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Beißt sich das? Im Schlachtensee wird gern gebadet – aber ein Teil gehört (noch) zum Hundeauslaufgebiet.

© Cay Dobberke

Berlin-Zehlendorf: Hundeverbot am Schlachtensee

Ab Mitte Mai dürfen an den Ufern des Schlachtensees und der Krummen Lanke keine Hunde mehr ausgeführt werden. Das Bezirksamt will Konflikte mit Badegästen, Gesundheitsgefahren und Schäden an der Natur vermeiden. Veterinäre bestreiten gesundheitliche Risiken.

Im Hundeauslaufgebiet Grunewald müssen sich viele Hundehalter neue Wege für Spaziergänge mit ihren Tieren suchen. Ab dem 15. Mai ist es auf allen Uferwegen rund um den Schlachtensee, die Krumme Lanke und das kleine Riemeisterfenn verboten, Hunde auszuführen. Das hat das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf am 6. Januar beschlossen, wie erst jetzt bekannt wurde. Die Entscheidung ist umstritten – aber die Würfel scheinen gefallen.

Die Grenze des Auslaufgebiets verläuft künftig oben an den Hängen um die Gewässer.

Hunde sind nur noch neben den Uferwegen erlaubt

Bisher gehörten die nordwestlichen Ufer auf der Waldseite dazu, der Südosten nahe der S-Bahn nicht. Dort herrscht bereits Leinenzwang. An Badestellen wie der Liegewiese am S-Bahnhof Schlachtensee verkünden Schilder ein „Mitnahmeverbot“ für Hunde. Künftig dürfen diese nur noch auf einem unterschiedlich breiten Streifen neben den Wegen angeleint laufen (eine Grafik finden Sie im unten verlinkten Merkblatt).

Das Auslaufgebiet schrumpfe um vier Prozent, bleibe aber mit rund 720 Hektar Fläche das größte Europas, heißt es. Als Hundebadestelle stehe weiterhin der Grunewaldsee zur Verfügung.

Badegäste beschweren sich – aber sind es viele?

Schon im vorigen Sommer hatten Umweltstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne) und Berlins Stadtentwicklungsstaatssekretär Christian Gaebler bei einem Rundgang deutlich gemacht, dass sich etwas ändern müsse. Die zwei Badeseen sollen nicht wie der Grunewaldsee enden. An den Ufern im Auslaufgebiet gebe es „erhebliche Konflikte“. Oft fühlten sich Badegäste oder Spaziergänger ohne Hunde durch freilaufende und schwimmende Hunde belästigt.

Bei Bezirks- und Senatsbehörden „gehen weiterhin Beschwerdebriefe ein“, schreibt die Verwaltung, ohne deren Zahl zu nennen. Beim Rundgang hatte der Umweltamtsleiter ein paar sehr kritische Briefe aus der Bevölkerung in einem Ordner dabei. Prall gefüllt schien dieser aber nicht. Ein Hundehalter aus Lichterfelde, der seit Jahren mit seinem Hund am Schlachtensee unterwegs ist, erinnert sich nicht an nennenswerten Ärger.

Laut Bezirksamt werden Badegäste, vor allem Kinder, durch Hunde-Parasiten wie Larven des Hundebandwurms (Toxocara) gesundheitlich gefährdet. Hundekot gelange durch Regen auch ins Wasser. Die Senatsgesundheitsverwaltung habe dringend empfohlen, das Berliner Hundegesetz „eng auszulegen“. Das Gesetz untersagt es, die Tiere an gekennzeichneten Badestellen mitzuführen.

Was fast niemand weiß: Seit 2006 gilt der ganze Schlachtensee nach der EU-Badegewässerverordnung als Badestelle – selbst dort, wo kein Schild steht. Hunde dürfen eigentlich nirgends mehr in den See springen, auch nicht am bisherigen Rand des Auslaufsgebiets. Durch „veraltete Informationen von Berliner Dienststellen“ sähen sich Halter badender Hunde aber im Recht, gibt das Bezirksamt zu.

Reaktionen auf einen Tagesspiegel-Bericht darüber bestätigten dies: Viele Leser waren überzeugt davon, das stimme nicht.

