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Michael Braun, seit 1995 Mitglied im Abgeordnetenhaus, seit 2009 Vize-Landeschef der Berliner CDU

© Anett Kirchner

CDU-Landesvize Michael Braun über Steglitz-Zehlendorf: "Mein Vorschlag: Ein Kino für die Dahlemer Museen"

Michael Braun sagt, dass er auch im Berliner Südwesten sieht, "dass die Stadt arm ist". Der CDU-Landesvize schwärmt im Interview über seine Heimat Zehlendorf, sieht aber auch Probleme im Bezirk und erinnert sich an seinen Rücktritt als Justizsenator.

Michael Braun (CDU) ist in Zehlendorf aufgewachsen, hat am Arndt-Gymnasium in Dahlem sein Abitur gemacht und an der Freien Universität (FU) Rechtswissenschaft studiert. Er ist vor allem deshalb bekannt geworden, weil er 2011 nach nur zwölf Tagen im Amt als Senator für Justiz und Verbraucherschutz um seine Entlassung gebeten hatte. Grund: Ihm wurde vorgeworfen, als Notar in Geschäfte mit Schrottimmobilien verwickelt gewesen zu sein. Die Berliner Justiz hat ihn nach eingehenden Prüfungen entlastet. Michael Braun arbeitet heute nach wie vor als Rechtsanwalt und Notar, seit 1995 ist er Mitglied im Abgeordnetenhaus, seit 2009 Vize-Landeschef der Berliner CDU. Außerdem war er acht Jahre lang Kreisvorsitzender der Christdemokraten in Steglitz-Zehlendorf. Aus familiären Gründen wohnt er inzwischen in Friedenau, sein Wahlkreis ist jedoch weiterhin Zehlendorf. Wir haben Michael Braun besucht.

Was bedeutet Ihnen Zehlendorf?

Es ist meine Heimat, und ich finde, dass dieser Bezirk mit seiner Wald- und Seenlandschaft einmalig in Europa ist. Viele Straßen und Parks wurden bewusst angelegt. So hat sich hier eine besondere Form von Stadtkultur entwickelt. Wenn Sie Touristen fragen, welche Stadtteile sie in Berlin kennen, werden häufig zuerst Kreuzberg und dann gleich Wannsee genannt. Beispielsweise das Strandbad Wannsee ist neben dem Lido in Venedig der größte städtische Strand in Europa. Und was ich jedem empfehlen kann, ist ein Kaffee auf der Terrasse hinter dem Haus am Waldsee in der Argentinischen Allee; einer meiner Lieblingsplätze in Zehlendorf. Wenn ich dort sitze, auf den See schaue und die Kunst im Garten sehe, einfach wunderschön.

Und welche Entwicklungen im Berliner Südwesten bereiten Ihnen Sorgen?

 Auch hier merke und sehe ich, dass diese Stadt arm ist. Nehmen wir den Zustand der Straßen: Kürzlich erzählte mir eine Bekannte, die täglich über die Bismarckstraße in Wannsee fährt, dass die Achsen ihres Autos derart kaputt seien, dass sie den Wagen jetzt verschrotten musste. Oder wenn ich mir das Arndt-Gymnasium in Dahlem anschaue. Dort habe ich 1974 mein Abitur gemacht. Die Schule sieht heute immer noch aus wie damals. Das Gebäude wurde - zumindest äußerlich - offensichtlich nie saniert. Der Verfall der öffentlichen Infrastruktur wird immer deutlicher.

Was sagen Sie zu dem Sanierungsstau an Schulen in Steglitz-Zehlendorf?

Wir müssen davon wegkommen, dass sich jetzt Politiker, Lehrer und Eltern gegenseitig beschimpfen. Das hilft nicht. Ganz offensichtlich ist da etwas sehr falsch gelaufen; vor allem fehlte die Kommunikation. Aber immer nur nach den Fehlern zu suchen und zu klagen, macht keinen Sinn. Die Aufgabe von Politikern ist es, Lösungen anzubieten, nicht etwa, einen Zustand ständig zu beschreiben. Ich erwarte, dass jetzt eine Analyse der Situation gemacht, dann am besten gemeinsam mit den Eltern ein Plan entwickelt wird, um anschließend Schritt für Schritt den Sanierungsstau abzubauen. Und was auch noch klar sein sollte: Bildung ist in erster Linie die Aufgabe des Senates, der Bezirk hat darauf vergleichsweise wenig Einflussmöglichkeiten.

Welche konkreten Ideen hätten Sie, um den Verfall der Infrastruktur im Bezirk aufzuhalten?  

Ich bin im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses, mir ist also die kulturelle Entwicklung wichtig, deshalb fallen mir spontan die Dahlemer Museen und das Schlosspark Theater ein. Warum gibt der Bezirk das Gutshaus Steglitz nicht endlich ab? Das Gebäude bildet eine Einheit mit dem Schlosspark Theater. Man könnte dort ein Gesamtkonzept entwickeln, mit Restaurant und Ausstellung. Die Besucher des Theaters würden dann nach den Vorstellungen länger verweilen. Wir müssen alles tun, damit Dieter Hallervorden mit seinem Schlosspark Theater erfolgreich bleibt, sonst wird dort eines Tages ein Supermarkt eröffnen. Und mein Vorschlag für die Dahlemer Museen wäre ein großes Kino. Im Umfeld müsste die Infrastruktur verbessert werden, für junge Leute, für die Studenten der FU; mit Geschäften, Bars und Wohnheimen. Das ist ein Wissenschaftsstandort mit Tradition und viel Platz, optimal für die Jugend unserer Stadt. Wo gibt es sonst soviel Platz in Berlin? 

