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Der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf, René Rögner-Francke, an seinem Schreibtisch im Rathaus Zehlendorf.

© Anett Kirchner

René Rögner-Francke, der Vorsteher der BVV Steglitz-Zehlendorf, im Porträt: Das Salz in der parlamentarischen Debatte

Lebendige Diskussionen schätzt er, Buh-Rufe und Beifall aus dem Publikum unterbindet er und Zwiegespräche vom Rednerpult aus ahndet er: Seit zwölf Jahren leitet René Rögner-Francke die Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Sie ist für ihn ein wertvoller Teil der parlamentarischen Demokratie.

Er trägt immer Anzug und Krawatte, begrüßt die meisten Anwesenden im Sitzungssaal persönlich mit Handschlag. Das gebietet ihm die Würde des Amtes und des Hauses, wie er sagt. Ansonsten versucht René Rögner-Francke (CDU), dezent zu bleiben, sich selbst nicht wichtig zu nehmen. Und das, obwohl er auf dem höchsten Stuhl im Bürgersaal des Rathauses Zehlendorf sitzt. Von dort hat er den Überblick über die Bezirksverordneten von Steglitz-Zehlendorf. Seit 2006 ist er Vorsteher der BVV, wurde inzwischen zwei Mal in diesem Amt bestätigt und füllt es damit hier im Bezirk bisher am längsten aus.

Dass ihm die BVV von Steglitz-Zehlendorf viel bedeutet, ist vergleichsweise schnell in seinem Büro in der Kirchstraße zu erkennen. Es wirkt wie ein Archiv. Zahllose Aktenordner stapeln sich auf seinem Schreibtisch, liegen auf dem Boden und auf Stühlen. "Bloß nicht wegschmeißen", sagt er schnell und greift zu einem bestimmten Ordner - schon ein etwas älteres Modell. Behutsam öffnet er ihn, blättert penibel Seite um Seite: "Das ist Goldstaub in meinen Händen, Geschichte zum Anfassen", schwärmt Rögner-Francke.

"Ein Choleriker hat auf diesem Platz nichts zu suchen"

Auf vergilbtem Papier ist mit Schreibmaschine getippt die Zusammensetzung der BVV Steglitz (vor der Bezirksfusion). Das Datum: 20. Oktober 1946. Die Aktenordner in seinem Büro dokumentieren ein Stück Zeitgeschichte des Bezirkes. Jahrzehntelang lagen sie unten im Keller. Tief atmet der BVV-Vorsteher durch und zieht die Augenbrauen hoch. Weil es ihm wichtig ist, die Unterlagen der Nachwelt zu erhalten, möchte er sie jetzt ins Landesarchiv Berlin geben. Und: aus Respekt vor den Bezirksverordneten, die sich vor seiner Zeit um die Kommunalpolitik im Berliner Südwesten kümmerten.

Den BVV-Vorsteher stellt jeweils die stärkste Fraktion im Bezirksparlament, und er wird in geheimer Wahl festgelegt. Wenn René Rögner-Francke die monatliche BVV-Sitzung im Bürgersaal leitet, fällt er die meiste Zeit kaum auf und wirkt souverän. Bislang hat er noch nie jemanden des Saales verwiesen. "Ein Choleriker hat auf diesem Platz nichts zu suchen", findet er und sieht seine Aufgabe vor allem darin, ausgleichend zu wirken, zwischen den Interessen der Fraktionen und des Bezirksamtes zu moderieren, bestenfalls unparteiisch zu sein. "Ob es mir gut gelingt, müssen andere beurteilen", fasst der 62-Jährige zusammen.

Seit 2006 leitet René Rögner-Francke die Geschicke des Bezirksparlaments.
Seit 2006 leitet René Rögner-Francke die Geschicke des Bezirksparlaments.

