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Die erfahrene Helferin Veronica Grossmann leitet nun die Notunterkunft in der Zehlendorfer Onkel-Tom-Halle.

© Sophie Aschenbrenner

Flüchtlinge in der Onkel-Tom-Halle in Zehlendorf: Heimleiterin verteidigt Betreiber Sanctum Homes

Die Notunterkunft Onkel-Tom-Halle in Zehlendorf hat einen Betreiber, der bisher nicht über sein Engagement im boomenden Unterbringungsmarkt reden wollte - dafür redet jetzt die in Sachen Flüchtlingshilfe sehr erfahrene Heimleiterin.

Es gibt jetzt einen Kicker und einen Billardtisch, und die Menschen haben sich, so weit das in einer Turnhalle möglich ist, ganz gut eingerichtet. Eine Ecke nur für die Kinder soll jetzt auch schnell entstehen, "und die Stimmung ist trotz der Umstände ganz gut", sagt Veronica Grossmann. Sie kann es beurteilen, in Steglitz-Zehlendorf gehört sie zu den erfahrenen Helferinnen beim Thema Flüchtlinge. Nun ist sie nicht mehr nur eine Ehrenamtliche, die Sanctum Homes, Betreiberin mehrerer Notunterkünfte auch in Zehlendorf, hat Veronica Grossmann nach eigener Aussage als Heimleitung für die Onkel-Tom-Halle eingestellt. Sie sagt: "Das Notwendigste ist da, und wir machen das Beste aus der Situation."

Am ersten Tag war kein Betreiber zu sehen

Tagesspiegel-Zehlendorf hatte, auch gestützt auf Berichte anderer Ehrenamtlicher, mehrfach über die Notunterkunft in der Onkel-Tom-Straße berichtet. Das Bezirksamt, aber auch andere Helfer waren anfangs irritiert darüber, dass der Betreiber offenbar nicht vor Ort, dass nur ein sehr jugendlicher Wachschutz anzutreffen gewesen und dass teilweise das Essen ausgegangen war. Ehrenamtliche Helfer sind zum nächsten Supermarkt gefahren, um Lebensmittel zu besorgen.

Veronica Grossmann dagegen sagt: "Am Anfang ist es immer chaotisch, das ist in diesen Zeiten doch normal, aber jetzt bin ich da, und es läuft gut." Im September schrieb der Tagesspiegel in der Serie "Wir sind so HELLE" über Grossmann: "Im Januar und Februar hat Grossmann nachts schlecht geschlafen. Die Schicksale der Menschen gingen ihr nahe. Heute kann sie sich abgrenzen. Wenn sie reden muss, geht sie mit Freundinnen ein Bier trinken, spricht mit ihrer Familie. Kraft tankt sie unter anderem beim Tennisspielen, Radfahren oder in ihrem Garten. Liebevoll spricht sie von „meinen Flüchtlingen“, hunderte neue Namen und Nummern hat sie in ihrem Telefon gespeichert – dazu notiert sie sich immer eine kleine Beschreibung, um sich neue Menschen besser merken zu können."

Sie widerspricht auch dem Eindruck, der Betreiber, die Sanctum Homes, deren Geschäftsführer der Rechtsanwalt Nicolai Robak ist, sei nie anwesend. "Das stimmt so nicht. Aber es gibt eben viel zu tun, und der Betreiber hat zwei Notunterkünfte fast gleichzeitig eröffnet." Grossmann weiß auch, dass Nicolai Robak Anfang des Jahres mehrere Firmen gegründet hat, die offensichtlich vor allem dazu dienen, als Unternehmer in den Unterbringungsmarkt einzusteigen. Zu den Firmen gehören laut Handelsregister eine Hausverwaltung, ein Hotel- und Gaststättenbetrieb, eine Immobilienfirma sowie eine Firma, die die Verwaltung und die Verwertung von Beteiligungen beziehungsweise Unternehmen zum Ziel hat. Veronica Grossmann sagt: "Ich habe mich lange mit dem Betreiber befasst, und ich habe den Eindruck gewonnen, dass ich mich darauf einlassen kann."

Dem Tagesspiegel hat der Geschäftsführer bis jetzt keine Auskünfte über sein Engagement gegeben. Auch Fragen, die dem Anwalt vorliegen, wurden bisher nicht beantwortet. Unter anderem wollte Tagesspiegel-Zehlendorf wissen:

- In welcher Verbindung steht Sanctum Homes zur Elite-Hausverwaltung, deren Geschäftsführer Sie sind?

