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Plenarsitzung im Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Maurizio Gambarini

Bilanz der Regierungspolitik: Der Berliner Senat macht bald Ferien

Das Berliner Landesparlament hat sich schon verabschiedet, in der nächsten Woche geht der Senat in die Sommerpause – und vieles bleibt liegen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein bisschen arbeiten will der Senat noch, bevor es in die Sommerferien geht. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) und Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) stellen am Dienstag ein gemeinsames Konzept für die Teilsanierung des Internationalen Congress Centrums (ICC) ab 2018 vor. Bis Freitag gab es noch Stress zwischen beiden Behörden, jetzt ist man sich einig: 10.000 Quadratmeter des ICC sollen bis 2022 für Kongressveranstaltungen wieder hergerichtet werden, dafür stehen 200 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung. Darüber hinaus sind private Nutzungen des Gebäudes möglich.

Eine Woche später muss der rot-schwarze Senat noch eine Pflichtaufgabe erledigen: Der Haushaltsentwurf für 2016/17 wird beschlossen, damit er nach der Sommerpause vom Abgeordnetenhaus beraten werden kann. Trotz steigender Ausgaben, hauptsächlich wegen steigender Einwohnerzahlen und hoher Kosten für die Flüchtlingshilfe, schreibt Berlin nach aktuellem Planungsstand weiterhin schwarze Zahlen.

Das Landesparlament hat sich bereits in die Sommerpause verabschiedet und die Koalitionsfraktionen SPD und CDU zogen es vor, viele wichtige Themen auf die Haushaltsberatungen ab September zu vertagen. Politisch und organisatorisch bereiten sich beide Regierungspartner aber schon auf die Abgeordnetenhauswahl 2016 vor, es wird für sie immer schwieriger, noch einen gemeinsamen Nenner zu finden. Mit dem Ergebnis, dass Senat und Parlament ihre Hausaufgaben nur noch halbherzig erledigen.

Eine erste Bilanz

Seit der Wahl Michael Müllers (SPD) zum Regierenden Bürgermeister im Dezember 2014 ist der rot-schwarzen Landesregierung nur ein großer Wurf gelungen. Im März wurde das Sondervermögen „Investitionen für die Wachsende Stadt“ gegründet, in dem 500 Millionen Euro aus den Überschüssen des öffentlichen Etats für Schulen und Kitas, Wohnungen und Flüchtlingsunterkünfte, Polizei und Justiz, Wissenschaft und Gesundheit, Freizeit und Sport zur Verfügung stehen. Nach den Ferien wird es spannend: Schaffen es Senats- und Bezirksverwaltungen, die Investitionsgelder auch sinnvoll und zügig zu verbauen? Eine Bilanz will der Senat erst am Jahresende ziehen.

Ein Schulentwicklungsplan des Senats liegt vor. Darüber hinaus wurden ein paar Bauvorhaben (Euro-City, Mauerpark, Buckower Felder, Heidestraße, Checkpoint Charlie) auf den Weg gebracht oder fortgesetzt. Es gab Bemühungen für einen besseren Mieterschutz (Mietpreisbremse, Umwandlungsverbot, kooperative Baulandentwicklung) und Entwürfe für ein Hundegesetz, ein Berliner Energiewende- und ein E-Government-Gesetz. Alle drei Gesetzesvorlagen werden vom Parlament frühestens im Herbst beraten. Eigentlich sollte die nationale Olympiabewerbung Berlins ein erster Glanzpunkt der Ära Müller werden, aber Hamburg machte das Rennen.

Auf der langen Bank

Bis Ende August sollen Finanzsenator Kollatz-Ahnen und Wirtschaftssenatorin Yzer mit den Gasag-Eigentümern Vattenfall, Eon und Gaz de France über eine „strategische Partnerschaft“ verhandeln und dann ein Ergebnis vorlegen. Quasi als Ersatz für die misslungene Rekommunalisierung der Berliner Strom-, Gas- und Wärmenetze. Momentan sieht es nicht so aus, als könne es gelingen, den Einfluss des Landes Berlin auf die regional agierenden Energiekonzerne nennenswert und sinnvoll zu erhöhen. Völlig offen ist auch noch das Schicksal des landeseigenen Stadtwerks.

Noch immer fehlt ein stimmiges Konzept für die Inklusion (Einbeziehung von Behinderten) an den Berliner Schulen, mit dem auch Eltern und Lehrer einverstanden sind. Die Finanzierung des ehrgeizigen Vorhabens wurde vom Hauptausschuss des Parlaments auf die Etatberatungen im Herbst vertagt.

Zu den vielen Themen, mit denen sich die Haushälter des Abgeordnetenhauses erst nach den Sommerferien befassen werden, gehören: ein Gesamtkonzept für die Sanierung und Entwicklung des alten Flughafengebäudes in Tempelhof, ein Masterplan für die Messe GmbH, der seit Jahren versprochene Bau von 5000 zusätzlichen Wohnheimplätzen für Studierende, der Kauf neuer Fahrzeuge für den öffentlichen Personennahverkehr und die Finanzierung des Berliner Anteils am Flughafen BER. Auch für das kulturelle Stiefkind Berliner Stadtmuseum fehlt immer noch ein Plan. Vom angekündigten Staatsvertrag Berlins mit den islamischen Gemeinden hat man auch nichts mehr gehört. Dies ist nur eine kleine Auswahl der Probleme, die auf die lange Bank geschoben wurden.

Der Wahlkampf naht

In absehbarer Zeit muss der Senat entscheiden, ob das Volksbegehren für bezahlbare Mieten rechtlich zugelassen wird. Das Thema könnte im Wahljahr 2016 eine zentrale Rolle spielen. Ein Dauerthema, das die Berliner Wähler auch sehr interessiert, ist der Umgang mit den zehntausenden Flüchtlingen in Berlin. Wahlkämpferisch interessant könnte auch das geplante Volksbegehren gegen Unterrichtsausfall an den Berliner Schulen werden, das vor einem Monat gestartet wurde. Offenbar wollen die Bürger den Parteien nicht mehr allein die Auswahl der Themen überlassen.

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