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Die nicht verplanten Mittel im Bezirk, sagen die Grünen, gehen zu Lasten der Schüler. Baustadtrat Michael Karnetzki von der SPD sagt, die Grünen verbreiten Halbwahrheiten.

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Verschenkt Steglitz-Zehlendorf eine Million Euro?: SPD-Stadtrat wehrt sich gegen Grünen-Kritik

Nutzt Steglitz-Zehlendorf seine Gelder nicht und verschenkt eine Million Euro? Das behaupten die Grünen und kritisieren den SPD-Bezirksstadtrat Michael Karnetzki. Der sagt, die Grünen verbreiten Halbwahrheiten und findet: "Ich bin hier nicht der Schwarze Peter."

Die Grünen in Steglitz-Zehlendorf sind "wütend", wie sie schreiben. Das kommt relativ selten vor, weil sie selbst in der Regierungs- beziehungsweise Verwaltungsverantwortung stehen. Das ist auch der Grund, warum sie normalerweise öffentlich keine oder nur sehr zurückhaltende Kritik üben an der Arbeit des Bezirksamts. Grüne und CDU bilden eine Zählgemeinschaft im Bezirk und stellen auch die meisten Stadträte. Ein Stadtrat jedoch wird von der SPD gestellt: Michael Karnetzki, stellvertretender Bezirksbürgermeister und zuständig für die Abteilung Immobilien und Verkehr. Wenn es Kritik aus der Zählgemeinschaft an der Arbeit im Bezirk gibt, dann trifft sie meist ihn.

Dieses Mal geht es offensichtlich um viel Geld. Denn der Bezirk muss nach Auffassung der Grünen in diesem Jahr voraussichtlich eine Million Euro aus dem Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm an das Land Berlin zurückgeben, weil das Geld nicht rechtzeitig verbaut werden konnte. Diese Gelder gehen dem Bezirk damit verloren, obwohl dringender Sanierungsbedarf in den Schulen besteht. Nina Stahr, schulpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sagt dazu wörtlich:

"Wir sind wütend darüber, dass dem Bezirk wichtige Mittel in einer solchen Höhe einfach verloren gehen. Der Baustadtrat ist seinen Aufgaben nicht gerecht geworden, auch wenn der Senat durch ständigen Personalabbau eine Mitschuld an der Misere trägt. Denn gerade in einer angespannten Lage mit wenig Personal kommt es darauf an, die richtigen Prioritäten zu setzen und das verbleibende Personal gezielt einzusetzen und zu unterstützen. Dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen in Schulen müssen nun verschoben werden; eine Million Euro sind für den Bezirk in den Sand gesetzt – zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler. Wir erwarten nun, dass der Baustadtrat in der BVV erklärt, wie er beabsichtigt das Problem in seinem Amt zu lösen.“

In der Kritik: Michael Karnetzki, stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat für die Abteilung Immobilien und Verkehr.
In der Kritik: Michael Karnetzki, stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat für die Abteilung Immobilien und Verkehr.

© promo

Am Mittwoch wollten die Grünen nun in einer großen Anfrage Antworten von Karnetzki, die er auch gab. Zuvor appellierte der Stadtrat im Zehlendorf Blog des Tagesspiegels allerdings an Grüne und CDU und verriet, wie seine Antworten sinngemäß ausfallen würden: "Anstatt mit halbwahren Zahlen in die Öffentlichkeit zu gehen, sollten wir im Bezirksamt zusammenarbeiten und versuchen, die Probleme gemeinsam zu lösen. Ich bin auch nicht der Schwarze Peter der schwarz-grünen Zählgemeinschaft. Wir alle tragen hier Verantwortung, der wir nach bestem Wissen und Gewissen gerecht werden wollen."

Karnetzki ärgert sich vor allem über die Zahl eine Million. "Das entbehrt jeder Grundlage, die Zahl ist falsch und deshalb ist ihre öffentliche Nennung unseriös." Der SPD-Stadtrat gab im Gespräch mit dem Zehlendorf Blog aber auch offen zu, dass "wir Probleme haben und hatten." Vor allem krankheitsbedingt, aber auch, weil Mitarbeiter gegangen sind, sei es zu personellen Engpässen gekommen. Das wiederum habe zu einem Rückstau bei der Bearbeitung geführt. Karnetzky sagt, es werden nach "gegenwärtigem Stand" aber 95 Prozent der Mittel für die bauliche Unterhaltung auch verausgabt werden, insgesamt rund 16 Millionen Euro. Jeweils bis zu einer Million Euro seien etwa in Schulfusionen gegangen. Deshalb sei es auch nicht fair, wenn die Grünen sagten, die Schüler müssten darunter leiden.

Manche finden Kritik an Karnetzky "erbärmlich"

Karnetzki sagt auch, dass jeder im Bezirksamt um die personellen Probleme wüsste, die die Grünen selbst eingestehen, und deshalb sei auch er zwar unglücklich über die Situation, aber man könne sie nun mal nicht ändern. "Ich arbeite aber beispielsweise mit der Schulstadträtin gut zusammen und im Prinzip auch mit den anderen. Dass es politische Diskussionen gibt, wenn es nicht hundertprozentig gut läuft, damit muss ich leben. Das ist auch okay. Und ich antworte ja auch."

Andere Stimmen im Bezirksamt sehen die Situation in Karnetzkis Abteilung allerdings dramatischer. "Das Haus löst sich auf", heißt es, und das liege auch an der Führungsschwäche des SPD-Mannes. Andere wiederum finden es "erbärmlich", dass Schwarz-Grün ausgerechnet ständig durch Kritik am einzigen SPD-Mann von eigenen Fehlern ablenken wolle. So haben es die Grünen um Nina Stahr beispielsweise jahrelang öffentlich toleriert, dass auch die Schulstadträtin von der CDU nicht immer "ihre Hausarbeiten gemacht hat".

Grundsätzlich ist es keine Seltenheit, dass ein Bezirk seine Mittel nicht ausschöpft, sondern eher die Regel. Das hat manchmal auch taktische Gründe - damit am Ende das eigene Saldo stimmt.

Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels aus dem Südwesten.

Peter Rosenzweig

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