Tierärzte widersprechen

Und was ist mit den behaupteten gesundheitlichen Risiken? Die Veterinärin und Geschäftsführende Direktorin der Tierklinik Düppel, Barbara Kohn, sieht durch badende Hunde „kein akutes Risiko für den Menschen“. Der Bezirk solle erst einmal „die konkrete Gefährdung mit Studien und Daten belegen“, bevor etwas beschlossen wird. Im Übrigen würden ja ohnehin nur gesunde Hunde fröhlich ins Wasser springen..

Der Zehlendorfer Tierarzt Harald Brieger sieht es ähnlich. „Die Krankheiten, gegen die alle Hunde heute geimpft werden, gehen nicht auf den Menschen über“, sagt er. Die Gefahr durch Spulwürmer sei minimal, ,„zumal Hunde nicht im Wasser koten“. Würmer hätten auch Wildtiere, die man weder an die Leine nehmen noch in einem Auslaufgebiet beschränken könne. 

Als dritten Grund für das Hundeverbot nennt das Amt „Erosionen“ an den Hängen durch wühlende Hunde. Im Sommer hatten Markl-Vieto und Gaebler auch Schäden direkt am Ufer gezeigt, die das Umweltamt auf Hunde zurückführt.

Die bezirkliche SPD-Fraktion kritisiert, Hundehalter würden „drangsaliert“, jeder Sonntagsspaziergang mit Familie und Hund „wird unmöglich gemacht“. Laut Fraktionschef Norbert Buchta lehnt Stadträtin Markl-Vieto mehrere SPD-Anträge „für ein friedliches Miteinander von Badegästen, Hundebesitzern und und anderen Besuchern“ an Steglitz-Zehlendorfer Seen ab. Dabei sei es um Hundekotbeutel-Stationen sowie um eingezäunte Hundeausläufe in Parkanlagen gegangen, die die Seen entlastet hätten. In der BVV-Sitzung am Mittwoch will die SPD über das Thema diskutieren.

Doch sie kann den Beschluss nicht kippen. Und das liegt nicht nur an der schwarz-grünen Mehrheit in der BVV. Stadträtin Markl-Vieto sagte dem Tagesspiegel, der mit Senatsbehörden abgestimmte Bezirksamtsbeschluss sei nicht zustimmungspflichtig. Deshalb erhielten die Fraktionen auch nur eine „Vorlage zur Kenntnisnahme“.

„Es war doch nur ein Prüfauftrag“

Andererseits beruht die Entscheidung auf einem einstimmigen BVV-Antrag aus dem Jahr 2010, wonach das Bezirksamt „ersucht wird zu prüfen, wie die Badestellen und an der Krummen Lanke von Hunden freigehalten werden können“. Norbert Buchta sagt dazu: „Das war doch nur ein Prüfauftrag“, es sei nicht um ein totales Verbot auf allen Uferwegen gegangen. „Wir sind aus allen Wolken gefallen.“

Es gibt auch noch einen alten BVV-Antrag aus dem Jahr 2003, in dem ausgerechnet die SPD gefordert hatte, die Uferwege und -zonen am Schlachtensee und an der Krummen Lanke „weiträumig“ vom Hundeauslaufgebiet auszunehmen. Der damalige SPD-Stadtrat Uwe Stäglin habe es sogar halbieren wollen, sagt Stadträtin Markl-Vieto.

Allerdings beruhte jener SPD-Antrag auf einer anderen Gesetzeslage, im Jahr 2003 waren Hunde an Badestellen noch nicht grundsätzlich tabu.

Bürger dürfen sich äußern, aber das meiste steht wohl fest

Im Sommer hatten Gaebler und Markl-Vieto angekündigt, es werde „natürlich einen Dialog mit den Bürgern geben“. Tatsächlich plant das Umweltamt einen Informationsabend im April und will Bürgerfragen auf seiner Webseite beantworten. Bald sollen Merkblätter am See verteilt werden. Von Mitbestimmung ist aber nicht die Rede.

- Der Beschluss und das Merkblatt für Hundehalter im Wortlaut als pdf-Datei:

Die Autoren gehören zur Tagesspiegel-Redaktion. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten.

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