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Spaziergänger sollen sich schon beschwert haben, heißt es

© Anett Kirchner

Zehlendorf: Landschaftspark Klein-Glienicke gefährdet: Asphalt im Weltkulturerbepark

Bagger und Baumaschienen rattern durch den vom Verfall bedrohten Landschaftspark Klein-Glienicke. Die Sanierung der Wege ist anscheinend finanziell gesichert, doch für die eigentlich schützenswerten maroden historischen Gebäude fehlt offensichtlich das Geld.

Es tut sich was im Landschaftspark Klein-Glienicke. Nur was? Radlader, Bagger und Baumaschinen rattern durch das vom Verfall bedrohte Unesco-Weltkulturerbe. Es riecht nach frisch geteertem Asphalt. Wie eine schwarze Mamba schlängelt sich ein Teil des Hauptweges im Park durch den herbstlich bunten Blätterwald. Die Asphaltschicht ist etwa drei Meter breit und zwölf Zentimeter hoch. Baumstämme am Wegesrand sind vereinzelt mit Holzbrettern geschützt. Die Strabag, die sonst vor allem Autobahnen baut und eine der größten Baufirmen des Landes ist, asphaltiert in diesen Tagen im Auftrag des Bezirksamtes hier den Hauptweg.

"Geld wird nicht korrekt eingesetzt"

„Das ist falsch, und es muss sofort damit aufgehört werden“, kritisiert Uwe Lehmann-Brauns, Abgeordneter der Berliner CDU-Fraktion. Das Geld, das der Bezirk vom Senat für die Sanierung des Parks bekomme, werde nicht korrekt eingesetzt. „Einen Waldweg in einem solchen Park kann man nicht einfach teeren“, sagt er. Außerdem seien die zum Teil 170 Jahre alten, historischen Gebäude in dem Park extrem vom Verfall bedroht; insbesondere die Häuser des Architekten Ludwig Persius. „Wenn nicht schnell etwas geschieht, sind die Gebäude erledigt!“ Wenigstens eine Grundsicherung sollte machbar sein.

Der Park im äußersten Berliner Südwesten zwischen Königstraße und Havel wurde im 19. Jahrhundert nach Entwürfen des berühmten Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné angelegt. Die etwa 90 Hektar große Anlage gehört zu der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft, die seit 1990 auf der Weltkulturerbe-Liste der Unesco steht. Sie wird vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf verwaltet. Weil dem jedoch Geld und Personal fehlen, ist der Park in den letzten Jahren zunehmend verwahrlost (wir berichteten). Eine komplette Sanierung einschließlich der Gebäude würde Schätzungen zufolge etwa 14 Millionen Euro kosten.

Das Bezirksamt bekommt nach eigenen Angaben für die Pflege des Landschaftsparks im nächsten Jahr rund 1,9 Millionen Euro. „Davon müssen aber auch Abschreibungen auf die Gebäude, Pensionsrücklagen für die Mitarbeiter und ähnliches finanziert werden“, erklärt die zuständige Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne). Für die reale Unterhaltung blieben am Ende nur 50 bis 60 Prozent des Budgets übrig. Ausgenommen davon ist die aktuelle Sanierung der Wege, denn die wird mit Fördermitteln der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) bezahlt – etwa 3,9 Millionen Euro über eine Zeit von vier Jahren.

Weil der Verfall des Landschaftsparks offenbar auch den Senat und die Berliner Abgeordneten beschäftigt, war das Thema kürzlich auf der Tagessordnung im Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten im Abgeordnetenhaus. Christa Markl-Vieto musste sich dort erklären. Ihr eigenes Fazit: „Zwar finden alle das Thema wichtig, aber niemand fühlt sich politisch richtig zuständig.“ Das sei dem Umgang mit einem Weltkulturerbe nicht würdig. Der Bezirk bemühe sich redlich, aber ohne die entsprechenden Finanzen werde er den Park nicht wieder herstellen können. „Eine Bereitschaft des Senates, sich finanziell zu engagieren, konnte ich nicht erkennen“, ergänzt die Bezirksstadträtin.

Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hält dagegen und sagt, dass alle an einem Strang ziehen sollten. „Immerhin gibt es die Anschubfinanzierung von knapp vier Millionen Euro für die Wegesanierung“, wiederholt sie. Ferner bemühe sich der Senat gemeinsam mit dem Bezirk, weitere Fördermittel ein zu werben, um Schritt für Schritt eine denkmalgerechte Sanierung des Parks sicher zu stellen.

Doch an der Art und Weise, wie derzeit die Wege saniert werden, haben auch Karin Berning und Bert Burkhardt ihre Zweifel. Sie setzen sich für den Erhalt beziehungsweise die Wiederherstellung der Parkanlage ein. Mit acht weiteren engagierten Bürgern haben sie in diesem Jahr den Förderverein Weltkulturerbe Glienicke gegründet. Die derzeitige Wegesanierung bereitet ihnen Kopfzerbrechen.

„Der Asphalt ist vollkommen daneben“, finden sie. Schon jetzt würden Radfahrer und Skater den neuen Weg als Rennstrecke nutzen. Spaziergänger hätten sich bereits mehrfach beschwert. Asphalt gehöre schlichtweg nicht in einen Weltkulturerbepark. Damit werde das Ambiente verändert. „Und ich kann mir nicht vorstellen, dass das den Richtlinien der Unesco entspricht“, verdeutlicht Karin Berning. Der Bezirk sei mit dem Weltkulturerbe absolut überfordert. Es fehle ihm an Fachkenntnis.

„Asphaltierte Wege können dem Tourismus förderlich sein“, entgegnet Christa Markl-Vieto. Tennenwege, also unbefestigte, naturbelassene Wege, erodierten schnell und ausgespülte Parkwege würden die Parkbesucher eher nicht erfreuen. Nach jedem stärkeren Regenguss müssten die Tennenwege – vor allem in den Hanglagen – überarbeitet werden. „Dazu reichen die vorhandenen Ressourcen nicht aus“, betont die Bezirksstadträtin und erklärt weiter, dass ohnehin nur wenige Hauptwege asphaltiert würden; vor allem die mit den großen Steigungen. Später bekomme der schwarze Asphalt noch eine farbige Deckschicht, damit die Wege in das Landschaftsbild passten.

„Es ist also nicht nur Asphalt und Teer und Ende!“ Alle Arbeitsgespräche zur Wegesanierung seien zudem mit dem Landesdenkmalamt, der Unteren Denkmalschutzbehörde und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten abgestimmt worden. Wie auch immer sich die Situation im Landschaftspark Klein-Glienicke also weiter entwickelt: Das kommende Jahr könnte alle Beteiligten in Erklärungsnot bringen. Denn in Bonn wird die jährliche Sitzung des Welterbekomitees der Unesco stattfinden. Aus gut unterrichteten Kreisen heißt es, dass das Welterbekomitee unter anderem auch nach Klein-Glienicke kommen wird.

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt seit Januar 2014 als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf-Blog des Tagesspiegels.

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