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Die CDU in Steglitz-Zehlendorf möchte auf der stillgelegten Stammbahn von Zehlendorf zum Gleisdreieck Berlins erste Fahrrad-Schnellstraße bauen - und so könnte sie aussehen.

© Simulation: CDU Steglitz-Zehlendorf/Staubach + Kuckertz Architekten

Neue Pläne für alte Bahntrasse im Südwesten: So könnte Berlins erste Fahrrad-Schnellstraße aussehen

Aus der stillgelegten Stammbahn von Zehlendorf zum Gleisdreieck soll nach Plänen der CDU ein Expressweg für Radfahrer werden - innerhalb von fünf Jahren.

Zehlendorf in fünf Jahren: Ohne Unterbrechungen radeln die Menschen vom S-Bahnhof bis zum Potsdamer Platz zur Arbeit. Die teuren Räder lassen sie bei der Ankunft am Gleisdreieck unbesorgt an einem videoüberwachten Stellplatz zurück. Das ist zumindest die Vision von Justizsenator Thomas Heilmann und dessen CDU-Kreisverband in Steglitz-Zehlendorf. Auf der seit langem stillgelegten Trasse der ehemaligen Stammbahn soll nach Plänen in ihrem gestern vorgestellten „Biking City“-Konzept ein Expressweg für Fahrradfahrer entstehen.

„Wir sind davon überzeugt, dass das bis 2020 umsetzbar ist“, sagte Heilmann, der Kreisverbandsvorsitzender der CDU Steglitz-Zehlendorf ist. Er erhofft sich von dem Zweiradschnellweg vor allem eine Entlastung der parallel zur Stammbahn fahrenden S1 zwischen Wannsee und Oranienburg.

Ähnliche Pläne hatte das Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel vor einigen Tagen vorgestellt. Dabei sollte auf derselben Trasse allerdings ein Weg für Fußgänger und Radfahrer entstehen. Immer wieder hatte es Ideen gegeben, die alte Bahnstrecke zu nutzen, vor zwei Jahren gescheiterten Pläne zwischen Zehlendorf und Düppel einen „Pedelec-Korridor“ zu errichten.

Für Millionenbetrag erschlossen werden

Der Bundestagsabgeordnete des Bezirks, Karl-Georg Wellmann, freut sich auf die Alternative zur Bahn. „Gerade im Sommer ist die Zugfahrt in die Innenstadt unzumutbar“, sagte er. Die Züge haben keine Klimaanlage und fahren nicht mit maximaler Waggonzahl, sodass sich die Pendler zu Stoßzeiten aneinander quetschen müssen und so nicht wenige schon vor ersten Meeting nass geschwitzt sind.

Damit die Radler auch nach einer anstrengenden Tour auf dem geplanten Schnellweg noch frisch auf der Arbeit ankommen, soll es an den Bahnhöfen entlang der Strecke teilweise sogar Duschen und Umkleidekabinen geben. Außerdem sieht das Konzept der CDU vor, den Unterhalt der Strecke durch Mieteinnahmen etwa von anliegenden Cafés, Radwerkstätten und Ladestationen für E-Bikes zu finanzieren.

Allerdings muss die überwucherte und heruntergekommene Stammbahntrasse erst einmal auf der geplanten Länge von knapp zwölf Kilometern zunächst für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag erschlossen werden. „Diese Summe wollen wir um Rahmen der Ausschreibung des Stadtwerbevertrags stemmen“, erklärte der CDU-Kreisvorsitzende Heilmann.

Gleise der alten Stammbahn entfernen

Er sei sicher, dass sich entlang des Radwegs attraktive Standorte für Außenwerbung ergeben würden. Die erforderlichen Umbaumaßnahmen sind umfangreich: mehrere Bahnhöfe, die als Zugang zur Radschnellstraße dienen sollen, müssen mit Rampen ausgestattet werden und zumindest der aktuell stillgelegte zweite Bahnsteig in Zehlendorf könnte einen frischen Anstrich gut vertragen. Nicht zuletzt soll die Strecke durchgängig beleuchtet und kreuzungsfrei sein. Dieser Anspruch hat zur Konsequenz, dass an mehreren Stellen kleine Brücken für den Fahrradverkehr errichtet werden müssten.

Für den Belag des Radwegs müsste man die Gleise der alten Stammbahn entfernen. Dies hätte allerdings auch erledigt werden müssen, wenn man die Stammbahn wieder in Betrieb nehmen würde, sagte Claudia Engfeld, Sprecherin der Justizverwaltung. Auch Heilmann selbst betonte mehrfach, dass die CDU grundsätzlich für eine Neueröffnung der alten Bahnlinie sei. „Es sieht allerdings nicht danach aus, als würde das in naher Zukunft passieren.“

Modell auf ganz Berlin erweitern

Das Projekt sei der politische Wille der CDU und müsse jetzt erstmal durchgesetzt werden, sagte der Bundestagsabgeordnete Wellmann. „Danach schauen wir uns die Machbarkeit im Detail an.“ Die Zehlendorfer CDU-Politiker sind davon überzeugt, dass das Konzept „Biking City“ einschließlich des Pilotprojekts auf der Stammbahntrasse seinen Weg in das Programm der Landespartei findet und auch die Koalitionsgespräche nach der Wahl überlebt.

Sofern der Stammbahn-Radweg ein Erfolg wird, soll das Modell auf ganz Berlin ausgeweitet werden. In dem Entwurf des „Biking City“-Konzepts ist auch eine Karte von weiteren stillgelegten Bahnstrecken im Stadtgebiet enthalten. Langfristig wäre also sogar ein umfassendes Netz von Radschnellwegen vorstellbar, das sich im Verlauf beispielsweise am S-Bahn- Ring orientiert.

Schneller als mit dem Auto in der Innenstadt

„Man wird darüber deutlich schneller in die Innenstadt kommen als mit dem Auto“, sagte Wellmann. Er würde den Radweg auf der Stammbahntrasse auch persönlich gern realisiert sehen, um mit dem E-Bike zum Reichstag fahren zu können.

Mit einem politischen Beschluss und einer erfolgreichen Finanzierung der Bauarbeiten durch die Ausschreibung des Stadtwerbevertrags wird es allerdings nicht getan sein.

Die Deutsche Bahn als Eigentümerin der Trasse hält sich zwar noch zurück, allerdings werden deren Verantwortliche wohl genau darauf achten, ob die CDU-Pläne tatsächlich eine spätere Wiederaufnahme des Bahnverkehrs auf der ersten preußischen Eisenbahnstrecke zulassen. Der Justizsenator kündigte an, er wolle bestenfalls mit der Bahn zusammenarbeiten, habe aber auch keine Angst vor einem Gerichtsverfahren.

Nándor Hulverscheidt

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