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Hoffnung für den malerischen Ortskern Stolpe in Wannsee. Bald soll das alte Restaurant Chopin zu neuem Leben erweckt werden.

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Zehlendorf: Hoffnung für Wannsee-Ortskern: Das alte Dorf soll wieder leben!

Im Herzen Wannsees steht die Stüler-Kirche, und einst konnte man hier am Wilhelmplatz im "Chopin" gut essen gehen. Aber seit Jahren ist das Restaurant geschlossen, und das Dorf Stolpe macht "Totentanz", wie einer sagt. Unser Autor hat sich umgehört und gute Neuigkeiten erfahren.

Ein trostloser Anblick im malerischen Dorf Stolpe dürfte sich bald aufhellen, Hans Sedlmayer macht Hoffnung: "Im Februar geht's los, da wird entrümpelt". Und dann könnte, wenn alles nach Plan läuft  und die Verträge mit dem Pächter unterschrieben sind, nach langem Leerstand im Sommer aus dem einstigen schlesischen Lokal "Chopin" am Wilhelmplatz im Ortsteil Wannsee ein süddeutsch-schwäbisches geworden sein, "kein Schicki-Micki", wie Sedlmayer versichert.

Der Neuberliner, Ingenieur aus Bayern, hat das Grundstück erworben und ist fest entschlossen, es wiederzubeleben. Bislang gab es immer wieder nur Gerüchte statt Gerichte.

Ein wichtiger Impuls für den Ortskern im Herzen Wannsees: Neben der markanten Stüler-Kirche, die immer wieder gern von Touristen gefilmt und fotografiert wird, wirkt der Anblick des seit rund drei Jahren stillgelegten Restaurants besonders traurig. Der verrammelte einstige Supermarkt ist auch keine Augenweide. Und paar hundert Meter weiter, am gegenüberliegenden Ufer des Stölpchensees, geht das Elend weiter: Ein trister, vernagelter Pavillon unter Denkmalschutz und eine Ferienhaus-Bauruine in verkrauteter Wildnis, wo einst das längst in die Jahre gekommene Ausflugslokal stand und sogar mal eine kleine Badenanstalt war. Aber im Gegensatz zum Chopin deutet sich hier noch kein Lichtblick an.

Blick auf den Ortskern von Wannsee. Stolpe heißt der Ursprungsort des Stadtteils Wannsee.
Blick auf den Ortskern von Wannsee. Stolpe heißt der Ursprungsort des Stadtteils Wannsee. Ältere Bezeichnungen lauteten Stolpeken oder Wendisch-Stolpe. Es soll nach den Schilderungen von Theodor Fontane das älteste heute noch existierende Dorf auf dem Teltow sein.

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Ulrich Locherer vom Verein für Kultur und Geschichte in Wannsee gehörte zu denen, die über die Situation in diesen exponierten Lagen in Stolpe und Stölpchensee gar nicht glücklich waren, er erwartete vom Bezirksamt, sich für angemessene Lösungen einzusetzen. Das aber sah sich nicht in der Lage, hier etwas zu bewegen, wartete auf Impulse privater Grundstückseigentümer.

Das leerstehende Gebäude des einstigen schlesischen Lokals am Wilhelmplatz 4 gilt als Schlüsselgrundstück einer besseren Zukunft. Es steht in Nachbarschaft der Kirche unter „Ensembleschutz“.  An seiner Tür kleben noch einige Auszeichnungen, immerhin war das Restaurant stadtweit bekannt, hatte einen respektablen Ruf.

Es gab hier schwere Kost bei leichter Musik, etwa  Preiselbeersoße mit Apfelrotkraut, Birne und Speckklößen, garniert mit dezenten  Pianoklängen . Der Wirt bot auch eine attraktive Mittagskarte, und dass die Röcke der Bedienung mitunter ein wenig zu kurz schienen, nahmen die meisten Gäste als charmante Eigenart des Hauses hin. Der Wirt engagierte sich auch für die Umgebung, vor allem für den Wilhelmplatz.

Ein Ferienhaus-Rohbau, gegenüber des Ortskerns Stolpe, war das einzige, was nach dem Abriss der alten Gemäuer entstanden war.
Ein Ferienhaus-Rohbau, gegenüber des Ortskerns Stolpe, war das einzige, was nach dem Abriss der alten Gemäuer entstanden war. Er schaut mit toten Augen auf den Wannsee.

