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Volker Herd würde hier im Studio der JFE bald gern wieder Musik einspielen

© Anett Kirchner

Zehlendorf: Bezirksamtposse um Freizeitstätte: Aufstand in der Schottenburg

Die Schottenburg ist eine Jugendfreizeiteinrichtung mit Tradition in Zehlendorf. Doch derzeit herrschen Trauer und Wut. Sanierungsarbeiten wurden nicht ordentlich zu Ende geführt, und im Bezirksamt schiebt man sich deshalb gegenseitig die Schuld zu.

Schlagzeugwirbel, Gitarrenklänge und singende Kinder – wo sonst die Räume prall mit Leben gefüllt sind, ist derzeit Stillstand. Immer weniger Kinder und Jugendliche kommen in die Jugendfreizeiteinrichtung (JFE) „Schottenburg“ am Brittendorfer Weg. Schlagzeug, Keyboard, Lautsprecher verstauben in einer Ecke, notdürftig abgedeckt mit Planen. Ein trauriger Anblick. Aber warum? Die Räume sind von offizieller Seite im Moment nicht zur Nutzung freigegeben. Dem Dilemma geht eine halbfertige Sanierung voraus. Dafür fehlt die Baugenehmigung und der Brandschutz ist auch nicht gewährleistet, heißt es aus dem Bezirksamt. Wut und Ärger machen sich in der Schottenburg breit.

„Die Bezirksstadträte Michael Karnetzki und Norbert Schmidt schieben den Schwarzen Peter zu Christa Markl-Vieto“, sagt Volker Herd, Vorstandsvorsitzender des Schottenkinder-Vereins. Es sei immer das alte Spiel, keiner wolle die Verantwortung übernehmen. „Dabei hat diesen Skandal eindeutig Michael Karnetzki verbockt“, wird er deutlich. Als Leiter der Abteilung Immobilien sei dieser für die Bausausführung und damit für die desaströse Sanierung der bezirkseigenen Einrichtung verantwortlich.

Weil etwa die Hälfte des Gebäudekomplexes seit Oktober letzten Jahres gesperrt ist, bietet die Schottenburg aktuell nur ein „Notprogramm“. Traditionell können Kinder und Jugendliche hier vor allem musikalische Gruppen besuchen. Dazu gehören beispielsweise Gitarrenunterricht, Chor- oder Bandprojekte und musikpädagogische Arbeitsgruppen.

Bürgermeister bewilligte 140 000 Euro

Die JFE wurde in den 1950er Jahren vom Bezirksamt (damals Zehlendorf) aufgebaut. 1972 gründete der damalige Leiter der Einrichtung Gerhard Boss, von allen liebevoll Bossi genannt, die Musikgruppenarbeit mit den so genannten Schottenkindern. Und seit 1996 gibt es den Verein „Die Schottenkinder“, der eng mit der JFE und dem Bezirksamt kooperiert. „Bislang war diese Zusammenarbeit erfolgreich, aber durch die aktuelle Situation laufen uns die Mitglieder davon“, verdeutlicht Volker Herd.

Hier ein Versuch, die Sachlage zu schildern: Die Räume im Keller der JFE, in denen regelmäßig Bands proben, waren mit Schimmel befallen und mussten im September 2012 geschlossen werden. „Um diese schnellstmöglich wieder herzurichten, stellte der Bezirksbürgermeister Norbert Kopp für die Sanierung 140.000 Euro zur Verfügung“, heißt es aus einer vertrauenswürdigen Quelle.

Statt mit den Arbeiten unverzüglich zu beginnen, seien die Maßnahmen jedoch erst im Oktober 2013 gestartet; aber nicht wie vereinbart im Keller, sondern auf dem Dach. Musikstudio und Café wurden dafür geschlossen. Eine so genannte Teildachsanierung sei notwendig, habe es aus dem bauausführenden Amt unter der Leitung von Michael Karnetzki geheißen.

„Das Dach wurde abgetragen,  nicht richtig abgedichtet und durch mehrere Regengüsse über einen Zeitraum von 14 Tagen durch Wasserschäden zerstört“, erinnert sich der Vereinsvorsitzende. Wegen der mangelhaften Planung sei weit mehr Schaden entstanden als nötig. „Fast das ganze Geld ging in die Dachsanierung“, so Volker Herd. Denn der Keller, der zwar Ende 2013 entschimmelt wurde, sei bis heute eine Rohbaustelle. Auch die Arbeiten in Musikstudio und Café hätten nicht abgeschlossen werden können.

Dazu erklärt Michael Karnetzki (SPD): „Beide Maßnahmen, die Sanierung des feuchten Kellers und des maroden Daches sind parallel in Angriff genommen wurden.“ Das habe circa 70.000 Euro gekostet. Weil die provisorische Dachabdeckung während der Arbeiten durch einen Sturm beschädigt worden sei, habe es infolge von Starkregen einen Wasserschaden gegeben. „Das geschah an einem Wochenende“, beschreibt er. Und dass jetzt Keller, Café und Studio gesperrt seien, hänge damit zusammen, dass von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde, der Abteilung Stadtentwicklung unter der Leitung von Norbert Schmidt (CDU), eine Baugenehmigung fehle.

„Weil bis heute kein Bauantrag seitens der Schottenburg für das Sanierungsvorhaben bei uns vorliegt“, so Schmidt. Und wo kein Bauantrag, da keine Baugenehmigung. Ferner fehlten der Brandschutznachweis und eine klare Bezeichnung der Räume je nach Nutzung. Es mache einen Unterschied, ob ein Keller als Keller oder als Musikraum genutzt werde. Die Baugenehmigung könne erst erteilt werden, wenn alle Auflagen erfüllt seien. „Erst fragen und dann loslegen“, verdeutlicht der Bezirksstadtrat.

Die Vertreter der Schottenburg weisen diesen Vorwurf zurück. Durch die Ausnahmesituation mit dem Schimmel seien sich alle verantwortlichen Abteilungen im Bezirksamt über den sofortigen Beginn der Sanierung einig gewesen. „Auch ohne einen ordentlich gestellten Bauantrag“, sagt Volker Herd. „Es war also nichts illegal.“

Anett Kirchner ist freie Journalistin und bloggt seit Januar 2014 auch für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels
Anett Kirchner ist freie Journalistin und bloggt seit Januar 2014 auch für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels, außerdem schreibt sie für die evangelische Wochenzeitung "dieKirche".

© privat

Und in Bezug auf die Bezeichnungen der Räume sei die zuständige Behörde doch zu regelmäßigen Überprüfungen verpflichtet; immerhin werde der Keller offiziell schon seit mehr als 15 Jahren für Bandproben genutzt. „Wir können nicht ständig durch alle Häuser gehen und das prüfen“, sagt Norbert Schmidt. Bei der Vielzahl der Liegenschaften des Bezirkes sei das unmöglich.

Die Autorin ist freie Journalistin und lokale Reporterin auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels aus dem Südwesten. Sie wohnt in Steglitz-Zehlendorf und schreibt unter anderem für die Evangelische Wochenzeitung "dieKirche".

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