Und die Unterbringung der Flüchtlinge in Steglitz-Zehlendorf? Wie läuft das Ihrer Ansicht nach?

Ich spreche mich immer für eine vorausschauende Politik aus und die fehlt auch bei diesem Thema, ähnlich wie bei den Schulsanierungen. Plötzlich sind alle überrascht. Aber im Detail kann ich das schwer beurteilen, weil ich in das Thema nicht involviert bin. Doch soweit ich weiß, prüft der Senat jetzt, ob das Bettenhaus des alten Krankenhauses Heckeshorn in Wannsee als Flüchtlingsunterkunft geeignet ist. Da stelle ich mir die Fragen, wo sollen die Flüchtlinge einkaufen, gibt es einen BVG-Anschluss und Schulen in der Nähe? Was mich ärgert, ist das unmögliche Baurecht in Berlin. Grundstücke werden allgemein in Gewerbegebiet und in Wohngebiet eingeteilt. Ein Hotel darf zum Beispiel in einem Gewerbegebiet gebaut werden, weil es eben ein Unternehmen ist, ein Flüchtlingsheim nicht. Es gibt aber genügend Gebäude oder Hallen in Gewerbegebieten, die sich als Flüchtlingsunterkünfte eignen würden. 

Sie waren acht Jahre lang Kreischef der CDU in Steglitz-Zehlendorf, haben 2012 dann bekannt gegeben, dass Sie nicht mehr für den Kreisvorstand kandidieren möchten. Warum?

Ich bin ein politisch leidenschaftlicher Mensch. Manche sagen, dass ich abends mit einem politischen Gedanken ins Bett gehe und morgens damit wieder aufwache. Wenn ich also etwas mache, mache ich es richtig. Nach meinem Ausscheiden aus dem Amt des Justizsenators und dem damit verbundenen, öffentlich initiierten Skandal stellte ich mir die Frage, ob ich noch genügend Autorität hatte, um diesen größten Kreisverband der CDU in Berlin zu leiten. Das habe ich mir mit „Nein“ beantwortet.

Und was sagen Sie zu den aktuellen Gerüchten, dass Sie angeblich wieder für den Vorsitz im Kreisverband kandidieren möchten?

 Zur Politik gehören auch Gerüchte, wie ich schmerzlich erfahren musste. Wer jedoch Gerüchte verbreitet, verfolgt oft eigene Interessen. Ich habe bereits klipp und klar gesagt, dass ich keinerlei Interesse am Amt des CDU-Kreisvorsitzenden habe. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit im Abgeordnetenhaus von Berlin.

 

Wie bewerten Sie aus heutiger Sicht die Zeit Ihres Rücktritts als Justizsenator im Dezember 2011 und die sogenannte Schrottimmobilien-Affäre? 

Ich war manchmal ein wenig grob, redete nicht jedem nach dem Mund und sagte deutlich meine Meinung. Da bin ich vielleicht bei dem einen oder anderen angeeckt. Die Schrottimmobilien-Affäre, wie Sie es nennen, war eine üble Intrige gegen mich. An den Vorwürfen war nichts dran. Ich habe meine Arbeit als Notar immer korrekt ausgeübt. Das hat der Präsident des Landgerichts Berlin später auch bestätigt. Als die Vorwürfe jedoch kamen, sah ich mich in der Verantwortung gegenüber dem Senat, meinem Amt und meiner Partei und musste das Amt des Justizsenators aufgeben. Es hätte sonst keine Ruhe gegeben. Gefühlt stand ich etwa drei Monate in den Zeitungen. Ich hatte im Vorfeld zu sehr darum gekämpft, dass die CDU in Berlin wieder in Regierungsverantwortung kommt. Ich wollte den Senat nicht beschädigen.

Und wie geht es Ihnen heute?

Die Zeit des Rücktritts war eine bittere Erfahrung, aber als Mensch bin ich daraus gestärkt und mit größerer Gelassenheit hervorgegangen. Ich habe beispielsweise meinen Freundeskreis neu sortiert. Jahrelange Weggefährten haben mich enttäuscht. Andere, von denen ich es nicht erwartet hätte, zeigten mir ihre Anteilnahme. Diese angebliche Affäre hat mir jedoch vor allem wirtschaftlich geschadet. Ich verlor viele Mandanten. Die Sozietät am Kurfürstendamm wurde aufgelöst. Heute habe ich mein eigenes Büro, arbeite weiterhin als Rechtsanwalt und Notar. Nach gut drei Jahren kann ich mich zurücklehnen und sagen: es geht mir wieder gut.

Welche Dinge würden Sie anders machen?

Keine.

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.

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