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Eine Rosskastanie wird im Garten der Liebermann-Villa gepflanzt. Im Juni diesen Jahres war die alte Kastanie, die an derselben Stelle von Liebermann selbst im Jahr 1910 gepflanzt wurde und die er mehrfach gemalt hatte,umgestürzt.

© dpa

Update

Berlin-Zehlendorf: Eine neue Kastanie für den Garten Max Liebermann in Wannsee

Im Juni war die 120 Jahre alte Kastanie im Liebermann-Garten in Wannsee plötzlich umgekippt. Jetzt wurde in Ketzin ein Ersatzbaum gefunden. Am Donnerstag wird er an der alten Stelle in sein Erdloch gehoben.

Am Anfang war das Loch, in diesem Fall etwa vier mal vier Meter im Umfang und 60 Zentimeter tief, eine klaffende Wunde im gepflegten, nun doch sehr herbstlichen Grün des Liebermann-Gartens in Wannsee. Immerhin war es am gestrigen Mittwoch noch mit einem Sichtschutz umgeben. Den Besuchern des Anwesens in der Colomierstraße, gekommen, die Schönheit der Bilder Liebermanns, seines Hauses und Gartens zu genießen, wollte man Baustellenambiente offenbar möglichst ersparen.

An diesem Donnerstagvormittag aber wird der Sichtschutz entfernt sein, und die Gäste, die sich dann eingefunden haben, wollen gerade die anstehenden Erd- und Pflanzarbeiten sehen: Nach fünf Monaten erhält der Garten Ersatz für die 120 Jahre alte, noch vom Maler gepflanzte Rosskastanie, die Mitte Juni, ohne dass ein starker Wind gepustet hätte, eines Nachts umgekippt war – von Pilzbefall und Baumfäule dahingerafft.

Eine berühmte Kastanie am Wannsee, dahingerafft von Pilzbefall und Baumfäule, fiel am 17. Juni 2014 im Garten der Liebermann-Villa einfach um.
Eine berühmte Kastanie am Wannsee, dahingerafft von Pilzbefall und Baumfäule, fiel am 17. Juni 2014 im Garten der Liebermann-Villa einfach um.

© Liebermann-Villa

Der neue Baum ist 15 Jahre alt, fast sieben Meter hoch - so einer ist nicht günstig

Am Mittwoch war der neue Baum mit seinem Pflanzballen noch vor dem Grundstück abgestellt, rund 15 Jahre alt, fast sieben Meter hoch, mit einem Stammumfang von 50 Zentimetern, die blattlosen Äste zusammengebunden. Der Stamm an einer Stelle mit einem Punkt markiert, er soll ja nicht irgendwie ins Loch gewuchtet werden, sondern möglichst dekorativ positioniert, was gestern per Radlader schon mal probehalber durchgespielt wurde.

Damit der Baum nicht die Pilze und Bakterien seines Vorgängers erbt, wurde das Erdreich ausgetauscht, die alten Wurzeln soweit möglich entfernt, die Grube mit Unterboden und Pflanzsubtrat aufgefüllt. Kein ideales Verfahren: Neupflanzungen an alten Standorten meiden Gärtner möglichst, aber in diesem Fall hatte eben Liebermann den Standort vorgegeben, da war nichts zu machen.

Einfach solch einen Baum ins Loch stellen und zuschippen, geht allerdings nicht, selbst wenn der Neuling, wie in diesem Fall, gegenüber dem 18 Meter hohen Original fast ein Winzling ist. Der erste Sturm könnte ihn wieder umdrücken. Baumanker helfen da weiter, unsichtbar wegen der Dekorativität. Drei Stück werden neben dem Wurzelballen ins Erdreich getrieben, durch Spanngurte verbunden, die den jungen Baum fixieren, bis er sich mit den Wurzeln im Erdreich festgekrallt hat. Nach etwa drei Jahren können die Gurte durchtrennt werden, der Baum sollte dann genügend eigenen Halt gefunden haben.

All die Spenden reichten sogar für noch etwas anderes

Rund 15.000 Euro koste die Baumpflanzung, berichtet Museumsleiter Martin Faass, woran der Baum selbst, der in einer Baumschule in Ketzin gefunden wurde, noch den geringsten Anteil habe. Finanziert wurde die Aktion durch Spenden, unter anderem vom Kulturgut-Baum-Fonds der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie zahlreichen privaten Spendern, die zu der Pflanzaktion eingeladen wurden. Das Geld reichte damals sogar noch aus, um eine Kopie der in der NS-Zeit verschwundenen Sonnenuhr herstellen zu lassen, die den Garten einst schmückte.

Das Umkippen der 1910 gepflanzten, weiß blühenden Rosskastanie, die nun durch ein Exemplar derselben Art ersetzt wird, war um so ärgerlicher, als kurz zuvor die Rekonstruktion des Liebermann-Gartens abgeschlossen worden war. Er präsentiert sich jetzt so, wie Liebermann und sein Freund Alfred Lichtwark, Direktor der Hamburger Kunsthalle, ihn konzipiert hatten, mit der Kastanie in der Achse zwischen Terrasse und Heckengärten. Die ist dort von Liebermann wiederholt gemalt worden, hatte sich allen Anfechtungen bis zuletzt widersetzt, blieb sogar von der Miniermotte verschont. Ob dies auch dem Nachfolger gelingt, bleibt abzuwarten. Leider haben die Raupen der Motte die Blätter der Rosskastanien zum Fressen gern. Aber das konnte Liebermann ja nicht ahnen.

Die Liebermann-Villa in der Colomierstraße 3 in Wannsee ist in der Wintersaison täglich (außer dienstags) von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 6 Euro (erm. 4 Euro). Kinder bis 14 Jahre zahlen nichts. Die Baumpflanzung findet an diesem Donnerstag um 10 Uhr statt. Informationen unter www.liebermann-villa.de.

Wie Liebermann und Slevogt den Krieg sahen
"Im Banne der Verwüstung. Max Liebermann, Max Slevogt und der Erste Weltkrieg“ heißt eine kürzlich in der Liebermann-Villa eröffnete, bis 9. März dauernde Ausstellung. In Zeichnungen, Druckgraphiken und Gemälden aus den Kriegsjahren zeigt sie die Haltung der beiden Maler zum Krieg, den beide anfangs begrüßten.

Liebermann, zu alt fürs Militär, nahm mit patriotischen Lithographien für Paul Cassirers Zeitschrift „Kriegszeit. Künstlerflugblätter“ an der anfänglichen Kriegseuphorie teil. Der „Jetzt wollen wir sie dreschen!“Gestus wich schnell ruhigen Szenen aus dem Soldatenalltag, dessen Grauen an der Front Liebermann nie kennenlernte.

Max Slevogt reiste im Herbst 1914 mit offizieller Genehmigung, doch auf eigene Kosten und Gefahr als Kriegsmaler an die Westfront. Die wenigen Wochen dort genügten, um ihn von aller Kriegsbegeisterung zu kurieren. In der Folge schuf er Lithographien voller Düsternis, die eher an Goya als an Dix erinnern.

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