© Anett Kirchner

Was ihn in Sitzungen ärgert, seien Zwiegespräche. Dann greift er gelegentlich zu seiner Handglocke und mahnt zur Besonnenheit. "Ich habe nichts gegen einen schmissigen Zwischenruf, denn der ist das Salz in der parlamentarischen Debatte", beschreibt er. Gleichwohl sollte dem Redner die Möglichkeit gegeben werden, seine Gedanken zu ordnen. In der Regel entscheide er intuitiv, wie weit Wortgefechte gehen sollten. Auch die Art und Weise sei ausschlaggebend. Etwa Beschimpfungen oder Beleidigungen empfinde er nicht als zuträglich. Auch Beifall oder Buh-Rufe aus dem Publikum seien nicht gestattet. So regle es die Geschäftsordnung der BVV und das finde er auch persönlich richtig.

Kein Druck von außen

Im Sitzungssaal dürfe kein Druck von außen auf die Bezirksverordneten einwirken. Sie müssten frei entscheiden. "Sonst laufen wir Gefahr, dass das freie Mandat beeinflusst wird", erläutert er. Innerhalb der Fraktionen indes ist Beifall erlaubt. Das sei das Primat der gewählten Volksvertreter.

Dass er selbst an Debatten nicht teilnehmen kann, stört René Rögner-Francke nicht. Denn in den Fraktionssitzungen beteilige er sich durchaus an Diskussionen. Ihm sei wichtig, etwas im Kleinen zu bewirken, etwa finanzielle Zuschüsse zu akquirieren, Kontakte herzustellen und Informationen weiterzugeben. Dabei denkt er an Projekte und Vereine, die ihm am Herzen liegen, etwa im Katastrophenschutz, in der Lebensrettung oder bei Kleingartenvereinen.

Hinzu kommt, dass er auch andere Perspektiven der BVV und des Bezirksamtes kennt. Unter anderem war er schon Baustadtrat, Ausschussvorsitzender, Fraktionsvorsitzender.

Sein Vater war Mitbegründer der Freien Universität

Dass er bereits mit 19 Jahren in die CDU eintrat, habe vor allem mit seinem Vater zu tun. René Rögner-Francke wurde 1956 geboren, wuchs zuerst in Schlachtensee und später in Lichterfelde auf. Heute wohnt er gemeinsam mit seiner Frau in Wannsee. Sein Vater war einst Mitbegründer der Freien Universität (FU) Berlin, ebenfalls CDU-Mitglied und arbeitete im Bundespresseamt. Er habe sich sehr viel mit seinen drei Kindern beschäftigt, schon früh mit ihnen über politische Ereignisse gesprochen und Wissen vermittelt. Dieses liberal-konservative Elternhaus habe seine Kindheit geprägt.

So entstand bei René Rögner-Francke der Wunsch, sich einzubringen. Er engagierte sich im Vorstand der Jungen Union Steglitz, war CDU-Ortsvorsitzender in Lichterfelde und zog 1981 in die BVV Steglitz ein. Seit 1983 arbeitet er in der Verwaltung im Abgeordnetenhaus Berlin, ist inzwischen Referatsleiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit. Aus seiner Passion habe er eine Profession machen können, betrachte seinen Arbeitsplatz als Privileg. Denn wie sein Vater will auch er anderen Menschen politisches Wissen vermitteln: "Ich bin ein Verfechter der parlamentarischen Demokratie."

Die BVV sei dafür eine wertvolle Institution. Sie bilde das kommunale Kontrollgremium für das Bezirksamt. Neben der Leitung der BVV-Sitzungen kümmert sich der Vorsteher auch um die Geschäfte im BVV-Büro, etwa den gesamten Schriftverkehr. Zudem verleiht er die Bezirksmedaille, ehrt verstorbene BVV-Mitglieder und wird als Gastredner zu Jubiläen oder Gedenkveranstaltungen eingeladen. Und so brennt in seinem Büro in der Kirchstraße in Zehlendorf abends häufig noch Licht, "wenn ich eine Laudatio schreibe oder in Aktenordnern die Geschichte des Bezirkes atme", sagt er etwas pathetisch. Wie bei den Bezirksverordneten ist auch die Arbeit des BVV-Vorstehers ehrenamtlich.

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