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Jürgen Zöllner gab vor kurzem bekannt, dass er sich nach 20 Jahren aus der Politik zurückziehen werde.

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Bilanz nach fünf Jahren Zöllner: Nicht alle Hausarbeiten erledigt

Jürgen Zöllners Rückzug aus der Politik ruft geteilte Reaktionen hervor. Kritiker bemangeln die Umsetzung seiner Ideen, Befürworter heben seine Leistungen hervor.

Respekt für seine Leistung, Sympathie für einen im Umgang angenehmen Politiker, doch kein allzu großes Bedauern: Das sind die Reaktionen der Bildungsfachleute und der Wissenschaftler auf den am Mittwoch per „Zeit“-Interview angekündigten Abgang des SPD-Politikers Jürgen Zöllner. Zumal in Senatskreisen zeigte man sich nicht wirklich überrascht. Schließlich habe Zöllner als Senator für Bildung und Wissenschaft die Altersgrenze erreicht und könne sich der Anerkennung des Regierenden sicher sein. Auch sei das Verhältnis zwischen Zöllner und Finanzsenator Ulrich Nußbaum seit einiger Zeit „nicht völlig entspannt“ und „suboptimal“, hieß es. Gelegentliche „ruppige“ Äußerungen hätten Zöllners Freude an der Politik womöglich geschmälert. Ungeschickt fanden einige, dass Zöllner vier Monate vor dem Ende der Legislaturperiode sein Ausscheiden aus der Politik verkünde. So riskiere er, als „lame duck“ behandelt zu werden, sagte die FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben.

Überhaupt ist Senftleben zufolge von Zöllners Ruf der Exzellenz im Berliner Betrieb nicht wirklich viel geblieben. Nach wie vor fehle den Schulen die Möglichkeit, selbst gegen das Problem des Lehrermangels und des Unterrichtsausfalls vorzugehen. Mit der „Eigenverantwortung“ sei es nicht weit her. Die versprochene Qualitätssicherung habe Zöllner sich zu spät vorgenommen.

Noch härter urteilte die Spitzenkandidatin der Grünen, Renate Künast: „Der Regierende Bürgermeister hatte Zöllner als Hoffnungsträger geholt. Am Ende ist der Senator ein uneingelöstes Bildungsversprechen des Regierenden“, erklärte die Grüne: „Seine Reformen sind guten Ideen gefolgt, die er aber schlecht angepackt hat. Der Senator hinterlässt verunsicherte Schüler, Eltern und Lehrer sowie dringend sanierungsbedürftige Gebäude, Lehrermangel und Fehlstunden.“

Dagegen lobt die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Felicitas Tesch, die Schulstrukturreform. Die Abschaffung der Hauptschule sei das große Verdienst des Senators und der Koalition. In Anspielung auf Zöllners Leid an „Ruppigkeit“ und harten Kontroversen in der Politik sagte Tesch: „Wir sind eine starke Legislative!“

Sigrid Baumgardt, Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, kritisierte, Zöllner habe seine Reformen stets zu stark unter das Diktat der Kostenneutralität gestellt. Zufriedener ist Ralf Treptow, Vorsitzender des Verbandes der Oberstudiendirektoren. Es sei Zöllners Verdienst, die Einführung einer „Einheitsschule“ verhindert zu haben. Landeselternsprecher Günter Peiritsch sagte: „Zöllner hat wichtige Veränderungen angepackt.“ Die Eltern kritisierten nicht die Schulstrukturreform, sondern die schlechte finanzielle und personelle Ausstattung.

Auf viele Bildungspolitiker wirkte Zöllner, als sei er eigentlich ein Mann der Wissenschaft. Der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU, Nicolas Zimmer, spricht indes von Zöllners „Knebelverträgen“ für die Hochschulen. Derweil bedauerten deren Präsidenten Zöllners Abschied. „Das war schon ein guter Wissenschaftssenator“, sagt HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz. „Ich bin sicher, er wird uns noch fehlen.“ FU-Präsident Peter-André Alt erklärte, mit Zöllner werde „Berlin ein wichtiger Politiker fehlen, der die Interessen der Hochschulen nach außen stets sehr erfolgreich vertreten“ habe. TU-Präsident Jörg Steinbach lobte Zöllner: „Was er in die Bahnen gelenkt hat, verdient Respekt.“ Doch bleibe die Unifinanzierung „Dauerthema“. Charité-Chef Karl Max Einhäupl hob Zöllners „hohen persönlichen Einsatz“ für den Erhalt aller Charité-Standorte hervor.

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