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Das Ensemble des Jungen Schlosspark Theaters, hier die BEsetzung des Premierenstücks "La Mirandolina". Die insgesamt 20 Darstellern sind zwischen 14 und 32 Jahren jung

© Anett Kirchner

Junges Schlosspark Theater in Steglitz-Zehlendorf: „Wenn schon, denn schon: Shakespeare“

Junges Ensemble, alte Klassiker - nach diesem Rezept soll das Junge Schlosspark Theater frischen Wind in den Spielplan des Steglitzer Schlosspark Theaters bringen - und zum Erhalt der alten Sprache beitragen. Gestern hatte das erste Stück Premiere.

Ganz leise und voller Ehrfurcht habe sie zum ersten Mal die Bühne im Steglitzer Schlosspark Theater betreten, verrät Judith Wegner. „Mir ist bewusst, auf welcher traditionsreichen Bühne ich hier spielen darf“, sagt die 27-Jährige. Sie habe sofort das Gefühl gehabt, dazu zu gehören und vor allem von den Profis ernst genommen zu werden; nicht etwa ein lästiges Anhängsel zu sein. Judith Wegner gehört zu dem neuen Jugend-Ensemble des Schlosspark Theaters. Seit 13. September führen die Amateurschauspieler unter Leitung von Stefan Kleinert fünf Klassiker an drei verschiedenen Locations hier im Bezirk auf: im Schlosspark Theater, im Gutshaus Steglitz und im Zimmertheater Steglitz.

Los ging es bei der Premiere mit der Komödie „Mirandolina“ von Carlo Goldoni. Die hübsche Herbergswirtin Mirandolina, gespielt von Judith Wegner, hat alle Hände voll zu tun. Sämtliche Zimmer sind ausgebucht. Und auch die Männer umgarnen sie. Nur einer nicht. Das reizt Mirandolina. Sie entwickelt den Ehrgeiz, dass auch er sich für sie interessiert.

Dieter Hallervorden übernahm das Schlosspark Theater im Jahr 2008, um es unter seiner Leitung als Sprechtheater und ohne festes Ensemble zu bespielen. Das Motto der Spielstätte lautet seit der Wiedereröffnung Ende 2009 „Geist mit Humor“.
Dieter Hallervorden übernahm das Schlosspark Theater im Jahr 2008, um es unter seiner Leitung als Sprechtheater und ohne festes Ensemble zu bespielen. Das Motto der Spielstätte lautet seit der Wiedereröffnung Ende 2009 „Geist mit Humor“.

© Anett Kirchner

Den ersten Satz zu sprechen, ist am schwersten, verrät die junge Protagonistin. „Ich frage mich dann oft, was ich hier eigentlich tue“, sagt sie. Aber dann, wenn es läuft, sei es wunderbar. Sie habe schon als Kind gern auf der Bühne gestanden.

„Mirandolina“ ist sozusagen die Premiere für das Jugend-Ensemble hier an seiner neuen Wirkungsstätte. Nicht jedoch die erste Aufführung überhaupt. Denn die Theatergruppe besteht bereits seit neun Jahren und hatte zuvor ihre Heimbühne am Theater im Palais in Berlin-Mitte.

Der Schauspieler, Regisseur und Theaterpädagoge Stefan Kleinert hatte dort das Ensemble aufgebaut. Bis zum Ende der Spielzeit 2014/2015 war er auch der künstlerische Leiter am Theater im Palais. Danach suchte er eine neue Bleibe für sein Jugendensemble und lernte Holger Thomsen, den zweiten Vorsitzenden des Freundeskreises Schlosspark Theater in Berlin, kennen. „Alles ging ganz schnell und wir waren uns einig“, erzählen sie. Nicht verwunderlich, denn der Freundeskreis beschäftigt sich schon länger mit dem Wunsch, junge Leute für das Steglitzer Theater zu gewinnen. So gab es in diesem Sommer zum Beispiel auch die ersten Schultheater-Aufführungen hier.

YAS - das Junge Schlosspark Theater, wie es offiziell heißt, soll demnach frischen Wind in den Spielplan bringen. Die Stücke, die sie spielen, sind allerdings alles andere als jung. Schiller, Kleist, Eichendorff und Shakespeare: „Wenn schon, denn schon“, sagt Kleinert mit einem Augenzwinkern. „Alle reden von Bildung. Wir machen sie!“ Denn Sprache sei ein hohes Gut, ein Kulturgut, das es zu bewahren gälte. Gerade in dieser hektischen Zeit, in der es immer mehr und neue Kommunikationsmittel gebe. Indem er mit jungen Leuten klassische Stücke inszeniere, trage er ein stückweit zum Erhalt der alten Sprache bei. „Doch wir versuchen auch, den modernen Kern der Geschichte herauszufiltern“, erklärt er.

Einige der jungen Schauspieler spielen schon seit vielen Jahren zusammen und kennen sich gut. Teilweise sind sie sogar befreundet. Ilker Meriz zum Beispiel, der in Steglitz-Zehlendorf wohnt, entdeckte das Jugend-Ensemble durch einen Improvisationstheater-Workshop mit Stefan Kleinert.

„Mir gefiel, dass hier klassische Stücke mit der klassischen Sprache modern und auf relativ hohem Niveau inszeniert werden“, erklärt er. Deshalb wollte er gern mitmachen. Und ihn fasziniert die kreative Arbeit im Team. Miteinander statt gegeneinander aufzutreten, gehöre zur Philosophie. „Jeder hat Verantwortung gegenüber den anderen Schauspielern und gegenüber dem Publikum“, erklärt der 32-Jährige. Er gehört zu den Ältesten im Ensemble. Die Gruppe besteht aktuell aus 20 Darstellern zwischen 14 und 32 Jahren.

Neben dem Stück Mirandolina stehen in der Spielzeit 2015/2016 folgende Klassiker auf dem Programm:  „Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist, „Die Jungfrau von Orleans“ von Friedrich von Schiller, „König Lear“ von William Shakespeare sowie „Aus dem Leben eines Taugenichts“ von Joseph von Eichendorff. Regie führt jeweils Stefan Kleinert, der in manchen Stücken auch selbst mitspielt. Das YAS wird auch vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf unterstützt, dass das Gutshaus Steglitz als Spielstätte zur Verfügung stellt.

Die Geschichte des Schlosspark Theaters reicht bis ins Jahr 1804 zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte unter anderem Hildegard Knef hier im Haus ihr Theaterdebüt. Neben ihr gehörten auch Klaus Kinski und Martin Held zum Ensemble. 1950 wurde das Theater als „kleinere Spielstätte“ des Schillertheaters zum Staatstheater ernannt. Seit 1993 war es wieder ein Privattheater. Der Erfolg blieb dann jedoch aus. 2006 wurde der Theaterbetrieb eingestellt.

Zwei Jahre später übernahm Dieter Hallervorden das Schlosspark Theater, um es unter seiner Leitung als Sprechtheater und ohne festes Ensemble zu bespielen. Nach aufwändigen und größtenteils eigenfinanzierten Umbauarbeiten eröffnete Dieter Hallervorden die Spielstätte am 1. September 2009. Seitdem geht das Theater nun in die sechste Spielzeit. Das Motto ist: „Geist mit Humor“.

Interessenten für das YAS können sich bei Stefan Kleinert melden: yas-jungesschlossparktheater@gmx.de. Weitere Infos zum Schlosspark Theater und zum Programm des Jugend-Ensembles gibt es hier: www.schlossparktheater.de

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Tagesspiegel Zehlendorf. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.

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