- Wie vereinbaren Sie dieses Engagement mit Ihrer Tätigkeit als Anwalt?

- Ist es richtig, dass z.B. die Thielallee ein Gebäude ist, das Sie auch mit der Elite-Hausverwaltung betreuen?

- Welche Kompetenzen besitzt die Sanctum Homes, um Flüchtlingsheime zu betreiben?

- Wie viel Personal haben Sie für die Flüchtlingsheime Thielallee und Onkel-Tom-Halle eingestellt?

- Woher kommt das Personal, welche Qualifikationen hat es?

- Wie sind Sie dazu gekommen, als Betreiber von Flüchtlingsheimen zu fungieren?

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) schreibt auf Anfrage über die Sanctum Homes: "Sanctum Homes hat sich in der... durchgeführten Prüfung als Betreiber insgesamt geeignet erwiesen." Zu konkreten Tagessätzen äußert sich die Behörde nicht, teilt aber mit: "Mit dem genannten Betreiber hat die Berliner Unterbringungsleitstelle des Lageso einen auf die Art und Größe der Unterkunft bezogenen vorläufigen Belegungssatz vereinbart. Ein endgültiger Satz liegt noch nicht vor. Aufgrund der je nach Objekt unterschiedlichen Anforderungen an Personalstärke, Sach-, Gebäude- und Herrichtungskosten können die Belegungssätze unterschiedlich ausfallen."

Onkel-Tom-Sporthalle in der gleichnamigen Straße in Berlin-Zehlendorf. Normalerweise spielen im Winter hier die Fußballmannschaften von Hertha 03, jetzt sind 200 Betten in der Halle aufgebaut worden, dicht an dicht, nur der Betreiber ließ sich am ersten Tag nicht blicken.
Onkel-Tom-Sporthalle in der gleichnamigen Straße in Berlin-Zehlendorf. Normalerweise spielen im Winter hier die Fußballmannschaften von Hertha 03, jetzt sind 200 Betten in der Halle aufgebaut worden, dicht an dicht, nur der Betreiber ließ sich am ersten Tag nicht blicken.

© Foto: Tagesspiegel/Uncredited

Eine Lageso-Sprecherin sagte zudem: "Wegen des hohen Flüchtlingszugangs haben wir in den letzten Wochen in dichter Folge zahlreiche Notunterkünfte eröffnet. Die dafür nötigen Betreiber werden mit kurzen Fristen per Interessenbekundungsverfahren gesucht. Dies kann auch dazu führen, dass das nötige Personal im laufenden Betreib der Unterkunft bis zu erforderlichen Höhe aufgestockt werden muss."

Im Lageso und im Bezirksamt wissen die Verantwortlichen, dass in der momentanen Situation auch Geschäftsleute unterwegs sind, die mit der Not der Flüchtlinge und die der Behörden Geld verdienen. "Geld zu verdienen", sagt einer aus dem Bezirksamt, "ist nun mal nicht gesetzeswidrig." Wichtiger sei, dass den Menschen geholfen werde. Da sei es ein Stück weit egal, aus welchen Motiven heraus dies geschehe.

Derweil arbeitet Veronica Grossmann unermüdlich vor Ort, damit die Dinge besser werden. An einigen Umständen kann sie aber nichts machen, beispielsweise, dass niemand weiß, wann die Busse morgens kommen, um die Flüchtlinge zur Registrierung in die Bundesallee zu fahren. Noch seien auch nicht alle Betten belegt, "aber mehr als 200 geht nicht", sagt Grossmann. Die ehrenamtliche Hilfe ist, wie immer in Steglitz-Zehlendorf, enorm, so dass die Heimleiterin im Moment nicht sagen kann, was genau an Hilfe benötigt werde. "Das ändert sich von Tag zu Tag." Die ersten Kleiderspenden beispielsweise wurden gleich in den ersten Tagen von Ehrenamtlichen sortiert, so dass kein Chaos entstanden sei.

Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel und hat den Tagesspiegel-Zehlendorf, das digitale Stadtteilportal aufgebaut. Die Redaktion Zehlendorf und den Autor finden Sie auch auf Twitter.

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