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Hans Mühe, ehemals Zehlendorfer SPD-Gesundheitsstadtrat, gehörte als einer der Anwohner mit zu den Initiatoren, die vor  Jahren Geld sammelten, um mithilfe des Bezirks den Wilhelmplatz als Kernstück von Stolpe wieder aufzubauen, vor allem sichtbar zu machen. Neben dem Chopin wurde vor gut fünf Jahren ein altes Kleinbauernhaus hergerichtet. Der Wilhelmplatz präsentierte sich als wieder entdeckter, attraktiver Ort mit dem bislang immer noch geschätzten freitäglichen Wochenmarkt, das Chopin war mittendrin.

Um so trauriger für viele Gäste und Anwohner das ziemlich abrupte Ende. Es machte eben von heut' auf morgen dicht, von zu hohen Mieten war die Rede, und auch das Kaiser’s nebenan, das früher zu dem Chopin-Grundstück gehörte, soll sich nicht mehr gerechnet haben, obwohl die Anwohner und auch viele Ausflügler  den Laden liebten und nutzten und ihm nachtrauern. "Es ist so ruhig geworden", heißt es im benachbarten Friseursalon. Gerade die älteren Bewohner vermissen seit zwei Jahren die nahe Einkaufsmöglichkeit, und ob sich auch hier bald etwas tut, ist von der zuständigen Hausverwaltung nicht zu erfahren.

Einsam und längst verlassen: Der letzte Rest goldener Ausflugszeiten, der alte Pavillon aus den fünfziger Jahren.
Einsam und längst verlassen: Der letzte Rest goldener Ausflugszeiten, der alte Pavillon aus den fünfziger Jahren.

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„Ein Totentanz“, sagt Mühe traurig. Auch er fände es gut, wenn sich das Bezirksamt der Sache annähme und mit den Eignern nach einer Lösung suche. Auch über die benachbarte Chausseestraße müsse man sich im Amt dringend einmal Gedanken machen, sie sei im Windschatten der Entwicklung.

Am Wilhelmplatz sah auch Baustadtrat Norbert Schmidt (CDU) eine "missliche Situation", hofft aber, dass sich der neue  Eigentümer des Grundstücks wirklich bald engagiert. Geradezu ärgerlich sei die Lage auf dem Gelände des ehemaligen Ausflugslokals am Seeufer. Hier könnte planungsrechtlich wieder ein Ausflugslokal in alter Größe entstehen, aber die neuen Eigentümer des Geländes wollten hier einfach nur wohnen. Das aber sei rechtlich nicht möglich.

Nach Auskunft des Bezirks wurde eine Voranfrage für den Bau eines Einfamilienhauses abgelehnt, es gibt ein Widerspruchsverfahren. "Wir können die Eigentümer nicht zwingen, ein Ausflugslokal zu errichten", sagt Schmidt. Die privaten Käufer, zwei Privatleute, wollen sich nicht weiter äußern.  "Wir versuchen, eine Lösung zu finden", heißt es nur.

Die Voreigentümer, das Unternehmen Aschinger, hatte das Gelände erworben, um ein größes Ausflugslokal mit über 500 Plätzen zu errichten. Der Verein für Kultur und Geschichte schlug angesichts der Größe und der Parkplatzfrage Alarm, die Pläne zerschlugen sich, ein Ferienhaus-Rohbau war das einzige, was nach dem Abriss der alten Gemäuer entstanden war. Er schaut mit toten Augen auf den See.

Der Autor war lange Jahre Redakteur in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegel. Er lebt in Zehlendorf.
Der Autor war lange Jahre Redakteur in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegel. Er lebt in Zehlendorf.

© Mike Wolff

In einigem Abstand steht als letzter Rest  goldener Ausflugszeiten der alte Pavillon aus den fünfziger Jahren. Es ist nicht einmal zehn Jahre her, dass er und das einstige Lokal, über das längst Gras gewachsen ist, noch Ziel von Ausflügen und Kaffeefahrten waren. Aber ob sich ein Ausflugslokal an dieser Stelle heute überhaupt noch tragen könnte - da haben etliche Anwohner ihre Zweifel. Auch wenn sich von hier der beste unverbaute Blick auf den See und Stolpe, Kernstück des Ortsteils Wannsee, genießen lässt.

Der Autor war lange Jahre Redakteur in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegels und lebt in Zehlendorf. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

Christian van Lessen

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