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Großeinsatz in Zehlendorf-Mitte: Die von der Polizei umstellte Bankfiliale an der Potsdamer Straße während der Geiselnahme.

© dpa

Prozess nach missglücktem Bankraub in Berlin-Zehlendorf: Drei Überfälle und ein Geiseldrama

Zehn Stunden lang hatte ein Bankräuber im Dezember einen Angestellten in der Deutschen Bank in Zehlendorf festgehalten. Alles lief anders als vom Täter geplant, seine Geisel blieb aber unverletzt. Jetzt hat der Prozess begonnen.

Die Reise nach Berlin sollte kurz und beutereich sein. 100 000 Euro oder mehr hatte sich Thomas D. ausgemalt. Einfach schien ihm wohl sein Plan. Schließlich hatte er mit einer Bombendrohung bereits zweimal in Wolfsburg abkassiert. In Berlin aber gipfelte sein Verbrechen in einem zehnstündigen Geiseldrama. Mehr als ein halbes Jahr später saß der 30-Jährige in grauer Jogginghose und weißem Sportshirt vor dem Landgericht. Es geht seit Dienstag um alle drei Banküberfälle. „Ich möchte mich von Herzen entschuldigen, mir war nicht klar, was ich den Opfern angetan habe“, sagte er.

Drei Tage vor Weihnachten 2012 war er in der Filiale der Deutschen Bank an der Potsdamer Straße in Zehlendorf aufgetaucht. Thomas D. hatte sich zuvor einen Termin geben lassen und eine Kontoeröffnung vorgetäuscht. Als er gegen 15 Uhr vor einem Berater saß, forderte er 100 000 Euro. Er werde andernfalls eine ferngesteuerte Bombe zünden. Um das Drohszenario zu untermauern, zog er eine täuschend echt wirkende Pistole. Der Berater aber griff unerwartet zum Telefon. Bei einer solchen Summe müsse er den Filialleiter informieren, erklärte der 40-Jährige. Der Chef alarmierte sofort die Polizei.

„Wenn ich die Anklage lese, kommt es mir vor, als ob es ein anderer Mensch war“, sagte D. Es sei aus Verzweiflung geschehen. Er soll viel Geld für seinen Drogenkonsum gebraucht haben. „Ich war in einer Zwickmühle, aber das soll die Taten nicht entschuldigen.“ Die Sache sei „nur dumm“ gewesen. Für Opfer und Polizei aber war sie sehr ernst. In kurzer Zeit waren mehr als 300 Beamte im Einsatz. Als ihm bewusst wurde, dass es diesmal keinen schnellen Raub geben wird, erhöhte D. auf 500 000 Euro sowie freies Geleit für Freilassung der Geisel.

Das Gebiet wurde im Umkreis von 500 Metern abgesperrt, der Verkehr umgeleitet. Die Polizei setzte auf telefonische Verhandlung. D. soll signalisiert haben, dass er selber mit der Situation unglücklich sei. Er schien überfordert. Ein Nervenkrieg, bis die Geisel nach zehn Stunden das Haus körperlich unversehrt verlassen konnte. D. gab ohne Widerstand auf.

Eine Bombe hatte er nicht in seiner Tasche. Man fand drei Kilo Mehl. Wie bei den Überfällen in Wolfsburg im August 2011 und März 2012. Damals hatte er insgesamt 37 000 Euro erbeutet, ohne eine Geiselnahme. Er wolle „das Spiel endlich beenden“, sagte der Berufslose. Er wolle einen Neuanfang nach der Haft – ohne Drogen. Allerdings hat er schon oft Besserung beteuert. Als er mit 18 wegen Rauschgifthandels 15 Monate Haft bekam, nachdem er als 23-jähriger Azubi 9600 Euro aus der Kasse der Firma unterschlagen hatte. Die Verhandlung geht am Donnerstag weiter.

Der Autorin ist Gerichtsreporterin im Tagesspiegel-Ressort Berlin-Brandenburg. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

Kerstin Gehrke

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