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Stolpersteine für den Kammergerichtsrat Berthold Lehmann und seine Frau Margarete in der Beerenstraße.

© Dirk Jordan

Erfolgreiche Stolpersteinaktion in Zehlendorf: Im Gedenken geputzt und geschmückt

Rund 140 Stolpersteine sind in Zehlendorf im Gedenken an die im Nationalsozialismus Verfolgten und Ermordeten in den Straßen eingelassen. Am Jahrestag des Novemberpogroms von 1938 haben sich viele Bürger an der Gedenk- und Putzaktion beteiligt, wie unser Autor feststellen konnte.

Schöner konnte es gar nicht kommen. Jeder Stolperstein, den ich in meiner Wohnumgebung putzen wollte, war schon geputzt, als ich hinkam. Das war bei Max Cantor in der Limastraße so, und es war bei Caecilie Weiss in Kleiststraße so. Dort traf ich auch die Hausbewohnerin, die den Stein schon einen Tag vorher geputzt hatte und nun selber überrascht war, dass dort eine Rose lag. Also hatten schon zwei Menschen an Caecilie Weiss gedacht. Ich stellte die Kerze dazu. Am Abend standen dann beim Stolperstein von Max Cantor auch zwei weitere Kerzen. Hausbewohner, Passanten, wer weiß?

In unserer kleinen Arbeitsgruppe in Schlachtensee hatten wir die 16 Steine in unserer Umgebung untereinander verteilt. Für drei Steine hatten wir schon vorher Hausbewohner gefunden, die „ihren“ Stolperstein selber putzen und eine Kerze aufstellen wollten. So auch für Rudolf Guttstadt aus dem Reifträgerweg, der im Zuge der Pogromnacht 1938 verhaftet und ins KZ Sachsenhaus verschleppt wurde. Kurz nach seiner Entlassung ist er am 8. Januar 1939 an den Folgen der Haft verstorben.

Bei den Stolpersteinen vor dem Haus der Familie Strassmann im Ahrenshooper Zeile erwartete uns schon die Bewohnerin. Der neue Gemeindepfarrer in Schlachtensee, Michael Juschka, hatte sich der Aktion angeschlossen und war mit in die Ahrenshooper Zeile gekommen. Hier hatte die Gemeinde vor zwei Jahren den ersten Stolperstein in ihrem Gebiet für Reinhold Strassmann verlegt, der bis zu seiner Deportation regelmäßig den Gottesdienst in der nahe gelegenen Johanneskirche besucht hatte.

Bürgermeister Norbert Kopp (Mitte) sprach einige Worte zu den Anwesenden.
Bürgermeister Norbert Kopp (Mitte) sprach einige Worte zu den Anwesenden.

© Dirk Jordan

Auch andere aus unserer Gruppe berichteten, dass sie Stolpersteine geputzt und mit einer Rose geschmückt vorgefunden haben. Das war bei den Stolpersteinen für den Kammergerichtsrat Berthold Lehmann und seiner Frau in der Beerenstraße so und auch in der Schopenhauer Straße für Emil und Charlotte Ephraim. Die Resonanz auf den Aufruf war überaus ermutigend.

Der „offizielle“ Beginn dieser Aktion in Zehlendorf fand auf Einladung des Kirchenkreises schon am Vormittag bei dem Stolperstein für Hilda Ehrke vor dem Haus in der Clayallee 323 statt. Der Superintendent Johannes Krug konnte auch den Bezirksbürgermeister Norbert Kopp dort begrüßen, der sich der Aktion angeschlossen hatte und ebenfalls  zu den Versammelten sprach.

Unter ihnen waren die Schwiegertochter und der Enkel von Hilda Enke, die im ersten Stock des Hauses gewohnt hatte und 1943 deportiert worden war. Der Superintendent und der Bürgermeister putzen gemeinsam den Stolperstein und legten Rosen nieder. Die Verlegung dieses wie der anderen rund 140 Stolpersteine in Zehlendorf wird von Michael Rohrmann vom Kirchenkreis organisiert, der für diese Aktion auch ein Foto von Hilda Ehrke aus dem Internet besorgt hatte.

Seit dem der Aufruf zu dieser Aktion auch im Zehlendorf Blog des Tagespiegels erschienen war, standen bei ihm die Telefone nicht mehr still. Es meldeten sich viele bei ihm, um sich für „ihren“ Stolperstein zu melden. Sie sind zu dem geworden, was sie sein sollen, Orte des Gedenkens. Dafür allen Unterstützerinnen und Unterstützern ein herzliches Dankeschön.

Dirk Jordan arbeitet in der AG Spurensuche der Kirchengemeinde Schlachtensee, war früher Volksbildungsstadtrat in Kreuzberg und schreibt für den Zehlendorf Blog eine Serie über die "Stillen Helden" im Nationalsozialismus. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

Dirk Jordan

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