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Berlin: Bezirksfusion: Der erste Stadtrat, der in zwei Bezirken regiert - Friedrichshainer Lorenz Postler trat Amt in Kreuzberg an

Ein kühles Lüftchen weht bei strahlendem Sonnenschein vor dem Rathaus Kreuzberg - der perfekte Morgen für einen ersten Arbeitstag. Pünktlich um viertel vor neun steht Lorenz Postler mit einer dicken schwarzen Aktentasche vor der Tür: Unkomplizierter dunkelgrauer Anzug, Schnauzer, der Händedruck zurückhaltend.

Ein kühles Lüftchen weht bei strahlendem Sonnenschein vor dem Rathaus Kreuzberg - der perfekte Morgen für einen ersten Arbeitstag. Pünktlich um viertel vor neun steht Lorenz Postler mit einer dicken schwarzen Aktentasche vor der Tür: Unkomplizierter dunkelgrauer Anzug, Schnauzer, der Händedruck zurückhaltend. Ein Freund der großen Worte ist er nicht - das verbindet ihn mit seinem Freund und Kollegen, dem Friedrichshainer Bürgermeister Helios Mendiburu. Er war es, der ihn vor zehn Jahren zum Eintritt in die SPD überredete, "denn eigentlich wollte ich damals in keine Partei." 1990 wählte ihn die Bezirksverordnetenversammlung dann zum Stadtrat - aus dem Streetworker mit langem Haar und Vollbart, der sich zu DDR-Zeiten um Punks kümmerte, wurde ein Politiker.

Jetzt ist der 42-Jährige Berlins erster Fusionsstadtrat: Rund ein halbes Jahr vor Inkrafttreten der Gebietsreform ist der Friedrichshainer Chef der Ressorts Gesundheit und Soziales nicht nur wie bisher für seinen "Heimatbezirk" zuständig, sondern auch für Kreuzberg. Von Berührungsängsten keine Spur: "Ich selbst bin doch auch ein Gemisch", meint er. Seine Familie sei durch die Mauer auseinander gerissen worden.

Sicheren Schritts läuft Postler durch die langen Gänge des noch ungewohnten Kreuzberger Rathauses. Der Weg führt vorbei an schmutziggelben Wänden, hier und da mit wasserfestem Stift bekritzelt. Vor einigen Türen sitzen Hilfesuchende auf Stühlen und warten darauf, endlich an die Reihe zu kommen: "25 000 Sozialhilfeempfänger gibt es derzeit in Kreuzberg, bei uns sind es nur 5000." Das Sozial- und Gesundheitsressort solle darum nach der Fusion in Kreuzberg bleiben. Schließlich öffnet er eine der vielen Türen - sein Name steht noch nicht auf dem Schild.

Das neue Büro hat seine Vorgängerin, die mittlerweile zur Staatssekretärin aufgestiegene Ingeborg Junge-Reyer, kahl hinterlassen. Nur eine Uhr aus den siebziger Jahren und eine Karte des neuen Großbezirks hängen an den Wänden. Auf dem Schreibtisch weder Akten noch Notizzettel - zum Arbeitsantritt stehen nur ein bescheidener Strauß Blumen und ein Computer bereit. Per E-Mail will Postler künftig seine Arbeit zwischen beiden Amtssitzen hin- und herschicken; drei Tage in der Woche wird er hier, die verbleibende Zeit in der Petersburger Straße arbeiten. Mit dem Fahrrad will er pendeln - "aber da muss ich mir noch ein schnelleres anschaffen". Denn für die Arbeit als Fusionsstadtrat dürfte sein "alter, gemütlicher" Drahtesel nicht mehr ausreichen.

Johannes Metzler

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