Was wird aus dem Alten Krug?: Zehlendorfer Lokal-Institution sucht Zukunft
Viele Bürger fragen sich: Was passiert mit dem "Alten Krug" in der Potsdamer Straße? Das Lokal im alten Ortskern von Zehlendorf hat eine lange Tradition, der Zehlendorf Blog hat nachgefragt, wie es weiter geht.
Was ist da nur los? Das alte Haus an der Potsdamer Straße 3 ist ein echter Hingucker. Das hell getünchte Bauwerk könnte so schön sein, so anrührend historisch vom alten Ortskern in Zehlendorf-Mitte künden: Aber der einstige "Alte Krug", der später zur "Taverna Kreta" wurde, steht leer und verrammelt im Stadtbild. Es sieht trostlos aus, viele Betrachter fürchten schon den Abriss. Die Grundstückseigentümer Schumann & Heinisch versichern, sie wollten das Haus nach der Zwangsräumung des letzten Pächters mit Gastronomie wiederbeleben. Sie verhandeln mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und der Baubehörde über eine mögliche Umgestaltung im Inneren. Vieles muss erneuert werden, das Haus war letztes Jahr nach Ansicht der Eigentümer vorübergehend sogar wegen Nässe "in der Substanz gefährdet". Wie es weitergeht, wann mit einer Wiedereröffnung gerechnet werden kann, ist noch offen. Sicher aber ist, das alte Haus bleibt stehen.
Das Lokal hat eine lange Tradition, für Zehlendorf war es fast eine Institution, in der gern auch Familienfeste gefeiert wurden. Wegen des nahen Rathauses Zehlendorf trafen sich hier mitunter die Fraktionen, hier wurde Politik gemacht. Das Innere des Hauses war auch dann noch zum Teil mit alten Fotos auf Alt-Berlin getrimmt, als es zum griechischen Lokal wurde. Kreta-Atmosphäre mit Weinlaub und Meeresblick an den Wänden – und daneben Fotos aus Zeiten von Zilles Milljöh – das war schon eine eigentümliche, sehr gemütliche Mischung, die vielen Gästen gefiel. Bis im Sommer letzten Jahres ganz plötzlich Schluss war.
Noch heute heftet an der Tür ein Zettel, der von der Zwangsräumung kündet und den alten Betreibern des Lokals den Zutritt untersagt. Es muss hinter der idyllischen Kulisse offenbar mächtig gekracht haben. Die charakteristische Freitreppe vorm Haus ist abgesperrt, es wirkt so, als wolle es sich allzu neugierigen Blicken entziehen, die Fenster sind von innen verklebt.
Auch im benachbarten Heimatmuseum Zehlendorf ist man über den Zustand betrübt. Im Archiv kündet ein Zeitungsartikel über "ein lebendiges Stück Vergangenheit“. So schrieb 1958 der West-Berliner "Telegraf" über die Gaststätte, sie war über die Bezirksgrenzen hinaus bekannt. Ansonsten ist die Aktenlage zum Haus nicht eben üppig, es gibt unterschiedliche Angaben, nach Auskunft der bezirklichen Denkmalschutzbehörde wurde es jedenfalls mit Sicherheit vor 1870 errichtet und um 1895 umgebaut. Der Telegraf schrieb, das Haus gehe auf die Familie Haupt zurück, ein altes Zehlendorfer Bauerngeschlecht. Sie hatten den Gasthof oder auch Ausschank Ende des 18. Jahrhunderts – anderen Quellen zufolge Anfang des 19. Jahrhunderts – zunächst als Ergänzung einer Kolonialwarenandlung errichtet, als Raststätte für Mensch und Pferd, zum „Ausspannen“ auf dem Weg von und nach Potsdam.
Die Grundmauern des Kellergewölbes sollen den Akten zufolge eine Stärke von einem Meter haben, was als "ideale Lagermöglichkeit für ein gepflegtes Bier" galt, das an diesem Ort hinter welchem Gemäuer auch immer offenbar schon seit 1807 ausgeschenkt wurde. Die zum Krug gehörende Landwirtschaft war schon in den 1950er Jahren Jahren längst aufgegeben "und in den übrig gebliebenen Ställen werden heute Autos repariert", schrieb damals der Telegraf. Daran hat sich bis heute nichts geändert, hier arbeitet der Lackier- und Reparaturbetrieb Schumann.
Nach Unterlagen des Heimatmuseums wurde die Wirtschaft 1959 "von Zehlendorfer Handwerkern renoviert", erhielt eine mit modernen Haushaltsgeräten ausgestattete Küche und biete damit "Gewähr für eine vorzügliche und reichhaltige Speisekarte. Neben dem ohnehin schon umfangreichen Angebot lässt der Wirt sich stets etwas Besonderes einfallen, wie etwa das traditionelle 'Schlachtefest' am 11. November".
Das ist nun wirklich lange her. Gültig aber bleibt, dass der Alte Krug allein schon wegen seines Alters von orts- und architekturgeschichtlicher Bedeutung ist und nach Aktenlage auch ein Beispiel für bäuerliche Wohnformen. Der Denkmalschutz gilt nach Auskunft der Behörde für das äußere Erscheinungsbild des Hauses. Das gebe für die künftige Gestaltung des Hauses "mehr Spielraum".
Christian van Lessen
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