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Seit der Haushaltssperre von Anfang 2015 gingen der Musikschule hunderte Schüler verloren

© Anett Kirchner

Musikschule Steglitz-Zehlendorf kommt nicht zur Ruhe: "Unverständnis und Kopfschütteln"

Die Software unzureichend, die Verwaltung unterbesetzt, Honorare werden zu spät überwiesen - die Zustände an der Leo-Borchard-Musikschule sind kaum noch tragbar, wie unser Leser, seit 30 Jahren Musikschullehrer in Steglitz-Zehlendorf, hier schildert.

Noch immer plagt die Leo-Borchard-Musikschule in Steglitz-Zehlendorf die schon mehrere Jahre andauernde Überbelastung der Verwaltung, und noch immer fehlt circa 25 Lehrern Honorar aus den Vorjahren. Noch immer werden Honorare an Teile des Kollegiums viel zu spät bezahlt und noch immer befindet sich die Software in einem für den laufenden Musikschulbetrieb ungenügenden Zustand. Einige Lehrkräfte sind von den Zahlungsunregelmäßigkeiten so stark existenziell bedroht, dass sie ihr Konto mit den entsprechenden Zinszahlungen überziehen müssen, weil sie keine Rücklagen haben - woher auch.

Bei den kürzlich ausgestellten Jahresverdienstbescheinigungen der Musikschule kam es zum Teil zu gravierenden Abweichungen, die bis zu einer Summe von 10.000 Euro gehen. Folge der Überbelastung der Mitarbeiter, der unausgereiften überhastet eingeführten Software? Die zuständige Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) hat in der Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur am 9. März zugesichert, dass die "Altlasten" der Verwaltung bis Ende April beseitigt sein werden. Meiner Meinung nach ist dies bei der andauernden personellen Unterbesetzung der Verwaltung schier unmöglich und eine Nachforschung im Mai wird zeigen, ob dies wirklich geschehen ist.

Droht der Musikschule im Jahr 2017 eine erneute Haushaltssperre?
Droht der Musikschule im Jahr 2017 eine erneute Haushaltssperre?

© Anett Kirchner

Beim Protestkonzert im November letzten Jahres, veranstaltet vom Förderkreis und von Lehrern der Musikschule, versprach Frau Richter-Kotowski, dass bald zwei neue Verwaltungsstellen geschaffen würden. Dieses Versprechen wiederholte sie am 9. März in der Ausschusssitzung mit dem Hinweis, dass eine Stelle bereits "zeitnah" besetzt würde. So ist die Stelle nun angekommen, aber noch nicht besetzt. Wann die zweite zugesagte Stelle kommen wird, steht in den Sternen.

Unterdessen hat der Förderkreis der Musikschule mit seinem Vorsitzenden Gernot Schulz der Bezirksstadträtin, ebenfalls am 9. März, einen Brief überreicht, der bedauerlicherweise bisher unbeantwortet blieb. Es heißt darin unter anderem: "Der Umgang mit dieser Musikschule, mit ihren Lehrern, ihrer Verwaltung und den letztlich Betroffenen, den Schülern und Eltern, dieser Umgang löst mittlerweile über die Grenzen des Bezirks und auch über die Grenzen Berlins hinaus Unverständnis und Kopfschütteln aus und wirft auf die dafür Verantwortlichen kein gutes Licht."

Dirk Strakhof unterrichtet seit mehr als 30 Jahren an der Musikschule in Steglitz-Zehlendorf Kontrabass, E-Bass und Jazzensembles
Dirk Strakhof unterrichtet seit mehr als 30 Jahren an der Musikschule in Steglitz-Zehlendorf Kontrabass, E-Bass und Jazzensembles

© Manfred Pollert

Nach wie vor gibt es zudem Probleme mit der neuen IT-Verwaltungssoftware. Doch sind diese zum Teil an der Musikschule selbst nicht zu lösen, sondern könnten nur von der zuständigen Geschäftsstelle in Neukölln endgültig bearbeitet werden. Ob und wann dies passieren wird, konnte uns in der Ausschusssitzung nicht mitgeteilt werden. Wo hakt es? Die Probleme mit der Software sind offensichtlich so hartnäckig, dass die Musikschule in Berlin-Mitte bereits zum zweiten Mal eine Mitarbeiterin in die Schweiz zur zuständigen IT-Firma reisen ließ, um den nötigen Support zu erhalten.

Die fünf brennenden Fragen der Musikschullehrkräfte und des Förderkreises sind:

1. Wann kommt es zu den zugesicherten Verbesserungen und zu der Besetzung bzw. Einrichtung der beiden versprochenen Verwaltungsstellen?

2. Was passiert, wenn eine erneute Haushaltssperre in Steglitz-Zehlendorf kommt? Wird die Musikschule dann wieder wie 2015 von den Sparmaßnahmen betroffen sein oder von einer Sperre ausgenommen werden? Gerüchte kursieren bereits, dass die nächste Haushaltssperre schon in Sicht ist - wegen eines zu erwartenden noch größeren Defizits als im letzten Jahr. Oder wird sie erst nach den Berlin-Wahlen im Herbst kommen, wenn die neue Regierung Kassensturz gemacht hat? Wenn das Defizit mehr als ein Prozent des Bezirkshaushaltes beträgt, übernimmt der Finanzsenator die Verwaltung der Bezirksfinanzen - hoffen wir, dass es nicht so weit kommen wird.

3. Wann läuft die neue Software endlich akzeptabel und wann kann sie endlich allen Erfordernissen der Musikschule gerecht werden? Sollte sich die Software nicht den Bedürfnissen der Musikschule, deren Lehrkräfte und Kunden anpassen und nicht umgekehrt, wie es zum Beispiel beim Gruppenunterricht zurzeit passiert?

4. Wann können die überlasteten Fachgruppenleiter der Musikschule wieder zu ihrer eigentlichen Arbeit zurückkehren und wann müssen die Lehrkräfte sich nicht mehr mit der Frage beschäftigen, ob in diesem Monat das Honorar - wie vertraglich vereinbart - kommen wird?

5. Wann werden die Musikschullehrer endlich festangestellt, und wann gibt es endlich Tarifverträge für alle arbeitnehmerähnlichen Lehrkräfte? Die entsprechenden Parteitagsbeschlüsse der Berliner CDU und SPD, in denen ein Festanstellungsprozentsatz von mindestens 20 Prozent gefordert wird, gibt es bereits seit 2013

Und die gute Nachricht noch zum Schluss: zurzeit können wieder neue Schülerverträge abgeschlossen werden.

Die Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski und die Leitung der Leo-Borchard-Musikschule sind eingeladen, ihre Sicht der Dinge zu diesem Thema zu schildern. Schreiben Sie uns gern: zehlendorf@tagesspiegel.de.

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Dirk Strakhof

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