Eine Frau steht 25 Meter hoch über dem Schlachtensee am Waldrand und blickt mit ihrer 13 Jahre alten Hündin Emma hinab auf ein Idyll. Sanft ruht der See, die Strahlen der Sonne tanzen auf der Wasseroberfläche. Menschen spazieren vorbei, Jogger rennen, Kinder spielen, Hunde tollen.
Und mitten hinein in diese Friedlichkeit des Augenblicks sagt Christa Markl-Vieto, Grünen-Stadträtin in Steglitz-Zehlendorf, einen Satz, der es sich von hier oben aus nicht sogleich erschließt: „Der See braucht eine klare Ordnung. Das muss der Staat regeln, einer muss es ja tun."
Denn in Wahrheit schaut die Stadträtin auf ein Kampfgebiet. Und der Satz ist eine Kampfansage an jene, die sich noch Illusionen machen, dass sie diesen Machtkampf gewinnen könnten. Die andere Seite – Hundebesitzer und Tierfreunde – wappnet sich für den Gang vor Gericht. Anwälte sind beauftragt, Bürgerinitiativen gegründet worden, Versammlungen werden abgehalten, Beschwerdebriefe geschrieben, Geld gesammelt.
Jetzt ist der See im Berliner Südwesten zum Symbol für Fragen des Miteinanders geworden. Darf jeder überall alles dürfen? Sind die Bürger noch bereit für Rücksicht, Respekt und Verzicht. Oder muss der Staat Gesetze schaffen, um diese Primärtugenden durchzusetzen; um Schwächere vor den Interessen der Stärkeren zu schützen?
Ab dem 15. Mai gilt ein generelles Hundeverbot am Schlachtensee und der Krummen Lanke. Hunde dürfen dann an den Uferwegen nicht einmal mehr an der Leine laufen. Christa Markl-Vieto vertritt das Umweltamt, und sie hat gemeinsam mit der Umweltbehörde des Senats diese radikale Entscheidung getroffen.
Der Schlachtensee war schon immer ein Sehnsuchtsziel der Stadtbewohner, Urlaubsgebiet für Stunden, ein Areal aus Wald und Wasser, an dem jeder nach seiner Fasson glücklich werden will. Spätestens wenn der Sommer beginnt, sind alle da: Die Mountainbiker, die Familien, die Walker, die Jogger, Spaziergänger, Nacktbader, Schwimmer, Verliebte, Hundebesitzer, Jugendliche, die bis in die Nacht hinein Party feiern. Eine perfekte Chill-out-Area.

Und am Morgen danach jedes Mal der schwere Kater in Form von Müllbergen.
Die Stadträtin benutzt nun selbst immer den oberen Waldweg, der gehört auch in Zukunft noch zum Hundeauslaufgebiet, kein Leinenzwang, und sie hat mit Emma unten, wie sie sagt, bereits ihren „Abschiedsspaziergang“ gemacht. Christa Markl-Vieto ist eine energische Frau mit schnellen Schritten und großem Selbstbewusstsein. Mit 19 Jahren kam sie aus München nach Berlin, strandete im Studentendorf Schlachtensee, seitdem ist sie Zehlendorferin. Wenn sie redet, kontrolliert sie vorher ihre Sätze nicht nach möglichen Fallstricken, das ist sympathisch.
Sie setzt ihre Sonnenbrille ab, kneift entschlossen die Augen zusammen. In diesem Fall, sagt sie, gebe es nichts mehr zu diskutieren: „Das Thema wurde zehn Jahre diskutiert. Ich habe mich der Aufgabe nun angenommen. Und ich stehe für keinen Kompromiss zur Verfügung. Nicht jetzt.“
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