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Berlin: Bilder einer Terroristin

Im Abgeordnetenhaus werden Fotos von dem Ex-RAF-Mitglied Haule ausgestellt. Momper hat’s erlaubt

Heftigen Ärger hat sich Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) wegen der gerade eröffneten Ausstellung „Kunst von Außenseitern“ im Abgeordnetenhaus eingehandelt: „Ich fordere Sie auf, dafür zu sorgen, dass Exponate von Frau Haule umgehend entfernt werden“, schrieb Martin Lindner, der Vorsitzende der FDP-Fraktion, am Wochenende an den Parlamentspräsidenten.

Der CDU-Parlamentarier Frank Henkel erklärte, die „Provokation einer zu lebenslanger Haft verurteilten Terroristin, die eine Blutspur durch Deutschland hinter sich hergezogen hat, hätte Parlamentspräsident Momper stoppen müssen“.

Der aber steht hinter der Ausstellung. Aufgebaut wurde sie von der Freien Hilfe Berlin, einem Verein, der bei der Resozialisierung von Strafgefangenen hilft. Im zweiten Stock und vor der Wandelhalle informiert er auf Stelltafeln über seine Arbeit in der Gefährdeten- und Straffälligenhilfe. Er zeigt Zeichnungen, Malereien und Karikaturen von Strafgefangenen, die verzweifelte, auch optimistische Stimmungen widerspiegeln. Im Stockwerk darüber ist eine Fotogalerie aufgebaut - meist mit Porträts von inhaftierten Frauen. Fotografiert von einer Mitgefangenen, der zu lebenslanger Haft verurteilten Rote-Armee-Fraktion-Terroristin Eva Sybille Haule-Frimpong. So lautete ihr Name auf Fahndungsplakaten. Sie galt unter anderem als mitverantwortlich für den Sprengstoffanschlag auf einen US-Luftwaffenstützpunkt 1985 und sitzt in der Frauenvollzugsanstalt Neukölln.

Wera Barth, die Geschäftsführerin der Freien Hilfe Berlin, findet es „traurig, dass die Ausstellung auf Eva Haule reduziert wird“. Man wolle der Öffentlichkeit zeigen, mit welchem Einsatz der Verein arbeite und auch einen Beitrag zum „Opferschutz“ leiste. Man habe mit der lange vorbereiteten und mit rund 6000 Euro selbst finanzierten Ausstellung auch die künstlerischen Arbeiten von Straftätern aller Art zeigen wollen. Ein Haus wie das Parlament, das von der Demokratie lebe, dürfe keinen ausgrenzen.

So sieht es auch Parlamentspräsident Walter Momper. Man habe, so sein Sprecher Lutz-Rainer Düsing, bei der Ausstellung, für die sich die Freie Hilfe vor einem Jahr beworben habe, nicht nach Strafen und Taten gefragt. Die Rückkehr in die Gesellschaft müsse auch einstigen RAF-Terroristen ermöglicht werden. Das meint auch der Abgeordnete Klaus Lederer von der PDS. Brigitte Lange von der SPD hält es für „legitim“, dass Eva Haules Fotos zu sehen sind. Es dürfe kein lebenslanges Verbot für die Teilnahme an Kunstausstellungen geben.

Alice Ströver von den Bündnisgrünen spricht dagegen von einer „politischen Ausstellung“, die zeige, wie mit Häftlingen gearbeitet werde. Deshalb habe der Kulturausschuss, der Ausstellungen im Abgeordnetenhaus nach „Qualitätsgesichtspunkten“ aussuche, die Entscheidung dem Präsidenten überlassen.

Martin Lindner findet es „geschmacklos“, die Haule-Fotos zu sehen. Er müsse Momper daran erinnern, „wie viel Leid, Schrecken und Tod die Mörderbande von Frau Haule über dieses Land und auch über Berlin gebracht hat“. Auch daran, dass zu einem der ersten Opfer ein Fraktionsvorsitzender des Parlaments gehört habe.

Die Ausstellung im Abgeordnetenhaus an der Niederkirchnerstraße 5 in Mitte ist bis zum 8. April geplant, montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr.

Christian van Lessen

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