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Beim BFC Dynamo Berlin sollen zwei Jugendtrainer mehrere ihrer Spieler beleidigt, missbraucht und genötigt haben.

© Bernd Thissen/dpa

BFC Dynamo: Jugendtrainer wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt

Vor dem Landgericht Moabit sind Fußball-Trainer des BFC Dynamo angeklagt. Sie sollen Jugendfußballer mit Ritualen erniedrigt und missbraucht haben.

Der sportliche Alltag von Jürgen Kayser läuft derzeit eigentlich ziemlich entspannt ab. „Das BSC-Leben geht mit erhöhter Wachsamkeit weiter“, sagt Kayser, der Fußball-Jugendleiter des BFC Dynamo Berlin. Daran ändert für ihn auch der Termin im Saal B 235 nichts, der heute in der Turmstraße 98 stattfindet. Die „erhöhte Wachsamkeit“ hat dann allerdings doch auch mit dem Raum B 235 zu tun. Denn Turmstraße 98, das ist die Adresse des Landgerichts Moabit, und im Saal B 235 stehen am Mittwoch zwei frühere Jugendtrainer des BFC Dynamo als Angeklagte vor Gericht. Vorwurf der Staatsanwaltschaft: sexueller Missbrauch, Nötigung, Beleidigung von minderjährigen Spielern. Martin Steltner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft: „Es soll Erniedrigungsrituale gegeben haben.“

Beleidigt, genötigt, missbraucht und erniedrigt wurden aufgrund der Anklage mehrere Jugendspieler unter 16 Jahren. Tatort soll ein Hotelzimmer in einer Küstenregion gewesen sein, die BFC-Mannschaft war bei einem Trainingslager.

Erniedrigungsrituale

Die „Erniedrigungsrituale“ sollen unter anderem so ausgesehen haben: Einer der Trainer soll einem der Spieler einen ordinären Spitznamen gegeben haben. Dann soll er den Jugendlichen angewiesen haben, diesen Spitznamen aus dem Hotelzimmer zu rufen. Dieser Spieler soll dann auch angewiesen worden sein, die benutzen Badelatschen eines der Trainer zu lecken, was er widerwillig getan haben soll.

Ein anderer Spieler soll die Anweisung erhalten haben, an den getragenen Socken eines der Trainer zu riechen und dessen getragene Unterhosen anzufassen. Der Spieler habe das widerstrebend getan. Zwei der Spieler sollen angewiesen worden sein, an einem rostigen Heizungsrohr zu lecken, bis ihre Zungen schwarz geworden seien. Außerdem hätten die beiden Spieler die Anweisung erhalten, Staub vom Fußboden zu essen. Auch dies hätten sie, gegen ihren Willen, getan.

Nackenschläge, Beleidigungen und Drohungen

Zu den Methoden der Trainer sollen ohnehin regelmäßig verteilte Nackenschläge, Beleidigungen und Drohungen mit Ausschluss aus der Mannschaft gehört haben. Einmal soll einer der Trainer einen Spieler gezwungen haben, sich wie ein Hund unter einen Tisch zu setzen und dort zu warten.

Die beiden Trainer sind aus dem Verein ausgeschlossen worden, nachdem Kayser von den Vorwürfen erfahren hatte. „Sie haben auch Stadionverbot erhalten“, sagt der Jugendleiter. Er hielt eine Trainersitzung ab, er hatte über den Fall geredet, er wies die Betreuer an, noch mehr als bisher aufzupassen. Dynamo installierte zudem einen Kinderschutzbeauftragten. Denn natürlich sei man „sensibilisiert“.

Missbrauch ist latente Gefahr, nicht nur im Fußball

Andererseits: „Wir haben 80 Trainer, wir haben in den vergangenen Monaten 150 Neueintritte, das Ganze hat sich nicht im Sportforum Hohenschönhausen abgespielt.“ Dort trainiert der BFC Dynamo, dort trägt er seine Heimspiele aus. Das meint Kayser damit, wenn er sagt, „das BFC-Leben geht weiter“. Nur noch zwei der betroffenen Kinder sind im Verein, die anderen sind gegangen.

Missbrauch ist eine latente Gefahr, nicht bloß im Fußball. Aber zumindest im Bereich des Berliner Fußballverbands (BFV), sagt BFV-Vizepräsident Gerd Liesegang, „ist es ruhiger geworden“. In der vergangenen Saison habe es drei Vorfälle gegeben. „Eltern, Trainer und Funktionäre sind sensibler geworden. Ich erhalte viele Anrufe und Informationen.“

Der Verband sorgt mit enormem Einsatz dafür, dass sich die Lage entspannt. Er bietet zum Beispiel das Programm „Kleine Helden“ an, für Kinder zwischen neun und elf Jahren. Das Projekt wird von einem ehemaligen Polizisten geleitet, seine Mitarbeiter zeigen in einem kostenlosen 90-minütigen Training, wie Kinder Lockangebote Pädophiler erkennen und darauf reagieren können.

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