-Parteimagazin "Vorwärts und berichtet darin ausführlich über die Zustände in der Siedlung. "Ich kann die Forderungen nach einer Videoüberwachung im öffentlichen Raum und auch danach, den ehemaligen privaten Sicherheitsschutz wieder zu reaktivieren, nachvollziehen."

Die Bürgermeisterin berichtet, dass es sogar schon eine Art Bürgerwehr gab. "Absolut warnen möchte ich davor, das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen zu wollen und zu einer sogenannten 'nachbarschaftlichen Wache' aufzurufen, wie es leider schon geschehen ist. Dies kann sehr schnell in die falsche Richtung laufen."

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Die Anwohner sind permanent gestresst und melden sich seit Wochen beim Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel. Wenn sie im nachts die Sirenen der Feuerwehr hören, schrecken sie hoch: „Brennt’s bei uns im Hausflur?“ Wer seine Großeltern dort hat oder mit Kindern dort lebt, erträgt das alles noch viel weniger. Tote gab es zum Glück bisher nicht.

"Tragehilfen", weil die Fahrstühle im Hochhaus ausfallen

Weil die Fahrstuhle durch die Feuer kaputt gehen, hat die die Gewobag sogar „Tragehilfen“ organisiert, „um mobilitätseingeschränkte Bewohnerinnen und Bewohner bei der Bewältigung des Alltags zu unterstützen“, wie neulich im Abgeordnetenhaus berichtet wurde. Auch da ist die monatelange Brandserie Thema.

Bürgermeisterin: "Erschreckende Zustände"

Heerstraße Nord, tief im Westen Berlins.
Heerstraße Nord, tief im Westen Berlins.

© Kai-Uwe Heinrich

"Die Zustände waren erschreckend", berichtet Bürgermeisterin Brückner nach einem Besuch vor Ort. "Es gibt in den Außenanlagen zu viele Ecken, die nicht beleuchtet sind. Die laden gerade dazu ein, dass Menschen, die nichts Gutes im Sinn haben, dort ihren Platz finden. Die Vermüllung der Außenanlagen, aber auch der Häuser selbst ist extrem hoch und die Wohnungsgesellschaften sind offenbar nicht so erreichbar, wie sie es sein sollten." Deshalb räumt die Gewobag jetzt stärker auf. Dabei soll's aber nicht bleiben.

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"Es geht auch um die schnelle Beseitigung von Mängeln, wie defekte Beleuchtung und Türschlösser in den Häusern. Wer fühlt sich denn in solch stockdunklen Ecken sicher? Meines Erachtens fehlen Hausmeister, die zum Beispiel auch kleinere Reparaturarbeiten übernehmen könnten und auf Ordnung und Sauberkeit achten", so Brückner. "Die Idee aus der eingangs genannten Gesprächsrunde, ein Willkommenscafé für neue Mieterinnen und Mieter anzubieten, finde ich sehr gut."

Schon vor zwei Monaten hatte es einen großen Krisengipfel mit Polizei, Gewobag, Staatssekretärin und Spandaus Bürgermeisterin Carola Brückner, SPD, gegeben – doch das fanden nicht alle Anwohner ertragreich. „Es wurden 1000 Unterschriften digital überreicht, für einen Sicherheitsdienst mit klaren Befugnissen“, berichteten Anwohner hinterher im Tagesspiegel. Auch die Kommunikation sei nicht gut: „Wir wünschen uns Flyer mit Erreichbarkeitsinfos, zeitnahe Reparaturen defekter Eingangstüren, Beleuchtung in dunklen Ecken und klare Ablaufpläne im Falle von Bränden.“ Teilnehmende fühlten sich in der Runde abgewimmelt und waren enttäuscht („Alle hatten sich mehr konkrete Hilfe erhofft“).

1000 Unterschriften und 1000 Euro Belohnung

Das sah Spandaus Bürgermeisterin Carola Brückner, SPD, anders. Dem Tagesspiegel sagte sie schon da nach dem Krisentreffen: „Wir haben uns auf verschiedene Prüfungen verständigt, zum Beispiel die Förderung von Kiezläufern oder Eröffnung eines Willkommenscafes für neue Mieterinnen und Mieter. Auch ist zum Beispiel der Wunsch geäußert worden, den Wachschutz zu reaktivieren und ihn für eine bestimmte Zeit zu erproben.“ Dafür hatten sich vor allem die Linken in Staaken stark gemacht. Auch die Grünen in Spandau schlugen vor jüngst vor, so einen Wachschutz einzusetzen. Jetzt aber fiel die Entscheidung für die Videokameras.

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