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Berlin: Bezirksfusion: Und keiner merkt es

Wo, bitte, geht es zu meinem Rathaus, fragen sich seit gestern die Berliner. Seit dem 1.

Wo, bitte, geht es zu meinem Rathaus, fragen sich seit gestern die Berliner. Seit dem 1. Januar hat die Verwaltungsreform aus 23 Bezirken 12 gemacht. Trotz zweijähriger Vorbereitungszeit sind die Behördenumzüge längst nicht abgeschlossen. Auch die geplanten neuen Bürgerbüros fehlen noch fast überall. Dennoch blieb gestern ein Chaos in den Behörden aus - unter anderem, weil sich Adressen wichtiger Anlaufstellen nur schrittweise ändern. Der Praxistest in verschiedenen Bezirken zeigte, dass die Verwaltungsmitarbeiter oft ebenso ratlos über die neuen Zuständigkeiten sind wie die Berliner (siehe unten).

Vormittags um 11 Uhr ist im neuen Rathaus von Mitte noch alles beim Alten. An dem Gebäude am Mathilde-Jacob-Platz in Moabitsteht noch "Bezirksamt Tiergarten". Das Schild wird erst im Laufe des Tages ausgewechselt. Auch auf dem schwarzen Brett im Foyer heißt es noch "Tiergarten", obwohl dieser Bezirk offiziell erloschen ist. Noch weisen Wegweiser zu den Büros der alten Amtsinhaber. Nur ein kleiner Zettel deutet auf den Umbruch hin: Die "Erziehungsgeldstelle" sei umgezogen, steht darauf.

"Der Großteil der Umzüge hat noch nicht stattgefunden", sagt Ronald Schäfer, kommissarischer Leiter der Bürgerämter von Mitte. Ohnehin würden an den Standorten der alten Bezirksämter Mitte, Tiergarten und Wedding weiterhin sämtliche Leistungen angeboten, sagt Umzugsbeauftragter Michael Zernick. Das heißt, wo heute ein Sozialamt steht, wird sich vorerst auch künftig eines befinden. Hinter den Türen tut sich aber schon etwas: Der neue Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) hat gestern beispielsweise drei neue Amtsleiter in ihre Arbeit eingewiesen.

Trotzdem ist es kein Wunder, wenn viele Bürger von der Fusion wenig mitbekommen. "Kein einziger" habe bislang nach dem neuen Standort des Rathauses Mitte gefragt, sagt eine Angestellte im bisherigen Rathaus an der Karl-Marx-Allee. "Ich dachte, der neue Bezirk heißt Wedding", sagt eine 34-jährige Besucherin des Wohnungsamtes an der Turmstraße. Sie befürchte, dass Behörden zentralisiert würden und man noch länger warten müsse. Allerdings habe sie sich mit der Reform bislang "nicht so richtig" beschäftigt, sagt sie.

Sein neues Bürgermeisterbüro in Moabit hat Joachim Zeller noch nicht bezogen. Zwar leitete er in seinem neuen Dienstsitz gestern die erste Sitzung des neuen Bezirksamts Mitte, umziehen wird er aber erst in den nächsten Tagen. Auch andere Chefsessel sind einstweilen verwaist. Das Büro des einstigen Jugendstadrats Michael Wendt (Grüne) beispielsweise steht leer. Seine Aufgabe übernimmt Finanzstadtrat Jens-Peter Heuer (PDS). Der behält sein altes Büro an der Karl-Marx-Allee. Was aus Wendts Büro im früheren Rathaus Tiergarten wird, "weiß man noch nicht", sagt ein Mitarbeiter. Die heiße Phase der Umzüge beginne "in den ersten Märzwoche", sagt der Umzugsbeauftragte von Mitte, Michael Zernick. Dann würden vor allem interne Einrichtungen zusammengelegt, etwa die Personalstelle und die "Leitungsstellen".

Rund 2000 Beschäftigte des Bezirksamts Mitte sollen umziehen, sagte Zernick. Damit alles reibungslos verlaufe, werde man ein altes Gebäude der Senatsjugendverwaltung Am Karlsbad im bisherigen Bezirk Tiergarten als "Pufferobjekt" nutzen. Verwaltungsteile sollen dort übergangsweise unterkommen. Am Karlsbad wird möglicherweise auch eines der beiden geplanten neuen Bürgerämter von Mitte eingerichtet. Fünf soll es bis Ende 2002 geben. Das zweite neue Bürgeramt soll nahe der Brunnenstraße eröffnen. Ziel seien "kürzere Wege", sagte der kommissarische Leiter der Bürgerämter, Ronald Schäfer. "Die Akten sollen wandern, nicht der Bürger".

Leer stehende Räume hat die Fusion bisher nicht mit sich gebracht. So wurde in Charlottenburg-Wilmersdorf zwar das Rathaus Charlottenburg an der Otto-Suhr-Allee zum neuen Hauptsitz des Bezirksamts, doch auch das Rathaus Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz bleibt voll belegt. Den unveränderten Raumbedarf begründet Bürgermeister Andreas Statzkowski (CDU) mit der Verlagerung vieler Aufgaben aus der Senats- in die Bezirkszuständigkeit. Im Bau- und Umweltressort seien dafür mehr als 30 Mitarbeiter hinzugekommen. Ähnlich sei es im Jugendamt und bei den Veterinär- und Lebensmittelämtern. Trotzdem verfolgt Statzkowski "das Ziel, ein Dienstgebäude aufzugeben".

Bei den Bürgerämtern stehen die Veränderungen im westlichen City-Bezirk erst noch bevor. Zwei neue Anlaufstellen an der Heer- und Schlangenbader Straße sind in der Planung; die zwei bisherigen residieren nach wie vor in den Rathäusern. Allerdings soll das Wilmersdorfer Bürgerbüro bald in ein Nachbargebäude am Hohenzollerndamm umziehen - gegen den Widerstand von SPD und Grünen. Diese erinnern daran, dass die jetzigen Zimmer erst 1998 für 300 000 Mark hergerichtet worden waren. Dagegen argumentiert der neue Bürgermeister Statzkowski mit der geplanten Ergänzung des Büros um eine Meldestelle. Für diese Doppelfunktion werde mehr Raum gebraucht, der im Rathaus Wilmersdorf nicht verfügbar sei.

In Friedrichshain-Kreuzberg wird angestrebt, angemietete Räume in einer Gesamtgröße von 2500 bis 3000 Quadratmetern zu räumen; wo genau dies geschehen kann, sei aber noch offen, hieß es gestern.

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