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Die Mitarbeitenden und die Besucher des Rathauses Zehlendorf wähnen sich in einer Bauruine. Defekte Aufzüge gehören dazu.

© Personalrat BA SZ

„Wir alle können einfach nicht mehr!“: Notruf aus dem Rathaus Berlin-Zehlendorf

Kaputte Aufzüge, Asbest, ekelhafte Klos – den Beschäftigten des Bezirksamts steht ihr Rathaus bis zum Hals. Die Bürgermeisterin verspricht eine bessere Kommunikation.

Dass man im Rathaus Zehlendorf das Wasser zwanzig Minuten laufen lassen muss, bevor man Tee oder Kaffee bereiten kann, ist ein alter Hut – seit 2017 berichtet der Tagesspiegel immer wieder über die Arbeitsbedingungen im maroden Verwaltungskomplex im Südwesten Berlins. Doch am heutigen Freitag riss den Beschäftigten des Bezirksamts der Geduldsfaden. „Wir alle können einfach nicht mehr!“, schrieb der Personalrat in einem offenen Brief, den über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterzeichnet haben.

In dem zweiseitigen Schreiben beklagen die Beschäftigten „ekelhafte Sanitäranlagen, Aufzüge, die ständig ausfallen, Schimmelbefall in den Räumen, mangelhafter Brandschutz und fehlende Rettungswege, eine Heizung, die – wenn es kalt wird – erst einmal ausfällt, der Keller steht regelmäßig unter Wasser und überhaupt zu wenig Büroflächen“.

Aktuell würden in den insgesamt fünf Bauteilen von fünf Aufzügen nur noch einer funktionieren. Und dieser, er wurde mit Ersatzteilen aus dem Nachbarlift wieder fit gemacht, dürfe auch nicht benutzt werden, denn der Notruf funktioniere nicht. Der TÜV erteilte keine Betriebserlaubnis.

Ein anderer Grund zur Sorge sind die mit Asbest verseuchten Fenster in zwei Gebäuden des Komplexes. Ende 2019 wurden Asbestfasern gefunden, es wurde gemessen, gereinigt und notdürftig repariert. Saniert sind die Bauteile B und E bis heute nicht. Die Begründung: Erstens seien die Asbestfasern gebunden und würden nicht freigesetzt. Zweitens lohne die Sanierung nicht, weil sowieso ein neues Rathaus gebaut werden soll. Den Mitarbeitenden war immer wieder in Aussicht gestellt worden, dass sie in einem Ausweichquartier untergebracht werden sollten, bis der Neubau steht. Das war vor zwei Jahren.

Wasserschaden im Sitzungssaal C21.
Wasserschaden im Sitzungssaal C21.

© Personalrat BA SZ

„Viele Beschäftigte denken darüber nach, die Dienststelle zu wechseln“, schreibt der Personalrat. „Nachwuchskräfte, die gerade neu eingearbeitet wurden, sind im nächsten Moment auch schon wieder weg.“ Bewerberinnen und Bewerber würden nach den Auswahlgesprächen ihre Bewerbung wieder zurückziehen, „weil sie gesehen haben, unter welch erbärmlichen Umständen hier gearbeitet wird“.

Der Personalrat fordert die Hausleitung unter der Führung von Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg (Grüne) auf, „schnellstmöglich Büroflächen anzumieten und die Bauteile B und E leer zu ziehen“. Der Rathausneubau solle vorangetrieben und die Probleme der Belegschaft ernst genommen werden. Ein weiterer Wunsch: „Eine offene Kommunikation für alle Beschäftigten herzustellen.“

Die Beschäftigen monieren auch defekte und „ekelhafte“ Sanitäranlagen.
Die Beschäftigen monieren auch defekte und „ekelhafte“ Sanitäranlagen.

© Personalrat BA SZ

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel sagte Stephan Göldner, der Vorsitzende des Personalrats, dass zwar außen am Altbau des Rathauses gearbeitet werde, Fassade und Dach würden saniert: „Das Problem ist, es bewegt sich nichts im Inneren des Rathauses.“ Von den insgesamt über 2000 Mitarbeitenden des Bezirksamts würden rund 500 im Rathaus Zehlendorf arbeiten. Mehr als 200 hätten den offenen Brief mit gezeichnet. Es könnten bis nächste Woche noch mehr werden: „Einige sind im Urlaub, andere arbeiten zuhause, wir haben nicht alle angetroffen.“

„Ich kann den Frust nachvollziehen, ich beobachte die Zustände jeden Tag“, sagt Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg am Telefon. „Mich ärgert auch, wenn die Kommunikation nicht klappt und die alten Aufzüge mal für zwei Stunden funktionieren und dann wieder ausfallen.“ Um die Aufzüge in Gang zu halten, seien dauerhaft Firmen beauftragt. „Im Bauteil A ist täglich der Monteur da, der Aufzug verhakt sich immer wieder in einer alten Schiene, die neue muss erst bestellt werden“, so die Bürgermeisterin.

Der defekte Aufzug in Bauteil A: Es ist eine alte Dame.
Der defekte Aufzug in Bauteil A: Es ist eine alte Dame.

© Personalrat BA SZ

Dem Wunsch nach einem temporären Auszug aus dem Rathauskomplex erteilt sie eine Absage. „Wir haben die Finanzen nicht.“ Zwar habe es im vergangenen Jahr ein Objekt gegeben, in das ein Teil der Verwaltung hätte ziehen können. Aber zum einen wäre auch dort gebaut worden, zum anderen wären Hunderttausende Euro an Mietkosten angefallen. „Als klar war, dass es keine Zustimmung von der Senatsfinanzverwaltung gibt, haben wir Anfang 2022 von dem Angebot Abstand genommen.“ Erst wenn die Bauarbeiten am neuen Rathaus begännen, würde der Senat die Kosten für die Ersatzräume übernehmen.

Doch bis zum ersten Spatenstich dauert es noch. Aktuell werde in Workshops die Bedarfsplanung entwickelt, sagt Schellenberg. Im Sommer 2023 soll dann ein Architektur-Wettbewerb ausgelobt werden, ein städteplanerisches Gutachterverfahren hatte es bereits gegeben. Die Bürgermeisterin geht davon aus, dass 2024 die Bauplanungsunterlagen fertig seien. „Spätestens 2025 kann dann gebaut werden“, hofft sie.

Die Kritik an der rathausinternen Kommunikation kann Maren Schellenberg nachvollziehen. „Ich werde am Montag die Bauabteilung dringend auffordern, die Maßnahmen besser darzustellen.“ An einer „deutlichen Verbesserung“ des Informationsflusses und an transparenten Ablaufplänen werde gearbeitet.

Zuversichtlich ist die Rathauschefin, dass die Heizung künftig problemloser funktionieren werde. Der Stromausfall in Zehlendorf am 20. Oktober hatte zwar nur zehn Minuten gedauert, doch danach sei die Heizung nicht wieder angesprungen. In Bauteil E habe der Wärmeausfall drei Tage gedauert: Die Steuerungstechnik hatte den Blackout nicht gut vertragen.

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